Was fehlt den Digitaltrends 2016 des BVDW?

Alle Jahre wieder veröffentlicht der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. seine Trends für das kommende Geschäftsjahr, anhand derer das Geschäft der Mitgliedsunternehmen in der Interessensgemeinschaft stark geprägt wird. Im Fokus des Ausblicks für 2016 befinden sich diesmal die Themenwelt rund um Daten, Internet der Services, Automatisierung, Connected Commerce und die digitale Organisation der Arbeitswelt. Doch werden diese fünf Schwerpunkte tatsächlich dem Anspruch gerecht, als echte Digitaltrends 2016 bezeichnet zu werden?

1. Das Internet der Dinge führt zu einem exponentiellen Anstieg an Daten

Die steigende Anzahl vernetzter Endgeräte führt zu einer stark wachsenden Datenbasis. Nach Ansicht des BVDW werden Erhebung, Analyse, Nutzung und Verwaltung von Daten ebenso an Relevanz gewinnen wie im Zuge dessen gleichermaßen die Aspekte Datenschutz und Datensicherheit. Mit der wachsenden Datenbasis wird auch die Customer Journey über alle Kanäle und Endgeräte hinweg deutlich besser abbildbar sein und allen Marktteilnehmern wie auch den Konsumenten selbst perspektivisch erhebliche Mehrwerte bieten.

2. Das Internet der Dinge wird zum Internet der Services

Infolge der weiteren Verbreitung daten­verarbeitender mobiler Endgeräte und anderer vernetzter Dinge werden sich neue Geschäftsmodelle auf Basis des Prinzips „Pay what you do“ etablieren. Insbesondere Angebote der „Sharing Economy“ werden im Zuge dessen einen weiteren Auftrieb erleben. Durchgehend digitalisierte Prozesse sind laut BVDW die Grundlage für automatisch individualisierte Services, die den Bedürfnissen der Verbraucher entsprechen.

3. Weitere Automatisierung in allen Bereichen der digitalen Wertschöpfungskette

Während sich die datengetriebene Automatisierung im Marketing bereits etabliert hat, wird sie sich künftig auf Basis einer deutlich verbesserten Datengrundlage auch durch alle weiteren Bereiche der digitalen Wertschöpfungskette ziehen. Dabei wird die zunehmende Automatisierung besonders dem wachsenden Bedarf der Personalisierung entgegenkommen. Seien es den persönlichen Präferenzen entsprechend ausgespielte Inhalte oder eine durch automatisierte Prozesse ermöglichte Massenproduktion individuell gefertigter Produkte.

4. Das vernetzte Einkaufserlebnis wird real

Die Verzahnung von ehemals separat betrachteten Kontaktpunkten zwischen Händlern und Konsumenten wird besonders durch die steigende Anzahl vernetzter Endgeräte im Internet der Dinge enorm zunehmen. Die Grenzen zwischen stationärem und digitalem Handel verwischen mehr und mehr; daraus resultiert eine ineinandergreifende Nutzererfahrung. Der Einkaufsprozess wird gänzlich digital unterstützt und ermöglicht Konsumenten ein konsistentes, kontextspezifisches Nutzungserlebnis.

5. Die digitale Arbeitswelt durchbricht räumliche und hierarchische Einschränkungen

Die voranschreitende Digitalisierung verändert die bisherige Arbeitswelt und bricht etablierte Strukturen auf. Digitale Fachkräfte werden sich eher hochspezialisierten, firmenübergreifenden Communities zugehörig fühlen als der eigenen Firma und Ordnungs- und Hierarchiesysteme in Frage stellen. Die räumliche Verortung des Leistungserbringers verliert an Bedeutung während die Verantwortung für einen immer komplexer werdenden Aufgabenbereich wächst.

Was fehlt diesen Digitaltrends?

Unter Trendforschung versteht man in der Regel die Beschreibung und Analyse von Veränderungsprozessen, die sich auf die unterschiedlichsten Bereiche des Lebens in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auswirken. Trends lösen bekanntermaßen neue Bewegungen aus und weisen den Weg zu einer Lösung auf. Der Ausblick über die fünf Digitaltrends des BVDW zeigt jedoch nicht die eigentliche Wirkung auf die drei Kernbereiche von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auf, sondern informiert nur über die Konstanten der Gegenwart.

Gewiss dürfen aktuelle Probleme im Sinne eines Agendasettings für den Verband aufgezeigt werden, um die Schwerpunkte der Verbandsarabeit für das kommende Jahr zu identifizieren. Darin leistet der BVDW bekanntlich gute Arbeit, aber einen wirklichen Einschlagskrater hinterlassen diese Trends nicht. Schließlich muss jeder Trend einen Einblick in die Zukunft liefern und anhand der Veränderungen erklären, wie sich konkret das Verhalten von beispielsweise den Verbrauchern, ihren Entscheidungsprozessen und das Konsumverhalten verändern kann. Trends dürfen keine geschäftliche Opportunität darstellen, sondern sollten aufgrund der Summe an Erfahrungen ein Gefühl für die Zukunft eines Marktes etablieren. Von diesem Gefühl, dem Gespühr für Trends und dem Trendsetting-Aspekt kann man im Ansatz etwas erkennen, jedoch sollten diese Trends mehr Fleisch am Knochen besitzen, um wirklich dem Anspruch der Digitaltrends 2016 gerecht zu werden.