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Sobald ich mich mit Menschen unterhalte, die eher wenig mit Social Media zu tun haben, vielleicht noch ihr XING oder Facebook-Profil pflegen, kommt immer mal ein Batzen an Fragen auf: Warum bloggst Du? Warum nutzt Du Twitter? Was soll jetzt Foursquare? Reicht es nicht langsam? Meine Antwort ist dazu ziemlich einfach: Ich nutze Social Media und mache das alles, weil es mir Spaß macht. Und wenn es mir keinen Spaß macht, nutze ich diese Tools aus der kunterbunten Welt von Social Media einfach nicht. Da kann auch mal gut ein wenig Zeit ins Land ziehen, wie auch hier beim Blog. Ganze zwei Monate sogar. Doch dann packt einen die Lust und man legt los.

Doch Manche Menschen machen sich jedoch ernsthafte Gedanken, wie man zum Beispiel Foursquare besser für seine Freunde machen sollte. Die liebe PR-Kollegin Sabrina theoretisiert in ihrem aktuellen Blogeintrag, dass man durch ein paar Guidelines die Nutzung von Foursquare wesentlich besser für seine Freunde in den Griff bekommen kann. Man braucht sie nicht in die Flucht zu schlagen und würde so einen höheren Unterhaltungswert für andere bieten. Gut, jedem das seine, doch manches Mal frage ich mich, wozu man sich damit beschäftigen muss, Regeln für andere zu erstellen, wenn man einfach jemandem per „unfollow“ oder „cancel friendship“ zeigen kann, dass man keinen Bock mehr auf das Gesülze hat. In den Kommentaren habe ich mich schon geäußert: Ich sehe das Treiben bei Foursquare nicht so kritisch, wundere mich zwar manchmal über nächtliche Location-Parties, aber schließlich dienen die ganzen Social Media Tools und Apps für mobile Endgeräte auch meist nur zu einem Zweck: Man stellt sich selbst öffentlich dar – so wie man möchte und nicht anders.

Wer also sehen möchte, wo man sich herumtreibt und was man für Informationen verbreitet, der macht das zum Selbstzweck. Wer vor allem meine oder die Updates von anderen Leuten betrachten will, der entscheidet sich aktiv dafür und möchte explizit diese Infos beziehen. Von echter Freundschaft bekundet ein „Friend-Request“ und der dazugehörige „Approval“ eigentlich nicht. Es ist vielmehr unsere Informationsgier, die Geilheit der Besserwisser, um die es sich dreht. Vielleicht möchte man informativ befriedigt werden. Wir sind selbst so scharf drauf, unsere digitalen Abbilder mit persönlichen Randnotizen bei Twitter und sogar mit „geolocationbased“ Spuren im Netz zu verbreiten, dann sei es uns gestattet, dies auch so zu tun, wie wir es wollen. Keine Regeln! Wer partizipieren möchte, darf das gerne freiwillig tun. Niemand wird gezwungen, aber man braucht auch niemanden in Schranken weisen. Das versucht schließlich der Staat durch genügend Regulierungsbestrebungen zu Genüge. Wir machen, was wir wollen – und ja, brav wie wir sind, so halten wir uns an bestehende Gesetze.

So kommen mir Nico Lumma’s süffisant geschriebene 10 Goldene Regeln für Twitter ganz recht. Ich würde mich nicht wundern, wenn wirklich irgend ein windiger Marketingfuzzi oder PRler sich daran versucht, für Dienste, die er/sie nicht versteht, auch schöne Regeln aufzusetzen – nur um dann in irgendeiner Fachpublikation mit Bildchen abgelichtet zu werden. Auch das kann eine Form des puren Egos sein. Kurzum, ich sehe es ähnlich, vielleicht auch genauso wie Sebastian Keil, der ein wunderbares Video zu den „Benimmdich“-Thesen gedreht hat, mit dem ich diesen Blogeintrag auch abschließe.

Die von vielen deutschen Bürgern geschätzte Gebühreneinzugszentrale (GEZ) möchte sich ihren Bürgern öffnen. Im Jahre 2010 nimmt das Ganze endlich Formen an. Die GEZ präsentiert sich bürgernah mit einem eigenen Online-Portal, dass sogar eine eigene Community mit Forum beinhaltet. Der geneigte Gebührenzahler möchte sich gewiss selbst mit eigenen Augen ein Bild davon machen – unter www.gez-meine-meinung.de darf man jetzt seine Meinung äußern.

Mit neuem Logo ein neuer Markenauftritt, der sich schon fast an Social Media annähert – zumindest durch die Kommentare eines Forums und die hauseigenen Blogs ohne direkt ersichtliche Kommentarfunktion von Anja.M, Daniela.K, Conny.A, Sylvia.S und Vera.Z. Wie authentisch und transparent sich die GEZ präsentieren möchte. Keine dieser Personen, ob sie real sind oder doch nur fiktiv, finden sich bei der Suche nach „Gebühreneinzugszentrale“ bei XING. Ich tippe auf Ghostwriter. Insgesamt sind auch sehr wenige Personen aktiv bei XING unter dem Firmennamen angemeldet. Vielleicht auch nur zum Selbstschutz vor dem klassischen Mob der Bevölkerung?

Social Media bedeutet Interaktion, Kollaboration, Kommunikation und alles mögliche, was der Nutzer hoheitlich anstellen kann, um im schlimmsten Fall ein Unternehmen zu kolportieren. Wie würde es also bei der GEZ aussehen, wenn man sich den Nutzern öffnet? Doch halt, nicht alles ist im Sinne des Erfinders, wenn man mit der üblichen Trotzhaltung der Nutzer und mit Forenhaftung konfrontiert wird. Das GEZ-Forum hat Regeln und klare Grenzen, denn:

„Unser Forum wird moderiert und hat „Öffnungszeiten“. Von Montag bis Freitag, zwischen 8 und 22 Uhr, können Sie mit Ihrer Meinung zur Diskussion beitragen und Ihre Einträge online stellen. Am Wochenende, an Feiertagen sowie außerhalb des angegebenen Zeitrahmens ist der Zugriff auf das Forum beschränkt: In diesem Zeitraum können Sie die Forums-Diskussion nachlesen, jedoch keine Beiträge hinzufügen.“

Ja, so eine Einladung wirkt auf die Nutzer wie eine offene Tür, die es einzurennen gilt. Erste Beiträge zur GEZ, die doch etwas übertrieben positiv wirkten, wurden schnell von negativen Beiträgen aus dem Rennen geworfen. Innerhalb weniger Stunden explodierte das Forum förmlich. Viele Nutzer, ob Gebührenzahler hin oder her, hinterließen im Forum ihren Frust. Und scheinbar niemand aus der offiziellen Liga versucht zu antworten oder sich der Kritik offen zu stellen. Zumindest konnte ich keinen Beitrag erkennen, der offen und ehrlich die Kritikfähigkeit der GEZ beweist. Einige Beiträge, die gewisse Regeln der Kommunikation mit Äußerungen unterhalb der Gürtellinie torpedierten, wurden wahrscheinlich entfernt.

Im Licht der PR ist dies ein wundervolles Beispiel des Muskelzuckens. Das rüde Image, was der GEZ von der Bevölkerung zugeschrieben wird, soll wohl mit dem neuen, offenen Community-Gedanken abgeschrieben werden. Doch egal was man macht, egal welche PR-Agentur sich dort die Mühe gibt – wer nicht die Sprache und Denke der Bürger spricht, der wird einfach mit jedem noch so guten Versuch auf Dauer scheitern. Es wird also weiter gehen, denn sie wollten es so: Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Ob es was für die Bürger bringt, ihre Meinung der GEZ mitzuteilen, bleibt wirklich eine offene Frage, die man wohl niemals beantworten kann. Wie titelt Meedia so schön? „Das gebührenfinanzierte PR-Fiasko der GEZ“ spricht schon als Aussage für sich. Die W&V nennt es mutig, aber konsequent, Daniel Grosse empfiehlt das Abschalten des Forums.

Viel zu oft versucht man die Zukunft vorherzusagen. Auch ich habe mir einige Gedanken dazu gemacht, was in den nächsten Monaten des kommenden Jahres passieren wird. Hierzu möchte ich in meinem Blog der Leserschaft die folgenden 10 Grundgedanken vermitteln und freue mich selbstverständlich auf eine rege Diskussion. Also, was glaubt ihr, wird in 2010 im Bereich Social Media passieren?

1. Arbeitsalltag
Social Media integriert sich ab 2010 vollständig als spezielle Teil-Disziplin von Public Relations, Marketing, Sales und Human Ressources in den Arbeitsalltag. Mitarbeiter anderer Unternehmensbereiche, vornehmlich außerhalb von Kommunikation, Werbung und Vertrieb, werden mit weiteren Einschränkungen in ihrem Online-Nutzungsverhalten durch tiefgreifende Social-Media-Richtlinien rechnen müssen. Die typischen Rauchpausen könnten sich für Arbeitnehmer immer stärker zum Konsum von Social Media über mobile Endgeräte eignen, zudem das private Telefon in Pausen bisher außerhalb des direkten Einflusses von Arbeitgebern liegt.

2. Digital Relations
Trotz starker Restriktionen werden einige Unternehmen ihren Mitarbeitern neue Freiheiten und Spielräume ermöglichen, weil sie über ihre privaten Profile als offizielle Kommunikatoren und potenzielle Experten des Unternehmens in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Letztendlich entscheidet ein Kunde höchst individuell, welche Wirkung die gesamte Außendarstellung eines Unternehmens auch durch die eigenen Mitarbeiter auf die zukünftigen Beziehungen haben wird. Neben einer reinen Werbeplattform wird Social Media zur Kommunikation auf allen Ebenen genutzt und ganzheitlich von Unternehmen gelebt werden.

3. Messbarkeit
Jede Bemühung von Unternehmen, sich im Umfeld von Social Media zu positionieren, wird im Jahr 2010 wesentlich durch klassische betriebswirtschaftliche Faktoren bestimmt. Unzählige individuelle Kriterien für den Einsatz von Social Media in werblicher und kommunikativer Hinsicht gilt es zur Erfolgsmessung zu berücksichtigen. Entsprechende Ansätze zur Abbildung der Kriterien, z.B. über Metriken oder durch die Bildung eines zentralen Index, sind bisher nicht einheitlich anwendbar, während ältere Messmethoden über PageImpressions, Visits oder Unique User in Analyse und Forschung zur Werbewirksamkeit immer stärker in den Hintergrund rücken. Die entsprechende Notwendigkeit einer Einigung und die schnelle Markteinführung von einheitlichen Messmethoden und Kennzahlen hängen dabei im Wesentlichen von der Agilität der anerkannten Gremien und Institutionen ab.

4. Community
Social Media wird im kommenden Jahr für den einzelnen Nutzer etwas weniger „sozial“ wirken. Anstatt vollkommen auf Kollaboration und Interaktion in der Masse zu setzen, werden Nutzer immer stärkere Grenzen zwischen ihren persönlichen Interessensgebieten und Aktivitäten im Internet ziehen. Daraus lässt sich klar erkennen, wie sie ihre präferierten Themen und Kontakte je nach Anwendung oder Social Community einteilen und gruppieren. Die Kommunikation in diesen Gruppen konzentriert sich dabei vermehrt auf einen selektierten Kontaktkreis, der oftmals bestimmten Zielen zugeordnet ist. Eine weiterführende Unterteilung von privaten und beruflichen Kontakten in den einzelnen Netzwerken nimmt ebenfalls Einfluss auf das Kommunikationsverhalten des Individuums, so dass bestimmte Inhalte nicht mehr für jeden Kontakt zugänglich sein werden. Auch werden Empfehlungen immer wichtiger. Das hohe Maß an „sozialem“ Austausch, wodurch sich Social Networks einst auszeichneten, verliert sich in den steigenden Anforderungen der Nutzer an ihren persönlichen Informationsfluss und ihr eigenes Mitteilungsbedürfnis.

5. News
Ab 2010 entscheidet die Masse der Nutzer immer eigenständiger über die aktuellen Themen des Tages. Entgegen des tagesaktuellen Redaktionsplans bestimmt die Community den Nachrichtenwert durch Retweets, Shares und Empfehlungen. Dieser Trend des digitalen Informationskonsums spiegelt sich in der sozialen Gewichtung von Nachrichten wider. Auch Redaktionen werden verstärkt auf das daraus ableitbare öffentliche Interesse eingehen und ihr redaktionelles Angebot daraufhin anpassen.

6. Blogs
Alle Jahre wieder tönen zum Jahresende zahlreiche Unkenrufe vom Sterben der Blogs. Insbesondere in Nischen und als fachlich spezialisierte Blogs werden sie ein wichtiger Teil unserer Informations- und Wissensgesellschaft bleiben. Auch neue Märkte öffnen sich für spezialisierte Blogger. So wie Verlage weiterhin auf Zentralisierung von Redaktionen oder das Auflösen von einzelnen Lokalredaktionen setzen, wird der Leser als mündiger Nutzer in Social Media fündig werden. Für einzelne Städte, Gemeinden oder Stadtteile entwickeln sich hier Lokalblogs, die ihren Schwerpunkt auf Grundlage der einstigen Kernkompetenz mancher gedruckter Lokalausgaben ausbauen werden. Gleichzeitig übernehmen einzelne kritische Stimmen verstärkt die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit bei überregionalen Themen und selbstverständlich in der Aufdeckung von Fehlern und Versagen von Unternehmen, Organisationen und Institutionen jeglicher Art als Teil der modernen Medienkritik.

7. Content
Social Media wird als neuer Vertriebskanal von Unternehmen jeglicher Art erkannt. Verlage müssen in 2010 die Relevanz des Mediums als Teil der Wertschöpfungskette erkennen und dürfen sich der ganzheitlichen Integration in ihre bestehenden Geschäftsmodelle nicht verschließen. Gleichzeitig werden Radiosender ihre Hörerschaft intensiv über das Internet an sich binden und hier Mehrwerte zum linearen Programm anbieten. Auch TV-Sender werden verstärkt den Weg ins Internet gehen und plattformübergreifend ihre Programminhalte auch außerhalb von sendereigenen Portalen verbreiten. Filmproduzenten und Musikmajors werden dabei vornehmlich ihre Inhalte eigenständig weiterverwerten und eine ähnliche Distributionsstrategie fahren.

8. Monetarisierung
Die einzelnen Geschäftsmodelle zur Monetarisierung von aufwendig redaktionell produzierten Inhalten reichen dabei von Paid-Content-Modellen über Beteiligungsmodelle an den Werbeerlösen bis zu kostenfreien Angeboten zur Promotion einzelner Highlights. Insgesamt wandelt sich damit das klassische Lizenzierungsgeschäft durch die verschiedenen Abhängigkeiten und Konstellationen zwischen Content-Anbietern, Plattformbetreibern und Werbetreibenden in partizipative Geschäftsmodelle, aus denen auch der Nutzer entscheidende Vorteile durch Exklusivität, kostenfreies Zusatzmaterial oder weitere noch zu definierende Mehrwerte ziehen kann.

9. Microblogging
Wer Wind säht, wird Sturm ernten. Was einst als kleines Experiment ab Frühjahr 2007 die Early Adopter und die für Social Media affinen Internetnutzer erreichte, beflügelt mittlerweile unzählige Menschen in ihrem Alltag. In der Bahn, beim Mittagessen, nach dem Sport oder vor dem Schlafengehen preisen sich viele Leute in der Öffentlichkeit und zwitschern wild drauf los. Twitter entwickelte sich bereits in 2009 zu einem Massenphänomen, dem sich im nächsten Jahr keiner mehr entziehen kann. Über mobile Endgeräte wird Twitter in jeder Situation greifbar werden, durch entsprechende Mobile-Flatrates kommen immer mehr Menschen in den Genuss dieses alltäglichen Wahnsinns. Follow me!

10. Social Media Experten
Bleiben wir doch alle einmal ehrlich. Jeder hat etwas zu melden, aber deswegen ist noch nicht jeder ein Experte. Zwar sind wir schon längst Papst, aber es gibt gewaltige Unterschiede zwischen professionellen Ansätzen und laienhaftem Dilletantismus, den manche Social Media Experten von sich geben. Zu Anfang werden sie wie die Pilze aus dem Boden schießen und sich gegenseitig das Wasser abgraben, aber zum Ende des Jahres wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Zurückbleiben werden absolute Profis aus Kommunikation, Marketing und Vertrieb, um die sich die Unternehmen reißen werden.

Fazit
Social Media ist und bleibt spannend – und das in scheinbar jeder Lebenslage. Egal ob Unternehmen, Organisationen oder Einzelpersonen sich in Social Media tummeln, fest steht eines: Wer sich mit Social Media dauerhaft über die letzten Jahre hinaus beschäftigte, wird auf Dauer einen langfristigen Erfolg feiern. Social Media ist keine kurzlebige Sache, sondern wird immer stärker wohl durchdacht und geplant. Für jeden Neueinsteiger empfiehlt es sich, den BVDW-Leitfaden Sicherer Einstieg in soziale Netzwerke zu lesen, an dem auch ich persönlich mitschreiben durfte.

Nachtrag: Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass Thorsten Zoerner in seinem Blog eine thematisch passende Aktion über die Veränderungen des Jahres 2010 mit dem BlogAdventskalender fährt.

Man nehme eine zündende Idee, hole sich den einen oder anderen kreativen Kopf und fähigen Entwickler, stecke dann für einige Tage die Köpfe zusammen und heraus kommt „Tagesthema.de“. Ibrahim Evsan, Gründer von sevenload, gab heute in Twitter bekannt, dass er mit einem sehr kleinen Team und überaus wenig Aufwand den neuen Nachrichten-Aggregator für deutsche Medien erstellt hat.

Die Umsetzung von Tagesthema.de zeichnete Ibo zusammen mit Andreas Cappel, Sebastian Herp und Andreas Weiß verantwortlich. In seinem aktuellen Bericht „3 Days to Market“ erläutert er im Detail, dass wir Deutsche vor allem Innovationsmanagement betreiben müssen. Und nicht zuletzt sollen damit Ideen in einer sehr kurzen Zeitspanne zur ersten Marktreife gebracht werden. Durch den Start von „Tagesthema.de“ konnte Ibo seine Theorie kurzerhand direkt unter Beweis stellen – warum auch nicht?

Doch dieser spontane, schnelle Weg zur Realisierung eines Projektes ist durchaus für Unternehmen eine Chance, um sich am Markt zu behaupten und schnell zu reagieren. Natürlich nur, sofern das Unternehmen auch in seine Mitarbeiter, die eigentlichen kreativen Köpfe, ein hohes Maß an Vertrauen schenkt. Von der Idee in drei Tagen zum Ziel – persönlich fand ich dieses Thema äußerst spannend, insbesondere weil Twitter sehr stark in diesen Social News Aggregator integriert ist, so dass ich Ibo direkt zu einem spontanen Interview bewegen konnte.

Als Gründer und Unternehmer von sevenload hast Du Dir in Deutschland und Europa einen Namen gemacht. Der Markt erwartet bereits Dein neues Social Gaming Startup. Heute überraschst Du mit Tagesthema.de – was erwartet die Nutzer?

Ibrahim Evsan: Tagesthema ist ein individueller Nachrichten-Aggregator, bei dem sich die Informationen nahezu in Echtzeit aktualisieren. Die ursprüngliche Idee für Tagesthema war eigentlich, dass ich direkt meinen Blogeintrag „3 Days to Market“ beweisen wollte. Dafür brauchte ich ein aktuelles Projekt, das sich in einem so kurzen Zeitraum zur Veröffentlichung realisieren lässt. Mehr ist es eigentlich nicht. Nun wird Andreas Cappell das Projekt als Nachrichten-Aggregationsplattform technisch und konzeptionell weiterführen.

In deinem Blog erläuterst Du die Hintergründe der schnellen Entwicklung innerhalb von nur drei Tagen von Tagesthema.de. Was war die größte Herausforderung?

Ibrahim Evsan: Keine. Das Tolle daran war: Wir haben einfach gemacht und schau her. Ready to go unter dem Motto ‚keep it simple, keep it short‘. Wir wollten mit Tagesthema beweisen, dass wir in weniger als einer Woche ein neues Projekt auf die Beine stellen können, das natürlich am Markt angenommen wird und auch künftig den Nutzern einen Mehrwert bieten kann. Diese Entwicklung und die Idee – als Projekt ist dies auch eine Form von Innovationsmanagement.

Wie definierst Du den eigentlichen USP des Portals?

Ibrahim Evsan: Wir kombinieren Twitter-Feeds mit RSS und zeigen die Stimmen der Menschen. Meinungsbildung ist ein Schlüsselfaktor in der Medienwelt. Die Nutzer sind heute mündig genug, ihre eigene Meinung zu bilden und zu veröffentlichen. Wir kombinieren diese Meinungsvielfalt mit dem journalistischen Informationswert der Nachrichten. Weiterhin kann man seine eigenen Tagesthemen anpassen, sobald man sich über die Schnittstelle von Twitter bei Tagesthema.de anmeldet. Die Ideen, wie wir das System weiter entwickeln, hängt nun von den Nutzern ab. Wir wollen gerne, dass sie uns mitteilen, was sie gut finden. Dann werden wir genau das für sie umsetzen.

Brauchen die Nutzer einen weiteren Dienst neben Google News, Nachrichten.de und Rivva?

Ibrahim Evsan: Keine Ahnung. Das entscheidet der Nutzer. Jeder Dienst hat seine Daseinsberechtigung und für einzelne Nutzer ergeben sich hier und da immer individuelle Vorteile oder Nachteile gegenüber anderen Anbietern.

Können Nutzer bei Tagesthema die dargestellten Informationen personalisieren?

Ibrahim Evsan: Ja, jetzt schon, indem sie sich einfach anmelden und Tagesthema für sich anpassen. Die Anpassungsfähigkeit werden wir in den nächsten Wochen erweitern, denn noch befindet sich Tagesthema nach nur drei Tagen Entwicklungszeit in einer frühen öffentlichen Beta-Version.

Man erkennt bereits erste Werbebanner über Google AdSense. Soll Tagesthema sich durch Werbung allein refinanzieren?

Ibrahim Evsan: Genau. Was danach kommt, war für dieses Projekt und in der kurzen Zeit zwischen Idee und Launch im Sinne des „3 Days to Market“-Prinzips noch nicht planbar. Es wäre aber sehr gut, wenn wir damit beweisen, dass sich dieses Projekt auch rechnet. Wir werden die Entwicklung beobachten und schauen, ob wir sehr bald für gezieltere Nachrichten mit passenden Werbeinhalten entsprechendes Datenmaterial dazu erheben können. Natürlich nur, sofern der Nutzer dem zustimmt.

Verleger fordern ein Leistungsschutzrecht für ihre Nachrichteninhalte. Kommt Tagesthema dem nach, suchst Du den Konsens mit den Verlegern und beteiligst Sie anteilig an den Werbeerlösen?

Ibrahim Evsan: Das wäre wirklich innovativ. Doch lassen wir Tagesthema sich vorerst ein wenig weiter entwickeln. Wir können uns eine Beteiligung an den Werbeerlösen natürlich auch vorstellen, genauso wie wir die Idee verfolgen, das gesamte System als Open Source Lösung anzubieten. Dann haben alle was davon und jeder kann sich einen eigenen Nachrichten-Aggregator erstellen und für seine persönlichen Zwecke anpassen. Schließlich leben wir in einer Welt, die von Informationen und Wissen dominiert wird. Es ist nichts einfacher als so seine besten Quellen zusammenzuführen, dass man jederzeit einen individualisierten Überblick über die Nachrichten hat. Also den schnellen Blick auf das Tagesthema.

Vielen Dank für das Interview!

Hinweis: Das Interview führten Ibo und ich spontan und aus freien Stücken heraus. Dass Ibo jenes Unternehmen gegründet hat, bei dem ich seit über drei Jahren arbeite, trug beeinflusste selbstverständlich nicht das Interview. Diese Tatsache sei für den geneigten Leser nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Gut zwei Wochen ist es her, seitdem die Welt Kompakt einem Relaunch unterzogen wurde. Nicht nur der klassische Print-Titel konnte sich der inhaltlichen Erweiterung und Umgestaltung der Themenschwerpunkte freuen, vor allem profitierte die deutsche Verlagsbranche von diesem kühnen Stunt des Axel Springer Verlags. Wer hätte es bis vor kurzem überhaupt für möglich empfunden, dass eine gedruckte Zeitung die Freigeister der Netzkultur und Protagonisten der Social Media, der Digitalen Clique so begeistern konnte?

Das schaffte die Zeitung, indem sie sich so intensiv wie im Print nur möglich mit dem Internet und Social Media auseinander setzt. Dabei wird nicht nur ein eigenes Ressort zu dem Thema auf einer Doppelseite ablichtet. Vielmehr findet eine Vollintegration von einer jederzeit bei Facebook und Twitter ansprechbaren Redaktion auf die Beine statt. Dieser Mut, etwas Neues zu probieren und sich trotz einiger Kritiker durchzusetzen, verdient Respekt und Anerkennung.

Auf einmal standen Promoter an den Ecken, die die Welt Kompakt verteilten. Im Flieger nach Berlin wurde sie mir bereitwillig ausgehändigt. Unzählige Plakate mit verschiedenen Motiven zum Nachdenken finden sich als Teil dieser breit angelegten Kampagne auch in Köln und vielen anderen Städten wieder. Auch der Besitzer vom kleinen Tabakladen in Ehrenfeld schwärmt von der Welt Kompakt und händigt sie mir schon fröhlich jeden Tag aus – und weist mich darauf hin, dass die doch am Vormittag gerne schnell vergriffen ist. Wieso zum Teufel hat man seit zwei Wochen nur die Welt Kompakt im Kopf?!

Vielleicht deswegen, weil es ein einzigartiger und neuer Ansatz ist, um der Medienwelt in Deutschland mehr Leben einzuhauchen. Viele deutsche Verleger lamentieren seit einiger Zeit öffentlichkeitswirksam über die düstere Zukunft ihres Metiers. Sie haben oft die zukünftigen Trends verschlafen oder erst viel zu spät reagiert. Man denke nur an das Abwandern der Anzeigenkunden mit ganzen Etats nur in den Online-Werbemarkt, oder das Versagen vom Print im aussichtslosen Kampf gegen den Tod der regionalen und lokalen Kleinanzeigenmärkte. Und die Verleger verlangen jetzt mit endlosen Plädoyers nach der Einführung von Leistungsschutzrechten für ihre journalistischen Erzeugnisse. Im Internet muss guter Journalismus mit fundierten Recherchen, tiefgründigen Inhalten und objektiv qualitativen Aussagen geschützt werden. Keine Frage, dahinter stehe ich immer mit einem Bein. Doch mit dem anderen Bein stehe ich weit weg auf der anderen Seite. Denn wer seinen durchaus für den Nutzer kostenfreien Online-Content, der sich ja bereits seit Jahrzehnten mit Werbung refinanziert, am liebsten über Paid-Content als Geschäftsmodell zur Monetarisierung des journalistischen Produkts refinanzieren möchte, und dann auch noch an staatliche Unterstützung denkt, der hat nicht verstanden, dass der Nutzer längst die Macht in den Händen hält.

Wir definieren durch unser Interesse und unsere Nachfrage genau die Inhalte, die wir von den einstigen Gatekeepern in journalistischer Aufbereitung zu lesen bekommen. Und die Meinung bilden mittlerweile einzelne Leuchttürme im Netz, die eigenständige Individuen und keine ganzen Redaktionen sind. Wir bilden doch unsere Meinung jeden Tag, ein redaktionell geführtes Medium versucht sich so nah an der idealen Meinungsbildung für die Masse heranzuwagen, wie nur möglich ist. Der einzelne Leser hat keinen direkten Einfluss auf das Produkt, was ihn am nächsten Morgen erwartet. Leserbriefe gab es ja schon immer, doch wie ist die nächste Stufe? Der Leserreporter oder der Bürgerjournalist? Ohne zu viel Kompetenz aufzugeben, muss ein Verlag umdenken und neue Strukturen zur Kommunikation auf Augenhöhe mit seinen Lesern etablieren. Was liegt also näher, als den Nutzer, den Leser, den Hörer, den Zuschauer, den Prosumenten als Individualisten in das klassische Produkt zu integrieren?

Ein logischer Schluss, der meiner Meinung nach bei der Welt Kompakt sehr erfolgreich umgesetzt wurde. Was habe ich mich gefreut wie ein Schneekönig, als ich einmal mit meinem Kommentar über Twitter und ein weiteres Mal über Facebook den Weg in die gedruckte Welt Kompakt fand? Mein Bedürfnis der Anerkennung als Leser wurde endlich von einer Redaktion befriedigt, indem ich nicht nur als fremde Meinung eines Leserbriefs dargestellt wurde, sondern als integrierter Bestandteil auf zumindest der thematischen Doppelseite zu Internet und Social Media meinen Namen fand.

Auch ist das Engagement vieler Redakteure und Journalisten der Welt Kompakt bei Twitter sehr reizvoll. Nicht jeder von ihnen nutzt Microblogging regelmäßig, doch man findet Kontakt und Dialog mit ihnen. Etwas, was nicht nur den PRler in mir freut, sondern mich einfach begeistert. Viele andere Journalisten in Deutschland, wenn wir mal die urtypischen Köpfe der Bloggerszene und diejenigen aus dem Bauch von Social Media heraus ignorieren, verstehen noch nicht einmal, dass der Dialog mit den Lesern auch außerhalb des eigenen Blattes stattfinden kann. Wow, was also will man mehr?

Eigentlich alles. Da reicht die Welt Kompakt einem den kleinen Finger, und man möchte gleich den ganzen Arm vor Begeisterung abreißen. Ja, am liebsten würde ich selbst einen meiner Artikel, sofern sie auch einen thematischen Bezug zum Blatt oder inhaltlichen Nutzwert für den typischen Leser bieten, in der Welt Kompakt wiederfinden. Nicht als einfache Kopie meines gebloggten Wortes, sondern als legitimierter Gastautor vielleicht. Oder als lokaler Berichterstatter für den neuen Lokalteil über Köln agieren. Im Prinzip möchte man als Leser doch das realisieren, wodurch einen die digitalen Bürgerzeitungen im Netz bereits im Ansatz befähigte, nur in Form einer übersprungenen Barriere zwischen digitaler Kluft und gedrucktem Wort. Traumvorstellung? Wenn die Welt Kompakt, zumindest wie Thomas Knüwer es schrieb, auch Blogartikel abdruckt (hoffentlich nur nach Nachfrage und lizenzrechtlicher Genehmigung), wäre das doch mal ein interessanter Aspekt.

Fast zwei Wochen brauchte ich, um mir meine Gedanken zu dem Neustart der Welt Kompakt zusammen zu reimen. Nebenbei vergaß ich auch das Bloggen, denn ich las sehr gerne die gedruckten Artikel, was auch meine private Freizeit limitierte. Das Thema wurde bereits sehr oft auf Twitter, in zahlreichen Blogs und in diversen Fachmagazinen der Medienbranche breit getreten. Bringt es also heute noch, eine Blattkritik zu dem Thema zu veröffentlichen? Ohne das Kauderwelsch von vielen Kollegen zu wiederholen: Ja, man kann es sich erlauben, dazu etwas zu schreiben. Ich bin stolz auf das Produkt, was ich jeden Morgen in Händen halten darf. Als reger Leser, der selbst seine Wurzeln in der Zeitungslandschaft sieht, habe ich seit dem Relaunch der Welt Kompakt wieder unglaublichen Gefallen an der Tagespresse gefunden, nachdem ich für fast fünf Jahre keinen Pfennig, ja keinen Cent, für die morgendliche Zeitungslektüre ausgab. Hut ab für das Wagnis, dem totgesagten Print neues Leben einzuhauchen und so intensiv die digitalen Kommunikationsmittel von Twitter, Facebook, Blogs und den Zeitgeist von Social Media in eine gedruckte Publikation zu integrieren. Das darf ich begeistert behaupten – und nein, von der Redaktion wurde ich nicht für diesen Artikel geschmiert. :)

Die scheinbar einzige, offizielle Stellungnahme (PDF) des Bekleidungsherstellers Jack Wolfskin wirkt befremdlich. Ich verstehe gewiss, dass ein Unternehmen auf seiner Position beharren darf und sollte, wenn sein Markenrecht so intensiv verletzt wird, dass ein gravierender Schaden zu befürchten ist. Doch ist der aktuelle Image-Schaden von Jack Wolfskin, der sich durch die aufklärende und öffentlichkeitswirksame Berichterstattung in einschlägigen Fachblogs, so genannten Mainstream-Blogs, Fachmedien und mittlerweile Mainstream-Medien niederschlägt, nicht auf Dauer hin viel nachhaltiger?

Wäre ich als Markenhersteller auf dem Pfad der Tugend und kämpfe gegen echte Produktpiraten, die meine Markenrechte durch Imitate und Fälschungen verletzen, ist dies als richtiger Schritt zu bewerten. Man bleibt hart bis zum letzten Gefecht vor Gericht. Doch hilft nicht manchmal der Griff zum Telefon, um im Stil der guten alten Kommunikation auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen? Hätte der Bekleidungshersteller offener und transparenter den Versuch unternommen, mit den betroffenen Kleinunternehmern im Dialog zu kommunizieren, wäre der Image-Schaden weitaus geringer und wohl kaum ausufernd in seinem Ergebnis. Die öffentliche Abmahnfalle will man doch üblicherweise vermeiden.

Leider war Jack Wolfskin mir gegenüber zu keiner Stellungnahme bereit. Auf meine Kontaktformular-Mail vom vergangenen Sonntag reagierte man scheinbar mit Stillschweigen. Die Fragen möchte ich jedoch den Lesern hier im Blog nicht vorenthalten:

  • 1. Warum mahnen Sie einzelne Community-Mitglieder ab?
  • 2. Ist es bei Jack Wolfskin gängige Praxis, Anwaltsgebühren in Höhe von z.B. 991 Euro den einzelnen abgemahnten Personen in Rechnung zu stellen?
  • 3. Wie viele Community-Mitglieder von dawanda.de haben Sie abgemahnt?
  • 4. Warum entschließt sich Jack Wolfskin dazu, einzelne Community-Mitglieder abzumahnen, anstatt auf den „Dialog auf Augenhöhe“ mit den Community-Mitgliedern zu setzen, z.B. direkte Kontaktaufnahme und eine freundliche Bitte um Entfernung eines Katzen-Logos aus den Produkten?
  • 5. Welche Aktivitäten im Bereich Social Media setzt Jack Wolfskin derzeit zwecks Dialog mit den Kunden aktiv um?
  • 6. Auf welche verschiedenen Tiere und/oder deren Abdrücke von Pfoten, Klauen und/oder Tatzen besitzt Jack Wolfskin eine eingetrage (Wortbild-)Marke?
  • 7. In wiefern kann ein angedeuteter Tatzenabdruck in selbst hergestellten Produkten, z.B. Strickwaren, eine Markenrechtsverletzung bedeuten, wenn dieses Produkt einmalig hergestellt ist und im Internet zum Selbstkostenpreis ohne direkten Bezug zu Jack Wolfskin vertrieben wird?
  • 8. Wie eng arbeitet die PR-Abteilung von Jack Wolfskin mit der hauseigenen Legal-Abteilung zusammen? Bestehen unter Annahme einer Zusammenarbeit entsprechend aktive Absprachen bzw. Rücksprachen zum öffentlichen Vorgehen des Unternehmens?

Als Konsequenz daraus werde ich freischaffend ein kostenloses Freiexemplar des Social Media Kompass an Jack Wolfskin senden. Wer selbst ein Exemplar dieser 110 Seiten zu Social Media für Markenkommunikation, Public Relations und selbstverständlich den aktiven Einsatz in Händen halten möchte, darf mich gerne auf dem üblichen Weg kontaktieren.

Warum machen es sich so viele Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen ich bisher sehr schätzte, in der letzten Zeit immer so schwer, um in Social Media mit Nutzern auf Augenhöhe respektvoll miteinander zu kommunizieren? Diese Schlagzeile schlägt einem schon sehr direkt ins Gesicht: Jack Wolfskin eröffnet den Abmahn-Herbst! Innerlich weint das Herz jedes PRlers, denn eine Marke wird für ihre Anwaltskeule öffentlich angeprangert. Doch dagegen kann man nichts machen, denn heute hat der Nutzer mehr Macht, als vor einigen Jahren. Traditionelle Unternehmen, die überhaupt gar keine oder nur sehr wenig Ahnung von Social Media haben, fallen dabei regelmäßig auf die Nase.

Wenn wie hier eine rechtliche Keule geschwungen wird, sollte man sich seitens eines Unternehmens nicht viel öfter im Voraus überlegen, was damit an einer Welle von Berichterstattungen losgetreten wird. Ein kleiner Social Media PR-Gau zum Wochenende allemal, wenn nicht sogar noch weitaus tiefgreifender, weil das Bekleidungsunternehmen hier in Deutschland ja sehr bekannt am Markt ist. Und ebenfalls auch der Plattformbetreiber Dawanda, wo entsprechende Produkte angeboten wurden, die aufgrund ihrer selbstgefällig hergestellten Art irgendwie und irgendwo das Markenlogo, ein kleines gelbliches Logo, das einen Pfotenabdruck ziert, im Sinne des Markenrechts verletzen?

Weil eine Katzenpfote, die zufällig einem Logo ähnelt, das passend wie „Senfflecken, die aus einem Karussel auf den Asphalt tropften“, wie ein anderer Pfotenabdruck wirkt? Deswegen werden Menschen mit bis zu 991 Euro abgemahnt? Besonders hart ist es, dass dies „nutzergenerierter Inhalt“ ist, zwar in Form eines haptischen Produktes, aber trotzdem sind hier keine Profis am Werk, von denen ich auch glaube, dass sie keinesfalls den Bekleidungshersteller Jack Wolfskin ganz plötzlich angreifen wollten. Das Verbreiten von Produkten mit einem Pfotenabdruck ist böse. Und Dawanda zieht sogar in einem offiziellen Forenposting ganz feige den Schwanz ein. Weil man die Nutzer bittet, sich vor Veröffentlichung bzw. Verbreitung solcher Produkte über die markenrechtliche Lage eigenständig in Kenntnis zu setzen.

Ja, eines steht fest: Ich persönlich werde kein Jack Wolfskin mehr kaufen. Nicht für mich, nicht für meine Frau, nicht für meine Tochter. Für niemanden. Wenn durch mein hart verdientes Geld auch nur im geringsten diese schwingende Anwaltskeule finanziert wird, dann verzichte ich auf die Produtke solcher Hersteller. Ich schäme mich sogar, einige dieser Bekleidungsprodukte zu besitzen. Wenn es um praktizierte Produktpiraterie geht, wenn Produktfälschungen, die originalen Produkten nachempfunden sind, aus dem Verkehr gezogen werden, das kann ich unterstützen. Aber in den beim Werbeblogger dargestellten Produkten ist eine Ähnlichkeit doch keinesfalls zu Jack Wolfskin nachzuvollziehen. Ach, das Portal Dawanda werde ich auch nicht nutzen oder empfehlen – einfach so, weil man seine Nutzer, die im Grunde blauäugige Schäfchen sind und einer Plattform vertrauen, leider durchaus im Regen stehen lässt und das Problem abwälzt, dass man sich fragt, warum man sich einen Marktplatz schafft, auf dem sich ein Anbieter nicht sicher fühlen kann. Vielen Dank – heute gibt es kein doppeltes Lottchen zu sehen, sondern den doppelten PR-Gau am Wochenende. Was will man mehr?

Update 1 vom Sonntag, 18. Oktober 2009:
Der Artikel vom Werbeblogger macht die Runde, auch mein Blog wird sehr aktiv verlinkt. Social Media entwickelt sich zur Macht der Konsumenten, die man niemals unterschätzen sollte. Zum Vorgehen von Dawanda möchte ich als nicht-Experte für rechtliche Themen betonen, dass selbst bei einer Distanzierung jeglicher Haftung für die nutzergenerierten Inhalte trotzdem Unterstützung für die Community-Mitglieder erfolgen sollte – und zwar mehr als nur ein Forenposting mit dem Hinweis auf die AGBs. Zumindest ist dies meine ganz persönliche Meinung.

Update 2 vom Sonntag, 18. Oktober 2009:
Ich habe eine offizielle Presseanfrage an Jack Wolfskin gestartet. Meine Fragen werde ich ab 15 Uhr am morgigen Montag veröffentlichen. Bis dahin gebe ich der PR-Abteilung von Jack Wolfskin entsprechend Zeit zur Reaktion. Amüsant ist die Tatsache, dass man sich nach Registrierung bzw. gestellter Presseanfrage für den Bezug eines Newsletters bereit erklärt hat: „Vielen Dank für Ihre Bestellung des JACK WOLFSKIN Newsletters!“ lautet es auf der Bestätigungsseite der „Presse Registrierung“.

Update 3 vom Dienstag, 20. Oktober 2009:
Wider meiner Erwartung hat sich die Presseabteilung von Jack Wolfskin mir gegenüber nicht geäußert. Sehr schade, dennoch möchte ich den Lesern dieser Zeilen den passenden Artikel dazu nicht unterschlagen: Image-Schaden durch die Pfotentatze im Netz zum Weiterlesen, Weiterleiten und Kopfschütteln.

Twittern mit mehreren Nutzern unter einem zentralen Account ist eine kleine Herausforderung. Wir alle besitzen ja unseren eigenen, in der Regel sehr privaten Twitter-Account. Doch in einigen Fällen verbreitet man ausgewählte Inhalte auch im Namen eines Unternehmens. In der PR nicht ganz unüblich, im Marketing ebenfalls kein Thema. Twitter ist schließlich der hochmoderne Kommunikations- und Distributionskanal für 140 Zeichen.

Auch wir zwitschern mit mehreren Personen. Üblicherweise schauen wir die letzten Tweets an, um inhaltliche Doppler zu vermeiden. Oder wir fragen nach und erkundigen uns kurz über interne Nachrichtensysteme – ja, wir fragen untereinander nach, ob der eine oder die andere schon ein Thema gezwitschert hat. Doch trotz aller Vorbereitung kann man sich nicht immer vollkommen abstimmen, wenn man in der Twittersphere herumzwitschert. Vor wenigen Minuten passierte jedoch der Fall der Fälle, die man mit allen Absprachen vermeiden will: Wir zwitscherten einen Doppeltweet!

Oje, manch einer wird jetzt laut rufen: „Da habt ihr einfach Pech gehabt!“ So ist es jetzt uns ergangen, als wir den neuen WebTV-Channel von Michael Kessler im Twitter-Account von @sevenload vorstellen wollten. Natürlich hatten wir dazu einen Blogpost geschrieben, um die Neuigkeit inhaltlich auszubauen. Twitter durfte selbstverständlich nicht fehlen. Weil wir unseren Nutzern im Idealfall sofort über die Inhalte informieren möchten, zwitscherten wir also los. Und nur mit einem Unterschied von vielleicht zwei Sekunden veröffentlichten wir nach bestem Wissen und Gewissen die Neuigkeit.

Nun gut. Weil wir offen damit umgehen wollen, wie wir uns allesamt auch persönlich in Social Media positionieren, möchte ich auch diesen inhaltlich doppelten Tweet nicht aus dem Twitter-Account von @sevenload löschen. Letztendlich fliegt er nach kurzer Zeit aus der Timeline heraus, bei den Followern dürfte das ebenfalls zu keiner großartigen Wahrnehmungsverschiebung führen.

Vielleicht fragt sich der eine oder andere Nutzer, wie wir Twitter befeuern. Das ist relativ einfach erklärt, obwohl wir verschiedene Dienste dafür einsetzen. Neben dem zentralen Zugang bei Twitter setzen wir dafür CoTweet ein, so dass verschiedene Mitarbeiter einen eigenen Zugang zu unserem Twitter-Account haben. Außerdem nutzen wir die Schnittstelle von unserer Facebook-Seite, um das Veröffentlichen von Videolinks zentral zu steuern. Die Vorteile liegen klar auf der Hand, das eigentliche Passwort zum Twitter-Account wissen nur wenige Mitarbeiter – und das ist auch gut so. :)

Gratis, umsonst, kostenlos. Das Internet und diverse Social Media Angebote offerieren den Nutzern unzählige Inhalte zum interagieren und konsumieren. Vornehmlich sind redaktionelle Inhalte ein hochwertiges Gut, dass von irgendwem erstellt und produziert werden muss. Die Recherche, das Schreiben, das Bereitstellen – dieser Aufwand von unzähligen Redaktionen verschlingt beachtlich viel Geld. Journalismus at Highspeed versus die Forderung nach Qualitätsjournalismus – das kennen wir ja zu genüge. Wer gute Inhalte konsumieren möchte, bezieht solche Inhalte im Abonnement gegen Bezahlung. Die Alternative für die Refinanzierung von digitalen Inhalten stellt, wie seit Jahr und Tag bekannt, die Online-Werbung in all ihren Facetten dar: Ob Display-Ads oder InVideo-Advertising – mittlerweile findet sich für jeden Content-Anbieter eine Option zur Refinanzierung des redaktionellen Aufwands.

Die berüchtigte „Kostenlos-Kultur“ im Internet ist nämlich nicht kostenlos, denn ein wirklich werbefreies Angebot gibt es nicht. Mit Ausnahme von wenigen Bloggern, die selbst keine Werbebanner oder Anzeigen schalten, oder den bekannten „Paid-Content“-Angeboten, findet der Nutzer nahezu kaum echte „kostenlose“ Inhalte, die einen inhaltlichen Informationswert oder nachhaltigen Mehrwert liefern.

Fachpublikationen und Branchenmagazine kämpfen auch in Deutschland um die Gunst der Leser. Mittlerweile nicht mehr zu wöchentlichen Erscheinungsterminen, sondern zu jeder Stunde. W&V, Horizont, DWDL, Internet World Business, kressreport oder turi2 sind besonders im Bereich Medien, Marketing und Kommunikation die Vorreiter der Informationsverbreitung. Auch bei Twitter treffen sich die Redaktionen und sind mit ihren Informationen meist schneller, als es die Post erlaubt. Kommen wir zurück zur Ausgangslage. Denn all dies möchte doch bitte finanziert werden.

Nun kommt Twitter als weiterer Distributionskanal daher, das natürlich für die Branche eine neue Option zur Verbreitung ihrer Inhalte ist. Auch gestandene Nachrichtenportale wie Spiegel Online setzen auf Twitter zur Verbreitung ihrer Nachrichten. Meist erfolgt dies als Tweet, der einer Kopie der RSS-Feeds gleicht, manchmal steckt auch eine gewisse persönliche Kommunikation, der vielgelobte Dialog auf Augenhöhe, mit den Followern statt. Die Fachmagazine rund um Medien, Marketing und Kommunikation stehen da an vorderster Stelle. Ich bin immer wieder begeistert über den einen Tweet im Dialog mit den Redaktionen. Bis dato ist diese Informationspolitik mit Dialogcharakter fast immer „werbefrei“. Bis heute zumindest.

Ab sofort startet der @kressZwitscher ein neues Vermarktungsangebot für Werbetweets:

kress bietet Ihnen ab sofort die Möglichkeit einen Anzeigen-Tweet auf http://twitter.com/kressZwitscher zu buchen. Mit dieser innovativen Werbeform können sie Nachrichten in Echtzeit kommunizieren und erreichen eine Zielgruppe, die besonders affin für aktuelle Geschehnisse in der Medien- und Marketing-Welt ist. Die Follower von „kresszwitscher“ sind aktive Multiplikatoren, die Meinungen bilden und verbreiten – unsere Nachrichten werden sehr häufig „retwittert“, das heißt, unsere Follower leiten die Nachrichten an ihre Follower weiter usw.
Pro Tag wird nur ein Anzeigen-Tweet versendet, so können wir Ihnen eine einmalige Exklusivität bieten, denn Sie müssen den Werberaum nicht mit anderen Werbungtreibenden teilen.

Bereits mit 200,00 Euro ist man beim Gezwitscher von kress mit von der Partie und kann bis zu 110 Zeichen an fast 8.000 Follower verbreiten. Eine einfache und kostengünstige Alternative, um die Werbebotschaft an den Mann und an die Frau zu brignen. Die wiederum natürlich nicht ausschließlich die Tweets in ihrer Übersicht erhalten, sondern viele weitere Tweets anderer Tweeple zum Mitlesen. Da geht ein Tweet schnell mal unter. Es vergehen nur wenige Sekunden, bis bei mir die Tweets aus der individuellen Twitter-„Home“ nach hinten durchgereicht werden. Werbung würde sich dann zumindest bei mir schnell aus den Augen verlieren. Wird also die Werbung dann auch als echte Werbung gekennzeichnet, so dass „Werbung: “ vor dem Werbetweet zu lesen ist? 10 Zeichen von 140 weniger, abzüglich der 110 Zeichen ergeben nur 20 Zeichen für eine letzte (Short-)URL auf das beworbene Angebot.

Ich nutze Twitter mit @MikeSchnoor nahezu ausschließlich privat und hoffe, dass dies meinen Followern auch bewusst ist. Neben dem üblichen Tratsch und Netzgeflüster bestehen viele Tweets überwiegend aus Links zu diversen Online-Angeboten, natürlich auch mal dem eigenen Links. Da fragt man sich doch, ob die Streuverluste von werblichen Tweets nicht sogar so hoch ausfallen, dass sich diese Offerte nicht über kurz oder lang in Wohlgefallen auflöst?

Vor allem ist die Zielgruppe der Follower viel zu undurchsichtig, da keine vollständigen sozio-demografischen Angaben für die Mediaplanung bei Twitter im Profil hinterlegt sind. Der Aufwand, jeden Follower zu analysieren, liefert über die verfügbaren Profilangaben zu wenige Details. Selbst das händische Auswerten der Nutzer über die Profillinks zu Webseiten, Blogs oder XING-Accounts beinhaltet viele ungenaue Details. Es wäre durchaus eine viel zu vage Vermutung, dass die Follower eines Mediums den typischen Leitbildern einer Media-Analyse, respektive Zielgruppen-Analyse hinsichtlich Geschlecht, Alter, Beruf, Familienstand, Einkommen und Bildung entsprechen. Bucht man den Werbetweet auf gut Glück oder sucht man die Masse statt Klasse?

Und wie wirkt sich ein Werbetweet auf die Follower aus? Würden sie die werbliche Tweets aktiv nutzen, oder doch selbst bei nur einem Werbetweet pro Tag unfollowen? Newsletter und Webseite zu kress liefern für wissbegierige Follower selbstverständlich ebenfalls die Nachrichten, die zwar mit Werbung refinanziert werden, aber durch die Detailfülle wiederum punkten können. Das Heft steht dabei außer Frage. Oder die Follower greifen natürlich auf konkurrierende Angebote zurück.

Ich bin persönlich sehr gespannt, wie erfolgreich die Werbetweets werden und ob sich hier eine Erlösquelle für gut besuchte Twitter-Accounts ergibt. Bisher hörte man in der Twittersphere nur von Fehlversuchen eines Werbetweet-Modells – so wie Social Media halt ist, springt es einem direkt, unverblümt und ehrlich zurück ins Gesicht.

Die neueste Version von „Did You Know“ ist diesmal ein brillantes Video von Karl Fisch, das die veränderten Bedingungen der Medienwelt überaus eindrucksvoll und zeitgemäß mit überwältigenden Zahlenbeispielen darstellt.

Unbedingt anschauen! (via Spreeblick)