Macht Ross Antony neuerdings Werbung für easyJet?

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Vor etwas mehr als einem Jahr kündigte der deutsche PR-Rat an, stärker gegen Schleichwerbung im Internet vorzugehen. Insbesondere richtete sich die Forderung an Blogger, den Absender der kommunikativen und werblichen Maßnahmen offenzulegen. Aus aktuellem Anlass kann man bei Facebook, Twitter und MySpace oder per Video sehr gut beobachten, wie Ross Antony, zugleich Prominenter und auch Blogger, sehr aussagekräftig für die Fluglinie „easyJet“ als Testimonial auftritt. Darf man das? Ich fragte nach…

Wenn jemand offiziell als Testimonial für ein Unternehmen auftritt, spricht nichts dagegen, aber was, wenn keine offizielle Absenderkennung ersichtlich ist? Die verschiedenen Mini-Präsenzen von easyJet zeigen das Testimonial über selbige Social Networks sehr deutlich in einem direktem Bezug zum Unternehmen, wie sich an den verschiedenen Screenshots leicht nachvollziehen lässt. Gleiches gilt auch für das Unternehmen, welches in den einzelnen Online-Präsenzen von Ross Antony mehr oder weniger effektvoll eingebunden wird.

Auf eine erste Frage in der offiziellen Facebook Fanpage, ob das Unternehmen mit einem Testimonial werbe oder eben nicht, wurde leicht ausweichend geantwortet. Aber als jemand, der den sehr offenen und transparenten Dialog zwischen Kunden und Unternehmen schätzt und lebt, lies mich diese Antwort aufhorchen, so dass ich gestern freundlich um Stellungnahme bis heute Vormittag bat.

„Liebes easyJet Deutschland Team, eine ganz einfache Frage wie diese lässt sich wohl beantworten. Also, ich bitte Sie freundlich bis 10.00 Uhr zum 15. November 2011 um eine offizielle Stellungnahme, warum Sie es nicht bestätigen möchten, dass Ross Antony ihr offensichtliches Testimonial und scheinbar kein einfacher Fan ist. Danke.“

Meine einfache Bitte, bei Facebook konkret zu antworten, wurde jedoch bisher nicht beantwortet. Obwohl Facebook der Kommunikation mit den Nutzern dient, wie sie auch vom Unternehmen bereits in der Fanpage ausgelebt wird, möchte man sich hier lieber scheinbar ausschweigen? Auf andere Kommentare in Facebook reagiert easyJet und/oder deren betreuende PR-Agentur gemäß der unverbindlichen „Hausregeln„. Werden bewusst einzelne Anfragen zur Stellungnahme ignoriert?

Ich finde das höchst seltsam. Transparenz, Dialog und Authentizität gelten als oberstes Credo der Kommunikationsbranche. Das ganze Spiel mit den Fotos des Testimonials und kleinen Hinweisen zum Unternehmen quer über die verschiedenen Portale wirkt in der Konstellation leider wie Schleichwerbung. Geregelt wird Schleichwerbung im Wettbewerbsrecht (§§ 6 Abs.1 Nr.1 TMG, 4 Nr. 3 UWG) sowie in einzelnen Regelwerken der jeweils eingesetzten Onlineportale und Social Networks. Auch in den Nutzungsbedingungen von Facebook werden wahre Angaben gefordert und die Verschleierung von kommerzieller Tätigkeit untersagt, wie ziemlich gut bei Spreerecht.de insbesondere zum Bereich Social Media nachzulesen ist. Ersetzen wir alleine das Wort „Blog“, könnte man dies analog (oder digital) für jede Äußerung bei Facebook, Twitter oder MySpace werten:

Tarnung von Werbung als objektive wissenschaftliche, journalistische oder fachliche Äußerung:
Rechtswidrig handelt, wessen Blog [Anmerkung – hier: „Post„] den Anschein erweckt, es handelt sich um einen objektiven und unabhängigen Beitrag, obwohl dieser tatsächlich gesponsert ist und dazu dient für ein bestimmtes Unternehmen zu werben. In diesem Fall muss ein Hinweis auf dieses Sponsoring erfolgen. Das besagt das so genannte „Trennungsgebot”, nach dem redaktionelle Inhalte klar von gesponserten und Werbeinhalten getrennt sein müssen.“

[…]

Verschleierung beim Absatz von Waren oder Dienstleistungen:
Täuscht ein Unternehmer über seine Unternehmereigenschaft und gibt vor als Privatperson zu verkaufen, so ist dies rechtswidrig. Dies kann auch unfreiwillig passieren: Selbst wenn eine Privatperson seine Auktionen als „privat” bezeichnet, kann es schnell passieren, dass der Handel [bei eBay] als gewerblich einstuft wird.

Schon ein starkes Stück, dass Nutzern die Illusion vorgespielt wird, das betreffende Testimonial würde als ganz normaler Fan so intensiv mit den Logos und Produkten des Unternehmens freiwillig sich in Szene setzen lassen. Wenn ein Testimonial in einer klassischen Werbung auftaucht, die als Print-Anzeige, TV-Spot oder Radio-Spot umgesetzt wird, kann beim Bundesbürger davon ausgegangen werden, dass der werbliche Charakter bewusst ist. Doch die Art und Weise, wie hier bei Facebook, wo insbesondere jugendliche Nutzer den „Star“ als Testimonial erkennen, sollte unbedingt darauf hingewiesen werden, dass das Testimonial nicht einfach als Fan auftritt, sondern dafür womöglich bezahlt wird. Zudem sollten durch monetäre Zuwendungen abgegoltene Tätigkeiten auch angegeben werden – nicht ohne Grund wird von Bloggern, zu denen Ross Antony ja dank seines namentlich gekennzeichneten Blogs bei MySpace zählt, vom Deutschen Rat für Public Relations genau diese Offenlegung gefordert.

Unabhängig davon hat der Deutsche PR-Rat als Zusammenschluss von DPRG, GPRA, BdP und de’ge’pol speziell für Verstöße gegen die PR-Kodizes der Branche eine eigene „Beschwerdekammer V: Internet“ unter dem Vorsitz von Ulrich Nies in Zusammenarbeit mit Dr. Alexander Güttler und Helmut von Stackelberg eingerichtet. Vielleicht wäre dies zur Anregung mal ein Fall, mit dem man sich auseinander setzen könnte…?

Der neue Artikel zum Thema seitens RA Thomas Schwenke von Spreerecht analysiert fachlich die rechtlichen Herausforderungen zum Thema Schleichwerbung im Internet. Natürlich bin ich kein Rechtsexperte, aber ich wünsche mir als Kommunikator deutlich mehr Transparenz von Unternehmen und/oder ihren Kommunikationsagenturen – egal ob deutsch oder international. Wenn Werbung, dann bitte richtig und ehrlich. Man kann schließlich auch geile, ziemlich geniale Werbung machen, die im Internet wie eine Bombe einschlägt. Vielen Dank!


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Nachtrag: Etwas mehr als einen Tag nach der Anfrage, wenige Stunden nach dem Blogpost und dem Aufspringen von zwei Journalisten aus führenden Fach- und Branchenmedien äußerte sich easyJet Deutschland und/oder ihre PR-Agentur auf unsere Kommentare mit folgendem Statement:

„Zwischen easyJet und Ross gibt es eine Kooperation, siehe auch den Link zu seiner MySpace-Seite. Ross wird von uns mit Flügen unterstützt, weil er ein echter Fan und Vielflieger ist. Schon vor unserer Zusammenarbeit ist Ross oft mit easyJet geflogen, da seine Pension über Gatwick so gut zu erreichen ist. Wir entschuldigen uns, wenn die Kooperation zwischen Ross und uns bislang nicht deutlich wurde.“

Wie schön, dass der Dialog endlich funktioniert. An anderer Stelle wurde bereits offenkundig bei Facebook in den Kommentaren gefragt, ob Ross Antony ein Testimonial wäre, und diese Anfrage wollte bislang offensichtlich niemand bestätigen. Müssen erst Meinungsführer im Social Web und Journalisten direkt bei dem Unternehmen anfragen, damit Nutzer mehr wissen? Wie hatte sich easyJet denn bitte gedacht, bei Facebook transparent, authentisch und glaubwürdig aufzutreten?

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  1. […] Mike Schnorr hat dazu einen Blogbeitrag verfasst, in dem er meint: Schon ein starkes Stück, dass Nutzern die Illusion vorgespielt wird, das betreffende Testimonial würde als ganz normaler Fan so intensiv mit den Logos und Produkten des Unternehmens freiwillig sich in Szene setzen lassen. […]

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