Homeoffice und Büropräsenz im Mittelstand

Seit dem 20. März gelten die neuen Corona-Regeln für den Arbeitsplatz, wodurch die Homeoffice-Pflicht abgeschafft ist. Für viele Berufstätige geht es pünktlich zum Wegfall der gesetzlichen Home Office-Pflicht wieder zurück in den Büro-Alltag, komplett oder zumindest teilweise. Eine aktuelle Studie bestätigt, dass die Rückkehr ins Büro sich für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer herausfordernd gestaltet. Unternehmen sollten den Bedarf der ehemaligen Präsenzpflicht prüfen und im Austausch mit den betroffenen Personen einen Konsens finden.

In der neuen Corona-Arbeitsschutz-Verordnung der Bundesregierung wird die Möglichkeit zur Fortführung von Home Office direkt benannt: Arbeitgeber können weiterhin im Einvernehmen mit den Beschäftigten die Arbeit im Homeoffice anbieten, wenn keine betrieblichen Gründe entgegenstehen und diese im Interesse des betrieblichen Infektionsschutzes liegt. Die Work-Life-Balance, also das harmonische Zusammenspiel von produktiver, ergebnisorientierter Arbeit und dem privaten, familiären und freizeitgeprägten Leben, hat in den letzten zwei Jahren eine noch höhere Bedeutung gewonnen als zuvor.

Home Office liegt im Trend

Das Institut der Deutschen Wirtschaft konnte in einer eigenen Untersuchung aufzeigen, dass Home Office oder das grundsätzliche Prinzip von mobilen Arbeiten außerhalb des Büros von der Mehrheit der Deutschen und ihrer Arbeitgeber betrieben wird. Waren es vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie erst 13 Prozent aller Erwerbstätigen und knapp 10 Prozent aller abhängig Beschäftigten in Deutschland, stieg die Zahl in den letzten zwei Jahren deutlich an. Bis zu 49 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland kamen ihrer Tätigkeit regelmäßig und dauerhaft in ihrer häuslichen Umgebung nach.

Die Zukunft der Arbeit wird digital sein, also unabhängig von Ort und Zeit. Dass die mitunter gravierenden Veränderungen der digitalen Transformation kein Selbstläufer sind, sondern aktiv vom Wandel hin zu einer neuen Führungs- und Arbeitskultur begleitet werden müssen, liegt auf der Hand. Die meisten Unternehmen haben mit Beginn der Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass die meisten Angestellten den Wechsel vom Büro zum häuslichen Arbeitsplatz durchführen konnten.

Dauerhafter Kulturwandel ist möglich

Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer  (78 Prozent) wünscht sich langfristig mehr Home Office – die Mehrheit an zwei bis drei Tagen pro Woche. Dies geht aus einer PwC-Studie hervor, die das positive Stimmungsbild gegenüber flexiblen Arbeitsmodellen bestätigt. So schätzen 65 Prozent die Flexibilität bei der Arbeitseinteilung. Im Gegenzug setzen viele Unternehmen auf die sich veränderte Arbeitswelt. Meist vor dem Hintergrund von Kosteneinsparungen durch Flächenreduzierungen plant eine große Mehrheit der Unternehmen (96 Prozent) die Einführung von neuen Büroarbeitsplatzkonzepte oder deren aktive Umsetzung. So lässt sich die gewünschte Flexibilität bei möglichst gleichbleibender Produktivität erreichen. Ein somit dauerhafter Kulturwandel muss von der Unternehmensleitung gewollt und angestoßen werden. In einer aktuellen Publikation der Mittelstand-Digital Initiative lässt sich dieses Vorgehen in einzelne Teilschritte aufgliedern:

  1. Vertrauen aufbauen
  2. Kommunikation transparent machen
  3. Klarheit und Struktur geben
  4. Verantwortung abgeben
  5. Selbstorganisation fördern
  6. Raum für Kreativität und Innovation schaffen
  7. Fehler- und Feedbackkultur vorantreiben
  8. Ganzheitliche Führungskultur stärken

Die Unternehmensführung und ihre Beschäftigten sollten sich auf einen Konsens einigen, um die betrieblichen Notwendigkeiten und individuellen Belange abzuwägen, so dass angemessene Lösungen zur möglichen Fortführung von Home Office im individuellen oder gesamtbetrieblichen Kontext möglich ist.

Wieder gefragt: Kompromisse und Fingerspitzengefühl

Zwar konnten die meisten Untersuchungen kaum nachteilige Effekte hinsichtlich der Produktivität identifizieren. Aber nach der Isolation im Home Office fällt es fast der Hälfte der Arbeitnehmer schwer, mit den Kollegen zusammen zu sein. Dies bestätigt eine Censuswide-Studie, die im Auftrag von LinkedIn unter über 1.000 deutschen Angestellten entwickelt wurde, um Einblicke in die Befindlichkeiten der Büro-Rückkehrer zu liefern. So befürchten vier von zehn Personen, sie hätten teilweise oder völlig verlernt, wie sie sich im Büro richtig verhalten. Die Rückkehr an den vor rund zwei Jahren verlassenen Arbeitsplatz wirkt befremdlich. Für fast ein Drittel der Befragten beginnt die erste Herausforderung schon zu Hause bei der Wahl der passenden Kleidung. Mehr als jede dritte Person hat Schwierigkeiten, neu entdeckte Freiheiten wie lautstarkes telefonieren oder die Heizung nach dem persönlichen Wohlbefinden auf- oder abzudrehen.

Außerdem gaben 40 Prozent der Befragten an, dass sie es nicht mehr gewohnt sind, einen ganzen Tag Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. Dieses Unwohlsein gilt auch für Team-Meetings: nur jeder zweite fühlt sich gut dabei, an Veranstaltungen am Arbeitsplatz teilzunehmen – angefangen beim gemeinsamen Mittagessen bis hin zu After-Work-Treffen. Doch nicht nur das Zusammensein ist eine Herausforderung, sondern auch die Kommunikation. 29 Prozent geben an, Schwierigkeiten beim Socializing zu haben. Fast ein Drittel ist aus der Übung, Präsentationen persönlich vor Gruppen zu halten (28 Prozent) oder Smalltalk mit den Kollegen zu führen (31 Prozent).

Viele Menschen wünschen sich zwar eine Rückkehr ins Büro, jedoch zeigen die verschiedenen Studienergebnisse deutlich: Es kommt auf die Unterschiede der Menschen und somit der Arbeitsmodelle an. Wer die Angestellten häufiger im Home Office ihrer Tätigkeit nachgehen lässt, wird in der Regel weniger kostenintensive Büroflächen benötigen. Zugleich kann sich die Flexibilität auf die Menschen positiv auswirken, indem die eingangs erwähnte Work-Life-Balance für mehr Produktivität und Ausgeglichenheit sorgt. Moderne flexible Arbeitsformen sollten nicht als Selbstzweck dienen, sondern zu den innerbetrieblichen Prozessen passen. Wer als Unternehmen passende Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten liefert, kann in Zukunft als umso attraktiverer Arbeitgeber gelten.

Publikation zu Arbeit und Digitalisierung

Warum Digitalisierung besser mit einer partizipativen Arbeitskultur gelingt, zeigt die Initiative Mittelstand-Digital in einer aktuellen Publikation. Zur nachhaltig erfolgreichen Einführung von digitalen Anwendungen ist das Engagement der Menschen, die in den Unternehmen damit arbeiten, ganz wesentlich. Nur wenn die Mitarbeitenden von der Vorteilhaftigkeit der Digitalisierung überzeugt sind und mit positiver Einstellung die Veränderungen mittragen, können die Potenziale der digitalen Technik wirklich ausgeschöpft werden. In dieser Publikation erfahren Sie wie Arbeitsplätze durch Digitalisierung attraktiv werden können, wie digitale Veränderungen aktiv zu gestalten sind und wie sich die Führung im digitalen Zeitalter verändert.

Das Mittelstand-Digital Zentrum Rheinland unterstützt kleine und mittlere Unternehmen dabei, die Digitalisierung ihrer Prozesse und Geschäftsmodelle zu prüfen. Indem insbesondere die produzierende Wirtschaft, Dienstleistungsunternehmen und das Handwerk dabei begleitet werden, ihre Digitalisierungsvorhaben umzusetzen, können wichtige Faktoren wie die Zufriedenheit der Belegschaft und die Arbeitsbedingungen durch und mit der Digitalisierung berücksichtigt werden.