Die Welt ist im Web 2.0 mehr als nur eine Social Community oder Social Network. Die Idee seine eigenen Inhalte zu publizieren und mit einer weltweiten Gemeinschaft zu teilen liegt in uns allen – wir haben seit den letzten Jahren der Welt den User Generated Content beigebracht. Und mittlerweile stellt man fest: Die Leute lesen, sehen, nutzen und konsumieren genau das, was man zur digitalen Feder bringt, mit seinem Objektiv einfängt oder mit einem Mikrophon aufnimmt.
Der Kern liegt dabei im Bloggen – und nicht direkt in jeder Medienform: Text ist das einfachste, was man maschinenlesbar und damit durchsuchbar für jeden Nutzer im Internet darstellen kann. Tags helfen zwar Bilder, Podcasts und Videos durchsuchbar zu machen, doch das geschriebene Wort ist derzeit das Benchmark der Gefühle, wenn es um den Kern von User Generated Content geht.
Immer öfter bemerke ich, dass verschiedene zumeist junge StartUps versuchen, eine Blogfunktion in ihr eigenes Konzept für die Partizipation der Nutzer und Kommunikation in der Community aufzunehmen. Aufgrund der vielen Bloghoster und Softwaresysteme, die mittlerweile die Entwicklung von einem einfachen Tagebuch zu einem komplexen Content Management System hinter sich gelassen haben, sehen auch viele Medienmacher einen Bedarf, die Idee des Bloggens in ihre eigenen Portale zu integrieren. In diesem Artikel möchte ich auf die damit verbundenen Nachteile eingehen.
- Thematischer Zusammenhang: Eine Community hat eine bereits bestimmte Zielgruppe. Sportler können sich in Gruppen, Foren über Fotos und Videos austauschen und sich zu ihren Vereinen bekennen und Fangemeinden bilden. Aber sie haben im Idealfall als Web 2.0-Jünger bereits ein eigenes Blog gestaltet und brauchen kein eigenes abgespecktes Blog in der Sportler-Community.
- Funktionalität: Ein social Chat wie Twitter braucht kein Blog. Ein Social Network wie XING oder Facebook braucht kein Blog. Ein Bilderhoster wie Flickr oder Ipernity braucht kein Blog. Eine Videosuchmaschine wie YouTube oder Dailymotion braucht kein Blog. Eine Social Media Platform wie sevenload braucht kein Blog. Ein Studentennetzwerk wie StudiVZ braucht kein Blog. Corporate Blogs ja, Blogs für alle Mitglieder lenken nur vom eigentlichen Nutzen der Community ab.
- Leistung: Standalone Blogsoftware (WordPress, Movable Type, Serendipity, Typepad) sowie die meistgenutzten Bloghoster sind das Maß der Dinge. An die Software muss die für die Community integrierte Blogfunktion mindestens heranreichen. Wer sich auf einfache Überschrift, Text, Kategorien und vielleicht noch Tags beschränkt, kommt auf die Dauer nicht um das Abwandern der Nutzer herum. Eine schlechte Kopie einer Blogsoftware ist für die Community eine definitiv verlorene Sache.
- Umgang: Einfach hinklatschen und nicht weiter betreuen ist für eine in die Community integrierte Blogfunktion der Tod. Wenn Trackbacks und Pingbacks nicht funktionieren, die Kommentare im Nirvana verschwinden – lieber gleich abschalten!
- Inhalte: Die geschriebenen Inhalte gehören den Nutzern. Wenn Nutzer es wünschen, sollte Google ausgesperrt werden oder der Zugriff auf alle Daten des Blogs nur für angemeldete Mitglieder sichtbar sein. Auch die AGBs sollten für Bloginhalte der Mitglieder nicht vereinnahmend gestaltet sein. Wer externe Blogs integriert, sollte die Inhalte nur als Anreißer nehmen und auf das eigentliche Blog direkt verlinken.
- Eierlegende Wollmilchsau: Eine Social Community ist alles andere als eine eierlegende Wollmilchsau. Zu viel Nutzen überfrachtet den Nutzer. Zu viel Funktion machen die Community funktionslos. Zu starke Abwanderung der Themen und Inhalte macht die Nutzer müde und überdrüssig. Schuster, bleib bei deinem Leisten!
Als Zusatz wollte ich ursprünglich auch darüber schreiben, wie man das Thema vom Bloggen auf seine eigene Plattform bzw. Community integrieren kann. Doch die wenigen hier genannten Kritikpunkte sind meiner Meinung nach bereits Grund genug, dass insbesondere neu geformte Web 2.0 Communities sich auf das Wesentliche konzentrieren sollten – und nicht das Bloggen nur um des Bloggens und des Web 2.0-Gedankens integrieren müssen. Die Blogfunktion von Communities erhöht zwar die Interaktion und Kommunikation der gesamten Nutzerschaft und bringt sicherlich mehr inhaltliche Tiefe in das gesamte Angebot, aber der Hauptbestandteil sind und bleiben immer wieder Kommentieren, Bewerten, Weiterleiten, Teilen und Konsumieren von Inhalten – in der Regel wird die Blogfunktion nur von wenigen Nutzern als aktive Schreiber angenommen.
Die Frage ist und bleibt: Wie seht ihr das eigentlich? Bringen Blogfunktionen in einzelnen Social Communities überhaupt das, was man von der verbreiteten Blogsoftware erwartet? Ist man als Betreiber einer Community fehlgeleitet, wenn man jetzt zusätzlich auch noch Blogs für die Mitglieder integrieren will?