Natürlich hat es mich bewegt, als vor wenigen Tagen verkündet wurde, dass das Online-Nachrichtenportal Zoomer.de eingestellt wird. Bürgerzeitungen, Citizen Media Journalism und Social Media erfuhren eine harte Abfuhr beim Holtzbrinck Verlag. Doch nicht nur die junge Riege der Social News hat es getroffen. Heute berichtet der Branchendienst Kress von dem Aus der Tomorrow:

Der Burda-Verlag hat die Faxen offenbar dicke: Nach kress-Informationen stellt der Münchner Verlag sein „Digital-Lifestyle“-Magazin „Tomorrow“ mit sofortiger Wirkung ein. Was aus der Berliner Redaktion wird – bislang unklar. Von Verlagsseite war bisher keine Bestätigung zu erhalten.

Ein harter Schlag, der mich persönlich mit voller Breitseite trifft. Ich habe die Tomorrow ganz persönlich sehr genossen. Wenn sich dieses Gerücht hält und bewahrheitet, stirbt für mich ein Teil der Digitalen Welt auf Papier. Lohnt sich das Hoffen auf eine Falschinformation?

Ein Fallbeispiel an sehr guter Kommunikation zwischen Lesern und Redaktion legte heute die Spiegel Online Redaktion an den Tag. In einem Artikel über die Festnahme eines deutsch-ägyptischen Bloggers fehlte mir persönlich die Information über die eigentliche URL des Blogs. Über das offensichtliche Fehlen schrieb ich auf Twitter leicht verwundert „Warum sehe ich bei SpOn keinen Link zum besagten Blog?“ nebst der tinyURL des Artikels.

Ich setzte dabei schon innerlich darauf, dass irgendwer reagieren würde – einer meiner Follower zumindest. Vom Sammelaccount @SPIEGEL_alles konnte ich keine Reaktion erwarten, doch ich musste nicht lange abwarten. Meine Erwartungshaltung wurde vollkommen erfüllt. Wenige Minuten später reagierte niemand geringeres als Chefredakteur Wolfgang Büchner (@wbuechner) und Chef vom Dienst Stefan Plöchinger (@ploechinger).

Sie schrieben prompt zurück und kündigten die Verbesserung des Artikels um genau die fehlende URL zum Blog des inhaftierten Bloggers an. Natürlich ist ein „catchiger“ Begriff wie „SpOn“ sicherlich Standard für die internen Suchalgorithmen, doch genau die Schnelligkeit und persönliche Ansprache machen den Reiz dieser Kommunikation aus. Vielen Dank!

Ich schätze es sehr, wenn ein Medium direkt mit seinen Nutzern, Zuschauern, Lesern, Konsumenten und mittlerweile Prosumenten direkt in authentischen Dialogen kommuniziert. Zwar limitiert Twitter alles auf nur 140 Zeichen, doch die Reaktionsgeschwindigkeit und das dadurch hohe Maß an Interaktion sprechen für sich. Vielleicht mögen @SPIEGEL_alles und die anderen Twitter-Accounts des Verlagshauses in erster Linie insgesamt informative Linkfischer des eigenen Nachrichtenportals darstellen, doch der Einsatz der wichtigen Männer im Hintergrund spricht für die scheinbar perfekte Integration des Microblogging-Tools in ein traditionelles Verlagshaus. Als Resultat erhält man dafür eine kleine Lobeshymne in irgendeinem Blog der Welt – sehr nice und sehr zwonullig! Jetzt fehlt nur noch das offizielle Twitter-Verzeichnis der Mitarbeiter und Redakteure von SpOn als eigener Beitrag auf eurem Nachrichtenportal – und ihr könnt euch vor Followern und der entsprechenden Kommunikation wohl kaum retten. Weiter so. :)

Der Artikel 5 des Grundgesetzes schreibt in Deutschland seit Jahren vor: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ Zensur durch den Staat gibt es nicht. In den Nachkriegszeiten ein wertvoller Gedanke, dem wir viel zu verdanken haben. Aber wie definiert sich die Presse in unserer modernen Zeit? Sind wir nicht alle ein bisschen Presse? Irgendwie schon, vor allem wenn man ein Blog als Content-Management-System nutzt, um Inhalte zu publizieren und damit der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Frank Hamm fragt zu Recht, ob dies noch aktuell ist. Vor allem die jüngsten Fälle von Abmahnungen einzelner Blogger treiben die Geister an. Er reicht eine Petition ein, um nicht die „Pressefreiheit“ zu stärken, sondern „Medienfreiheit“ einzuführen und gleichzeitig diese Freiheit auch auf das Internet zu erweitern. Die klassische Presse in gedrucktem Wort, Rundfunk und Film stellen schließlich nur einen Teil aller Medien dar.

Die Medienfreiheit und die Freiheit der Berichterstattung über Kanäle wie Rundfunk, Film oder Internet werden gewährleistet.

Nach fast einem halben Jahr Wartezeit begrüße ich es, dass Frank diesen Schritt geht. Aber so wie diese „Medienfreiheit“ viele Wege für den einzelnen Blogger öffnen kann, verbaut sie viele Wege, wenn Missbrauch getrieben wird. Doch ich möchte den Teufel nicht an die Wand malen. Eine Änderung des Grundgesetzes, um das „Supermedium“ Internet im positiven Sinn hin zu berücksichtigen, halte ich für sinnvoll. Außerdem sollte effiziente Aufklärungsarbeit über das Mysterium Internet für diverse Politiker auch verpflichtend sein.

Richtig gelesen. Die Überschrift deutet bereits auf diesen Eintrag an. Wenn die durchaus alte Idee, einen Verband für Blogger zu gründen, erneut in Umlauf gebracht wird, ruft es vor allem junge Newcomer auf den Weg, sich im Netz der Blogosphäre zu verewigen. Ich kenne das Thema, wir hatten bereits in 2006, 2007 und 2008 auf verschiedenen BarCamps und zwonulligen Veranstaltungen über das Thema gesprochen. An sich finde ich es super genial, eine Interessensvertretung zu gründen. Ich mache sofort mit – ehrenamtlich und freiwillig, ich bringe sehr gerne mein Expertenwissen mit ein.

Doch sind wir mal konkret: Lobbyismus auf Verbandsebene ist nichts für einen Haufen voller selbstverliebter Egomanen. Blogger sind und bleiben absolute Einzelkämpfer – und stehen in der Regel nur für ihre persönlichen Interessen ein. Meinung ist im Vordergrund, selten herrscht Objektivität oder etwas, was an journalistisches Niveau heranreicht. Sehen wir von einigen Fachblogs oder Autoren vom Fach ab, ist die Masse der Blogger – und so muss ich es wirklich formulieren – viel zu verzweigt, nicht geordnet, keinem gegenüber verpflichtet. Selten wird sich restriktiv an geltende Gesetze gehalten, während konsequent von Zensur der Meinungsfreiheit oder der „fünften Macht“ im Staate geschrieben wird.

Was möchte hier ein „Bloggerverband“ für deutschsprachige Blogger erreichen?

Regelmäßige Treffen zwischen den Mitgliedern organisieren und so einen Gedankenaustausch fördern.
Ein guter Plan, doch man muss bedenken, dass der Großteil an Bloggern alles durch persönliche Eigenfinanzierung in die Wege leitet. Wer kann Reisekosten absetzen, wenn es nicht im Interesse einer Firma bzw. eines Arbeitgebers ist? Die Mitglieder werden ihre persönlichen Ziele haben und sich kaum per Mehrheitsbeschluss auf ein gruppendynamisches Ziel einigen. Organisation des Chaos ist eine Sisyphos-Arbeit, denn einer wird quer spielen und eine Vielzahl der Individuen wird sich nicht auf Kompromisse einigen, bei denen die eigenen Interessen vielleicht weniger wert sind als andere Themen.

Selbstverpflichtende Grundregeln verfassen, die eine Art Ethik-Richtlinie für das Bloggen darstellen könnte.
Individualisierung ist das Web 2.0, das ist doch Social Media, das ist doch Blogkultur. Grundregeln sind durch Gesetze geregelt. Wer Blog hat eine Freiheit, die kein anderer beim Publizieren hat. Wir sind keine Verläger, wir sind keine klassischen Presseorgane (auch wenn wir das ja gerne mal sein möchten). Wir sind Blogger – eine Gruppe von Individuen, die so verschieden ist wie die bunte Farbwelt eines Regenbogens.

Große öffentlichkeitswirksame Blogpostings ihrer Mitglieder forcieren, um ein bestimmtes Thema in die breite Öffentlichkeit zu bringen.
Politik. Wirtschaft. Findet dies als Themen und die Öffentlichkeit wird euch Aufmerksamkeit schenken. Tageskonsum der Medien, konstruktive Kritik (wie diese Kritik hier), blasphemisches Nörgeln, absolute Belanglosigkeiten oder hochwertige Fachthemen – das interessiert Nischen, jedoch keine breite Öffentlichkeit. Jamba von Spreeblick war ein heißes Thema vor einigen Jahren. Auch der Blogverkauf von Robert Basic brachte die Blogosphäre ins Licht der Welt. Das Bildblog erlebte durch die Einmaligkeit der offenen Kritik einen Höhenflug. Doch diese einmaligen Highlights der blogastischen Berichterstattung kommen nur selten vor. Selten genug, dass die Blogs ein Dasein der Belanglosigkeit fristen, bis ein „Groundbreaking Event“ stattfindet. Hier fallen mir ganz persönlich wenige Beispiele ein, wo der „Aha, die Blogger“-Effekt eintrat. Nebenbei: Der Begriff „blogastisch“ ist hierdurch von mir geprägt, sofern niemand anderes diesen Begriff bereits nutzte.

Rechtsbeistand bei unklaren Fragen und Mitgliederhotline.
Ich werde abgemahnt. Ich rufe an um 23 Uhr. Hotline mit Pay-via-Mitgliedsbeitrag. Was ist hier besser? Der professionelle Anwalt für Rechtsfragen, oder doch die Mitgliederhotline „Pro Blogger“? Ich gestehe, dass der professionelle Rat eines Medienexperten oder aversierten Lawbloggers wesentlich wertvoller ist. Würden durch die Mitgliedschaft im „Bloggerverband“ die Gerichtskosten vom Verband übernommen werden?

Schaffung gemeinsamer Studien zur Veröffentlichung und Generierung von Aufmerksamkeit durch die Medien.
PR-Arbeit – the long and hard run mit repräsentativen Studien. TNS, Forsa, Infratest – geniale Partner, die eine Stange Geld kosten. Mehrere 10.000 Euro kann man hierfür einplanen, damit es auch eine Gewichtigkeit in der Medienszene finden kann, so dass sich eine Berichterstattung lohnt. Selten interessiere ich mich persönlich für Studien, die nicht zumindest durch ein etabliertes Gremium gedeckt werden. Merke: Trau schau wem – und traue keiner Studie, die Du nicht selbst gefälscht hast…

Lobbyarbeit für deutschsprachige Blogger und ihre Wünsche und Anforderungen an den Gesetzgeber.
Klar, ein Muss. Politiker, Wirtschaft und einige Medien müssen beackert werden. Ich stehe gerne in erster Front und helfe! Doch letztendlich stehen wieder nur eine handvoll berühmter Persönlichkeiten, die Vorstände und Vertreter des „Bloggerverbands“ im Rampenlicht. Wen interessiert denn der individuelle Katzenblogger (Hallo Sven!)? Oder die täglichen Belange von Prinzzess? Hilft es, Robert Basic, Johnny Häuseler oder Stefan Niggemeier hier zu benennen? Oder haben die nicht genug um die Ohren? Was wird sich die Wirtschaft denken? Haben wir etwas davon, wenn „Werteübermittlung“ von Bloggern vorangegrieben wird? Wer garantiert mir, dass mir nicht jemand das Messer in den Rücken rammt und mein Produkt im Blogeintrag so heftig kritisiert? Oder ein „Spähdorn-Memo“ veröffentlicht? Wer schützt, wer hilft? Wie soll das funktionieren? Gremien und Verbände haben sich seit Jahren in der Lobbyarbeit einen Rang erarbeiten müssen. Das ist ein hermetisch abgeschlossener Club von Freunden und Freundes-Feinden. Wer neu ist, muss hart kämpfen und eine starke Stimme haben. Ohne dies ist jede Lobbyarbeit verloren – besonders bei verschiedenen Interessen der Mitglieder…

Pressearbeit
Klassisch und gut – hey, why not? Aber hier erwarte ich auch im Gegenzug, dass jedes Mitglied des Bloggerverbands sogar darauf eingestimmt wird, ebenfalls Pressemeldungen von jedwedem Unternehmen der freien Wirtschaft zu akzeptieren – per Dekret, per Verpflichtung, per was auch immer. Zumindest im Versand und im Empfang – was damit geschieht, ob ein Blogeintrag zu einem Thema geschrieben wird, soll dabei erstmal nicht relevant sein.

Grundlagen und Informationen für Jugend- und Datenschutz
Hierfür haben wir keinen Bedarf. Selbst beim BVDW als Interessensvertretung der Digitalen Wirtschaft gibt es ein entsprechendes Gremium, aber da jeder Verband dieses Thema inne haben sollte, ist es gut. Doch was tut man, wenn man semi-erotisches Material postet? Ist man dann nicht mehr „frei für alle“? Wenn eine verbale Grätsche geschlagen wird, muss das Blog dann „ab 16“ oder „ab 18“ eingestuft werden?

Fazit
Kritik muss berechtigt sein. Ich versuche offen und konstruktiv das Thema anzugehen. Offen, weil ein „Bloggerverband“ auf sozialer Interaktion basiert und dieses in seiner Grundfeste verinnerlicht haben sollte. Konstruktiv, weil wir hier einen Dialog benötigen, um den „Haufen voller Egomanen“ zu organisieren. Kurzum: Ich würde mich freuen, sehr aktiv an einem Interessensverband für deutschsprachige Blogger mit zu arbeiten. Wenn Alper Iseri jetzt Lust auf mehr haben sollte – let me know, call me tomorrow. Move it and get it going! Feedback und Kommentare sind herzlich willkommen!

Nachtrag: Das Netz diskutiert heiß. Uwe Ramminger mischt bereits an vorderster Front mit. Bei Rivva bündelt sich die Diskussion und ufert in ersten Konkretisierungen bei Carsten vom Datenwachschutz aus. Bisher habe ich noch nicht mit Alper telefoniert, aber das wird heute Nachmittag nachgeholt. Stefan Evertz zieht bereits sein persönliches Fazit hierzu – eine Verbandsaktivität mache keinen Sinn.

Manche Dinge kommen in der Pressearbeit durchaus vor. Besonders bei sehr schnell formulierten Meldungen schleichen sich kleine Flüchtigkeitsfehler ein. Das passiert jedem und ist auch keine Schande, schließlich sind wir alle nur Menschen. Doch eine Korrektur auf eine Meldung zu verschicken, die den folgenden Inhalt hat, da fragt man sich doch, ob einige Leute nicht von allen guten Geistern verlassen sind:

Achtung Korrektur: Zahlreiche Produktionen des Westdeutschen Rundfunks sind für den diesjährigen Adolf – G r i m m e – Preis nominiert

Köln (ots) – Korrektur im ersten Satz der WDR-Pressemitteilung:

Adolf-Grimme-Preis statt Adolf-Grime-Preis

Eine Korrektur für nur ein fehlendes Zeichen (fette Hervorhebung)? Das ist eine ordentliche Geldverschwendung. Wenn ich die üblichen Marktpreise von ots/newsaktuell dagegen rechne, kommen wir für die 29 Wörter (abzüglich der Ortsbezeichnung und Dienstinfo) bei einer Mindestmenge von 300 Wörtern pro Versand einer Pressemeldung auf gut 350,00 Euro zzgl. 19% MwSt. Natürlich liegt auf der Hand, dass entsprechende Rabattstaffeln zu Grunde gelegt werden, wenn ein „Vielversender“ wie aus der Kreisliga der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten am PR-Turnier teilnimmt. Trotzdem finde ich diese überzogenen Korrekturen doch beschämend für jeden treuen Gebührenzahler.

Die Sendeanstalten haben wohl zu viel Geld zum Verpulvern. Wie wäre es dann lieber mit ein wenig mehr inhaltlicher Tiefe im Programm und weniger Klamauk, wie es im nach Kot riechenden „Wetten, dass…?“ der Stein des Anstoßes war? :)

Wenige Wochen zuvor war der deutsche Privatsender ProSieben für die Übertragung der „Wok-WM“ in Kritik geraten. Zu viel Werbung, der Zuschauer wird während des sportlichen Großereignisses von allen Seiten beschallt. Laut jüngster Verlautbarung von ProSieben wird die gesamte Übertragung der „TV total Wok-WM 2009“ jetzt als Dauerwerbesendung für den TV-Zuschauer sichtbar gekennzeichnet.

Mit der Abweisung der Klage von ProSieben durch die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin gegen die Beanstandung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg wurde am 11. Dezember 2008 geurteilt, dass die Ausstrahlung der „TV total Wok-WM“ in den vergangenen Jahren irreführende Schleichwerbung des Senders begründet wurde. Entweder man trifft sich weiter vor Gericht, was nicht auszuschließen ist, oder man modifiziert das gesendete TV-Bild mit dem Claim der „Dauerwerbesendung“. Warum also auch nicht? Die Fans von Stefan Raab und auch einige sportbegeisterte Zuschauer werden sicherlich nicht abschalten, nur weil „Dauerwerbesendung“ am Bildschirmrand zu entdecken ist.

Meiner Meinung nach ist die heutige Bekanntgabe ein notwendiger, aber durchaus genialer PR-Schachzug gegenüber jedwedem Kritiker an dem Format. Der Sender will sich dadurch Planungssicherheit verschaffen, wenn die „gefährlichste Dauerwerbesendung der Welt“ am 7. März 2009 aus Winterberg im Hochsauerland zur Primetime übertragen wird. Die wirkliche Gefahr für die deutsche Medienlandschaft sehe ich aber in der Verrohung des Fernsehprogramms. Trotz der Reglementierungen des Rundfunkstaatsvertrags wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis viele andere Sendungen sich als Dauerwerbesendung tarnen und zusätzliche (Schleich-)Werbeerlöse in die Taschen der Sender fließen. Dauerwerbesendung – ein Mittel zum Zweck?

Liebe Deutsche Politiker,

schneidet euch eine Scheibe von dem Medienrummel und PR-Spektakel in den USA bitte eine Scheibe ab. Was zur Wahl in Hessen nur ansatzweise funktioniert hat, revolutionierte die Wahl zum Präsidenten der USA vollkommen. PR-Aktivitäten im Internet kombiniert mit klassischen Mechanismen der Wählerbindung. Wieso haben die es so perfekt gemacht? Ich beneide das Team um US-Präsidenten Barack Obama vollkommen.

Barack Obama als Lichtgestalt der jungen Generation in einem digitalen Feldzug. In den Zeiten von Bürgerüberwachung mit dem Bundestrojaner und anderen Mitteln oder durch pauschalisierte Filterungen und Sperrung von Webseiten in Deutschland kann das Internet auch anders genutzt werden. Zeitgleich mit dem Amtsantritt von Präsident Barack Obama wurde das offizielle „Regierungsinformationsportal“ WhiteHouse.gov rundum erneuert. Neben den politischen Botschaften und unglaublich beeindruckend wirkenden, großflächigen Bildern, weckt vor allem eines Hoffnung: Obama wird dem Internet treu bleiben und verspricht transparente Politik. Das Portal von WhiteHouse.gov dient als zentraler Bestandteil dieser Informationspolitik.

WhiteHouse.gov will be a central part of Präsident Obama’s pledge to make his the most transparent and accountable administration in American history.

Warum auch nicht? Die Möglichkeiten des Internets aus hochoffizieller Quelle sind schier unendlich. Amüsant wirkt die Darstellung durchaus, wenn man deutsche Politiker und offizielle Internetauftritte der Bundesregierung betrachtet. Anstatt hochwichtiger Presseinformationen oder sonstigen Proklamationen prangert auf der Startseite nicht unwesentlich platziert das offizielle Blog.

Na bitte – sagt nicht, dass das Internet böse ist. Das Team von Obama hat es perfekt verstanden, das Medium so unglaublich einzigartig in Szene zu setzen – man darf also gespannt sein, was sich in Zukunft durch die intensive Webpräsenz des neuen US-Präsidenten ergeben wird. :)

Am heutigen Abend fallen mir vor allem zwei Dinge auf. Zum einen die Integration von Social Media im Fernsehen, zum anderen das politische Engagement im Vorfeld einer Wahl. Vor Monaten, ja vor einigen Jahren war ich trotz meiner persönlichen Netzaffinität, die durch Beruf und Bildung geprägt wurde, einer der ersten Zuschauer, die an einem Wahlabend den Fernseher einschalten würden, um mit live dabei zu sein. Nach dem heutigen Tag kann ich stolz behaupten: Das Fernsehen ist und bleibt nur ein Medium in unserer Zeit, das sich dem medialen Einfluss des Internets kaum entziehen kann. Wie kann ein Fernsehsender sich seine Zuschauer und das Netz quasi zum Untertan machen, wenn die Informationen hier viel intensiver diskutiert und schneller verbreitet werden? Reicht es, im Internet vor dem Hintergrund des regulatorischen Rundfunkstaatsvertrages eine rudimentäre Informationspolitik zu betreiben? Oder muss man sich öffnen?

Ja, man kann den Weg gehen und Social Media als Teilangebot in die Berichterstattung einfließen lassen. Es ist zumindest eine gesunde Herausforderung, den zur Wahl berichtenden Journalismus nicht nur im Fernsehen, sondern auch im Internet als Social Media Angebot anzubieten. Am Beispiel der Hessen-Wahl konnte das ZDF vor allem bei den netzaffinen Zuschauern punkten. Die Portalseite integriert medienübergreifend Livestream, Twitter, Chat und Videos. Vor allem in Twitter geht zu @wahlimweb und @tsg (SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel) die Post ab. Im Gegensatz hierzu vermag kein anderes Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie des Privatfernsehens in Deutschland ein so intensives Live-Erlebnis für Zuschauer und Nutzer erzeugen. Eines bleibt für mich persönlich jedoch festzuhalten: Deutschland ist demographisch bedingt wohl noch nicht bereit für den digitalen Wahlkampf. Auch wenn die Medien sich so intensiv des Themas annehmen, scheinen die Wähler sich nicht mit dem Thema „Internetwahlkampf“ anfreunden zu können. Die Politik muss hier mehr bieten – die Anfänge von Thorsten Schäfer-Gümbel sind dabei nur der Grundstein für deutsche Politiker.

Was in der politischen Kampagnenstrategie fehlt ist einfach zu definieren: Geld für PR und Marketing in Zeiten von Social Media – und die motivierte Netzöffentlichkeit kann den älteren Wählern sehr wohl das Wasser reichen, die sich traditionsbewusst geben. Man muss abwarten, wie das demographische Ergebnis der Wahl ausfallen wird. Ich befürchte jedoch, dass das Ergebnis bei der heutigen Wahl neben der Tatsache, dass Frau Ypsilanti zu lange in der Öffentlichkeit stand, vor allem durch den mangelnden Anteil der jungen Generation an Wählern zustande kam. Die Politik in Deutschland muss die Wähler auch im Netz motivieren, sonst kann nichts erreicht werden und ein „Yes, we can!“ am Beispiel des baldigen US-Präsidenten Barack Obama wird hierzulande nicht möglich sein.

Während Twitter auf Hochtouren läuft, ist die deutsche Blogosphäre derzeit noch allgemein etwas verhalten zu dem aktuellen Thema. Sofern erste Berichte und Reaktionen auftauchen, liste ich diese hier auf: zweipunktnull, Pottblog, querblog, kiesows, kaliban, wildbits, Jens Scholz, antibuerokratieteam, Jan Filter

Wie sehen die Leser die Relevanz von Social Media im Wahlkampf und in der Medienberichterstattung? Ist Deutschland schon soweit, um wie die USA auf dieses hohe Verbreitungsniveau zu kommen? Sollten sich deutsche Politiker an TSG trotz der Niederlage eine gehörige Scheibe von seinem Engagement abschneiden?

Auch ich werde zu fortschreitender Stunde auf boulevardistischen Nachrichtenseiten wie dem Kölner Express bei bestimmten Inhalten aufmerksam: Die iPhone-Besitzer sollen über kurz oder lang der GEZ den „Basistarif“ in Höhe von 5,76 Euro monatlich abtreten.

Ok, die Meldung ist ein Kandidat für die Titelstory. Aber warum und wieso die GEZ glaubt, dass das iPhone sie zur Eintreibung der Rundfunkgebühren legitimisiert, ist recht platt formuliert. Das iPhone ist ein neuartiges Empfangsgerät, mit dem auch Radio- und TV-Inhalte bezogen werden können. Hurra! Die Medien gehen mit der Zeit, die alten Medien straucheln, und was über Jahrzehnte hinweg als perfektes Medium trotz 25 Jahren Privatfernsehen galt, kommt immer stärker in die Bredoullie.

Nun, ich wünsche allen stolzen Besitzern des iPhone nur eines: Viel Spaß! Aber wer sich ein iPhone auch leisten kann, dem sollten die GEZ-Gebühren ziemlich egal sein können. Immerhin ist jeder, der einen Rechner als neuartiges Empfangsgerät angemeldet hat oder die berühmten old-school Geräte („Radio“ und „Fernsehen“) bei der GEZ registriert hat, schon auf der sicheren Seite. Aber ein wenig Wirbel schadet ja nie.

Meine Ehefrau und mich wundert nun nur noch, ob man für einen iPod-Touch demnächst auch GEZ-Gebühren bezahlen muss. Es wird langsam aber sicher Zeit, das gesamte System der Rundfunkgebühr zu überdenken. Lieber eine pauschale Pro-Kopf-Steuer oder mit hohen staatlichen und journalistischen Auflagen die Sender privatisieren – ein paar Leute bei der GEZ entlassen, die Gebühreneintreiber und -überprüfer ebenfalls, und schon hat man eine schöne, neue, schlanke Sendergruppe erschaffen. ARD 2.0, ZDF 2.0 – mit dem iPhone flimmern. What’s next? :)

Wir alle saßen heute Abend doch wie gebannt vor Twitter und vor eBay. Wer würde es als erstes sehen? Wie teuer wird der Blogverkauf von Robert wirklich werden? Das ZDF in Usingen war mit von der Partie, die Medien zerrissen sich nach der Story. Ganze 46.902 Euro hat die Domain mit dem Blog und den Inhalten eingebracht. Hat es sich gelohnt? Der Hostingprovider „serverloft“ meldete sich wenige Stunden nach dem Auktionsende bei eBay mit einem Blogbeitrag von Thomas Strohe, Gründer selbiger Firma, in Robert’s ehemaligem Weblog sowie mit einer Pressemitteilung. Scheinbar soll das jüngst ersteigerte Blog als Tech-Blog weitergeführt werden – und selbst Robert bleibt für einige Wochen in beratender Tätigkeit erhalten, um den Übergang und Übergabeprozess reibungslos in die Wege zu leiten.

Was bleibt von dieser interessanten Woche übrig?
Deutschlands Blogger können aufatmen. Ein Blog, dass Einnahmen generiert, wird zumindest zu einem Mindestpreis versteigert und erreicht einen Umsatz, der immerhin mehr Gewinn einbringt, als die Jahresleistung der Werbeeinnahmen. Auch wissen wir, dass Robert sich in dem Moment als perfekte Maschinerie für Public Relations entpuppte. Ob gewollt oder nicht gewollt steht dabei außer Frage. Seine spektakuläre Ankündigung schlug solche Wellen, dass jedes größere Medium die Nachricht aufgriff und für sich beanspruchte. Selbst in den aktuellen Minuten kabbeln sich verschiedene Blogger und Branchendienste um die ausführlichste und inhaltlich relevanteste Story. Die wichtigste Frage für die Leser kann aber eine ganz einfache sein: Bestellt man jetzt den RSS-Feed von basicthinking.de ab?

Ich weiß es nicht. Persönlich zog mich Robert als Autor in seinen Bann. Auch wenn er desöfteren über Themen schrieb, die nur die Masse interessierten, die manchmal wirr waren, die nicht jedesmal die perfekte Schreibe stilisierten, die einfach seine persönliche Note beinhalteten – er war es, der Basic Thinking einen Namen gab. Ob „serverloft“ dem mit einem Tech-Blog gerecht wird, wird schwierig zu deuten sein. Zumindest hier wird es im MikeSchnoor.com weitergehen! :)