Blogparade über Zeitungen, Zeitschriften und Bücher: Lesen wir noch Gedrucktes?

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Neben aller Digitalität, die uns im Alltag zwischen Apps, Clients, Downloads und sonstigen Aspekten unserer modernen Internet-Gesellschaft beschäftigt, besitzen gedruckte Werke für viele Menschen immer noch einen unnachgiebigen Anreiz. Freimutig darf ich voller Stolz behaupten: Ja, auch ich lese gerne Gedrucktes. Zeitungen, Zeitschriften, Bücher. Daher erlaube ich mir trotz meiner sehr offensichtlichen Affinität zu digitalen Themen hier einen kleinen persönlichen Einblick in eine Faszination Papier – ja, eine Faszination non-digital zu geben. Zugleich bitte ich die freudigen Leser, sich den Text zu Herzen zu führen und in sich zu kehren. Für diesen Artikel rufe ich zu einer kleinen Blogparade auf und würde mich freuen, weitere interessante Beiträge über Zeitungen, Zeitschriften und Bücher lesen zu dürfen.

Lektüre der Jugend

Gehen wir von den jungen Jahren aus, sog ich als kleiner Junge viele Bücher inbrünstig auf. Ohne Frage waren digitale Inhalte in den frühen 80ern bis in die 90er Jahre eher Mangelware. Also las ich, konsumierte die Inhalte aufgrund meines frisch erworbenen Wissens über – nennen wir es einfach die Buchstabensuppe. Der Geruch und die Geräusche des Papieres zwischen meinen Fingern vermittelten einen positiven Eindruck. Bücher gaben dieses Wohlfühlgefühl direkt aus dem Mandelkern. Während im zarten Kindesalter meine Lesebereitschaft gewiss auf einem Höchststand war, ebbte diese mit dem Heranreifen über die Jahre naturgemäß ab. Dies mag gewiss durch pseudowissenschaftliche, die so genannte pädagogische Lektüre während der Schulzeit gelegen haben, aber auch das Medium namens Fernsehen beeinflusste ein zunehmendes Desinteresse am eigenständigen Lesen.

Doch ich beharrte zumindest auf Informationen, um den Wissensdurst des Geistes zu stillen. So entschied ich mich kurzerhand für das meiner Meinung nach richtige Medium: An die Stelle des Buches trat konsequenterweise die Zeitung. Wie herrlich war das knisternde Papier, das leichte Spuren von frischer Druckerschwärze auf meinen Fingern hinterließ… die Zeitung konnte begeistern. Gefunden auf dem elterlichen Frühstückstisch oder endlich nach der Schule, erquickte ich mich am täglichen Geschehen aus der Region. Doch als erwachsener Mensch verirrten sich meine Interessen wiederum anderweitig, so dass die letzte Zeitung als regelmäßige Morgen- oder Tageslektüre bis ungefähr ins Jahr 2002 hinein von mir gelesen wurde. Dieser Zeitpunkt, an dem mein kostenreduziertes Freiabonnement des alten Arbeitgebers von der Marke Zeitungsverlag auslief, markierte also eine persönliche Wende meines Medienkonsums.

So war es nicht verwunderlich, dass die gedruckte Zeitung mit lokalem und regionalem Bezug recht schnell dem Online-Auftritt manche überregionalem Titel, Fachzeitungen und international bekannter Publikation weichen musste. Doch anstatt am Kiosk die jeweiligen Blätter und Titel zu kaufen, frohlockten die Verlage mit immer besseren und schnelleren Online-Präsenzen. Die nächsten Jahre meiner selbst waren ohne Frage durch zahlreiche vom Bildschirm abhängige Lesezyklen beeinflusst. Die Online-Redaktion vom Spiegel hinterließ einen professionellen Eindruck, vor allem zu der Zeit, als wir während 9/11 versuchten, die Website unserer Lokalzeitung unter der Last am Laufen zu halten, dominierte Spiegel durch zumindest gefühlte Erreichbarkeit und Aktualität. Nun, nicht immer konnte man gewinnen… ;)

Aber genau in diesen Jahren der Veränderung, rund um die Jahrtausendwende, verließ mich das Interesse am gedruckten Wort. Zuerst Zeitungen und Zeitschriften. Bücher existierten für mich letztlich nur noch im Regal und verstaubten vor sich hin. Auch einzelne Titel, die ich doch vom Zeitungskiosk gekauft hatte, vergilbten langsam aber sicher in der Ecke. Ich sammelte die Publikationen vielmehr aus Interesse anstatt zum Lesen. Was vor Jahren als Tageszeitung noch eine Begeisterung ausübte, womit wir wieder beim initialen Begriff der Faszination wären, ebnete sich durch das aufkeimende Internet den Weg hin zu einem Konkurrenzkampf der Medien. Während das Fernsehen dauerhaft und mäßig berichtete, das Radio noch eine Aktualität der Stunde aufwies, verlor der gute alte Print gegenüber den Online-Medien immer stärker. Als digital affiner Mensch musste ich mich mit dem Internet als Kommunikations- und Informationsmedium auseinandersetzen. Immer stärker drang das Internet von der dunklen Nische im Arbeitszimmer in den Mittelpunkt des Informationskonsums. Spannend. Faszinierend. Verlockend. Beeinflussend. Internet. Und Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher spielten immer stärker eine Nebenrolle.

Intermezzo Infernale

Stopp, halt, wie bitte? Ein PR-Fuzzi outet sich als Abstinenzler seines abgöttisch zu verehrenden Counterparts? Klar, wir PR-Leute leben davon, dass unsere Geschichten sich in den Medien in zumeist massenmedialer Verbreitung wiederfinden. Wer nicht die Medien liest, der nicht gewinnt? Gewiss mag nun der eine oder andere Zeitgenosse sich darüber wundern, weshalb sich jemand wie ich, der sich hauptberuflich verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zeichnet, über mehrere Jahre hinweg sich dem grundlegenden Medium auf Papier verschließen mag – und dies offenkundig im Blog bekannt gibt? Tja, ganz so einfach ist es doch nicht. ..

Wandel der Medienlandschaft

Der Journalismus veränderte sich und damit auch meinen Medienkonsum. Gute Geschichten, die ich zumindest während meiner jungen Jahre in der Lokalpresse genoss, verkrüppelten zu maroden Berichten, die lieblos voller subjektiver Machart gestrickt wurden. Das beste Beispiel für diese verkümmerten Ansätze lassen sich anhand der typischen Sportseiten aufzeigen. Wo früher jeder erdenkliche Verein seinen Platz mit informativen Berichten, teils auf mehreren Seitenstrecken fand, existierten auf diesen Seiten bald nur noch ein oder zwei Texte mit sportlichen Informationen und überregionale Berichte. Die regionale Tabelle und gut war’s? Neben der personellen Reduktion der Sportredaktion war für mich als Leser eines relativ kleinen Lokalblattes war schnell klar: Die Anmut des Schreibens fehlte den Redakteuren. Leider nicht nur im Sportteil, sondern insgesamt in der lokalen Berichterstattung. Die überregionalen Themen stammten zumeist von den Korrespondenten in der Landeshauptstadt oder waren von der dpa verfasst. An die Stelle guter Artikel rückte die Naivität von geschäftsführenden Praktikern, welche den Endkampf gegen das digitale Zeitalter heraufbeschworen und ihren eindrucksvollen Inzest durch Ausgliederungen, Integrationen, Verkleinerungen und sonstigen Mechanismen der Hilflosigkeit in den Redaktionen ausübten.

Das Lokalblatt verlor nicht nur seinen Anreiz, sondern die Attraktivität. Für mich als zumindest jüngeren Leser – gemessen an den üblichen Zielgruppen der regelmäßigen MA bin ich zumindest im unteren Teil vom Altersdurchschnitt anzusiedeln. Davon unabhängig wurden viele Themen, die überregionalen Bezug und wirtschaftlich oder politischen Charakter besaßen, bereits im Internet gespielt und waren damit am folgenden Tag nicht sofort faszinierend. Die notwendige Tiefe der Lokalpresse wurde nicht nur personell verdünnt, sondern inhaltlich abgeflacht, dass man von Nordsee zu Ostsee über den Zeitungsteppich waten konnte – ausgemerzt mit Tristesse.

Nach all diesen medialen Eskapaden übt das gedruckte Wort auch heute noch eine pure Faszination auf mich aus. Zwar habe ich bewusst für viele Jahre auf ein festes Abonnement einer täglichen Printpublikation verzichtet, jedoch schätze ich nach wie vor die journalistische Arbeit und kaufe regelmäßig den einen oder anderen Titel am Kiosk. Ja, mittlerweile wage ich wieder den Kauf einer Morgenlektüre am Zeitungskiosk. Doch nicht das Ursprüngliche im Lokalen, sondern das Wirtschaftliche steht in meinem Fokus. Ich genieße die Zeitungsartikel, bleibe aber nicht bei einem Titel. Vielmehr wechsle ich nach Gusto die Publikationen. Die Voraussetzung ist die entsprechende Titelgeschichte. Der Lead muss sitzen, um mich zum Kauf zu überzeugen. Selbstverständlich habe ich berufliche Gründe, doch an meiner Wurzel erkennt man, dass ich die traditionell manifestierte Vierte Macht im Staate sehr schätze. Dass wir im Social Web die Fünfte Macht als Kollektiv von Individuen vorfinden, ist eine evolutionäre Errungenschaft unserer Zeit – wir sollten stolz darauf sein.

Gedrucktes als Lesestoff

Entferne ich mich von der täglichen Schreibe aus den Medien, anders als Zeitungen und Zeitschriften, sehe ich um mich herum wieder die Bücher. Es sind mittlerweile zahlreiche Bücher geworden, die verschiedene Zwecke erfüllen. Was anfangs mit der Ebbe verschwand, kam nach Jahren mit einer Flut zurück. Denn auch für mich gilt: In meiner Familie sind Bücher eine äußerst begehrte Ware. In unserem Arbeitszimmer sammeln sich unzählige Werke verschiedenster Inhalte und Stilrichtungen. Im Wohnzimmer finden sich praktische Bücher mit Tipps, Rezepten und Anregungen zum Basteln. Überall liegen Bücher verstreut, wenn unsere zwei Zwerge ihre Interessen ausleben. Glücklicherweise lieben unsere beiden Kinder ebenfalls ihre Bücher. Nicht nur ich oder meine Frau schmökern gerne auf der Couch oder im Bett nach dem getanen Tageswerk vor uns hin. Meine wahre Leidenschaft dem Buche gegenüber entdeckte ich erst, als ich selbst Vater wurde. Wenn zwei Kinder ihre Eltern fordern, eine Geschichte erzählt zu bekommen, helfen Bücher in fast jeder Lebenslage.

Als digitaler Asket schätze ich wieder Bücher. So manches Mal, wenn ich einen ruhigen Moment erlebe, greife ich gerne zum Buch und tauche in ferne Welten, gleite in Gedanken von mir und erlebe die Fantasie der Gedanken, welche sich um jedes noch so kleine Wort kräuseln. Dem Geruch dieser Seiten, welche veraltet sind oder doch so druckfrisch, kann kein digitales Lesegerät entgegen wirken. Faszination Buch als moderner Lebensinhalt. Mit dem Elterndasein genieße man die Zeit, nach einem arbeitsreichen Tag und den leider kurzen Momenten mit den eigenen Kindern, sich mit einem Buch oder einigen guten Artikeln zu entspannen. Gewiss konsumiere ich die journalistische Qualität am Tage, dafür lehne ich mich fast jeden Abend wiederum zurück und schmökere gerne in den Lettern einzelner kreativer Geister, die ihre Welten für mich erlebbar machen. In angenehmen Licht getaucht, wirken die weißen Seiten in goldenen und gelben Farbtönen. Seite für Seite, bis meine Augen müde zufallen. Dieses wundervolle Erlebnis kann nie durch ein Tablet-PC der digitalen Sphären erfüllt werden.


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Bücher als Gesamtkunstwerk

Von Zeitungen über Zeitschriften als Medien und Informationen zu Büchern als sinnhaftiges Erlebnis – ich genieße mittlerweile fast alles, was greifbar ist. Wenn über 2,7 Millionen Zuschauer sich bereits dieses Video angesehen haben, sind dies meiner Meinung nach noch zu wenig. Hier wird die Faszination des Buches, des gedruckten Wortes, auf wundervolle spielerische Weise zu einem Gesamtkunstwerk erstellt. Wenn dieses Video als abschließendes Element meines Gedankensolos auf den Leser dieser Zeilen wirkt, freut es mich. Wie ergeht es euch? Welche Emotionen verbindet ihr mit Zeitungen, Zeitschriften und Büchern? Lest auch ihr noch gerne gedruckte Werke?

Hinweis: Die Blogparade soll von heute an bis zum 29. Februar 2012 laufen. Macht mit. Ich freue mich! ;)

20 Kommentare
  1. Andrea sagte:

    Ein Blog-Beitrag der zum Denken anregt. Und zum Schreiben natürlich – hier mein Beitrag zur Blogparade:

  2. Christine sagte:

    Schade, Blogparade verpasst (obwohl ich den Aufruf vor ein paar Tagen schonmal gesehen habe), die Beiträge (nein, hab noch nicht alle gelesen) sind sehr schön geworden. Ich lese ja Literatur nach wie vor nur gedruckt, gar nicht aus ideologischen Gründen – glaube ich. Aber ich wäre ja auch ohne meinen analogen Kalender zum Reinkritzeln verloren. Bei der nächsten Runde (in zwei Jahren?) überprüfe ich das mal.

    Vielleicht hab Ihr ja einstweilen Lust, bei meiner Blogparade zum Thema Literatur mitzumachen, Eure Beiträge interessieren mich sehr. Es geht um ein wichtiges Buch Eures Lebens, Genre und Device egal. Spätestens zum 21. April sollte der Post da sein – zum Welttag des Buches (23. April) schreibe ich ein kleines Resumee für den Kölner Stadt-Anzeiger. Hier geht’s zur Blogparade – http://christine-badke.ksta-blogs.de/?p=569 – Und Mike, dabei fällt mir ein, dass ich Dich immer noch dringend anrufen muss ;)

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