BVDW sieht Nachholbedarf bei der Digitalen Transformation
Digitale Dienstleistungen stehen für deutsche Unternehmen mittlerweile hoch im Kurs. Für acht von zehn Vertretern der digitalen Wirtschaft fällt das Urteil über den Stand der Digitalisierung jedoch etwas härter aus: Ein Großteil der deutschen Unternehmen hat offenbar Nachholbedarf in Fragen der digitalen Transformation ihrer Geschäftsmodelle. Zu diesem Schluss kommt eine kleine Umfrage des BVDW, bei der 127 Branchenvertreter für ein nicht-repräsentatives Stimmungsbild befragt wurden.
Immerhin kann sich die Digitalbranche über eine steigende Nachfrage nach ihren digitalen Dienstleistungen freuen. Der dabei kritisierte Nachholbedarf wird aber seitens der betroffenen Unternehmen schon erkannt, denn die entsprechenden Aufträge scheinen zu kommen: Drei Viertel der befragten Branchenvertreter bestätigen einen Zuwachs bei der Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen (75 Prozent). Die Bedeutsamkeit der digitalen Dienstleistungen variiert wiederum deutlich. Ein Paradigmenwechsel durch die Digitale Transformation und Digitalisierung ist für viele Unternehmen sowohl Zauberwort als auch Unkenruf zugleich.
Für 75 Prozent der Befragten zählt Digital Commerce mit der größten Relevanz zu den entscheidenden Treibern der DigitaliÂsieÂrung. Das ist nicht weiter verwunderlich, zumal eine Verbraucherstudie der Universität Münster und Roland Berger dem Thema Digital Commerce ein hohes Zukunftspotenzial erst kürzlich nachgewiesen hat. Auf dieses umsatzstarke Trendthema folgen Suchmaschinenmarketing (69 Prozent) und Full-Service-Digitalberatung (62 Prozent).
Social Media zählt hingegen mittlerweile nicht mehr als der ultimative Trend, sondern hat sich vielmehr zum Arbeitsalltag gewandelt. Nur 54 Prozent der Befragten erachten Social Media als relevant. Zu viele Berater und Einzelkämpfer haben den Markt für Social Media durch ihre Ansätze einer „Facebook-Strategie“ verwässert und sprichwörtlich verbrannte Erde hinterlassen. (Anmerkung: Facebook ist keine Strategie.)
Mit dem Nachholbedarf für die Digitale Transformation liegen die Branchenvertreter zumindest in der gesamten Tendenz richtig. Der Nachholbedarf besteht zudem bei dem grundlegenden Verständnis für die Relevanz der Digitalen Kommunikation. Social Media konnte bereits häufig als Türöffner die digitalen Veränderungsprozesse vorantreiben.
Weitaus schlechter trifft es die klassischen Segmente aus dem Werbegeschäft. Mediaplanung und Vermarktung gelten nur bei knapp der Hälfte als relevant (51 Prozent), E-Mail-Marketing (44 Prozent) und Affiliate Marketing (40 Prozent) rücken auf die hinteren Plätze. Weitere wichtige Bereiche des Digital Business wurden im Rahmen dieses Stimmungsbildes zum Bedarf für digitale Dienstleistungen nur marginal genannt, darunter Real Time Advertising, Big Data, Mobile, CRM und Targeting.
So weit, so gut. Jedoch offenbaren diese Zahlen die grundsätzliche Problematik eines solchen Stimmungsbildes, denn bei genauerer Betrachtung stammen nur 48 Prozent der vom BVDW befragten Branchenvertreter aus den für Social Media passenden Branchensegmenten der Full-Service-Internetagenturen, Spezialagenturen und Beratungsunternehmen. Natürlich liegt es auch diesen Agenturen und Beratern nahe, die eigenen Umsatzthemen wie E-Commerce, Suchmaschinenmarketing und die Full-Service-Digitaldienstleistung hervorzuheben. Wer aber, wenn nicht diejenigen, die mit Social Media ihren Umsatz (mit)erzeugen, attestieren diesem Segment eine entsprechende Relevanz? Online-Vermarkter und Online-Mediaplaner mit rund einem Drittel aller Umfrageteilnehmer (31 Prozent) werden wohl kaum etwas von Social Media halten, zumal seit Jahren das Interesse an Social Media Marketing, Social Media Monitoring und Analyse sowie der Dialogkommunikation über soziale Netzwerke die klassischen Marketing- und Werbeetats ein Stück nach dem anderen abgreifen konnten. Und die verbleibenden Portalbetreiber, IT-Häuser und nicht näher klassifizierbaren Umfrageteilnehmer haben meist andere inhaltliche und umsatzrelevante Schwerpunkte, als die aufgezeigten Heilsbringer. Das Stimmungsbild zeigt also nur die Schwerpunkte im Digital Business auf, mit denen derzeit ein großer Anteil der Umsätze erzielt wird, aber besitzt keine Aussagekraft für die gesamte Digitalwirtschaft.
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