XING Relaunch 2011 – Gewollt gekonnte PR mit aller Gewalt?

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Nach langer Zeit der Stille und manch kritischen Stimmen offenbart XING auf der morgen stattfindenden next11 sein neues Gewand. Das bekannte Businessportal wurde einem grundlegenden Relaunch unterzogen und schaut wirklich anders aus:

Kurzum – ich finde den Relaunch durchaus attraktiv gestaltet. Aufgrund der Aktualität dieses Themas, welches schlichtweg in diesen Minuten durch das Webgeistert und natürlich morgen zur next11 offiziell präsentiert werden soll, können die folgenden Informationen über den Relaunch einige werbliche Äußerungen von XING beinhalten, aber sie bieten durchaus interessante Punkte, die ich gerne öffentlich vorstellen möchte.

Klar und intuitiv

Dank der neuen Seitenstruktur auf XING sollen Nutzer auf einen Blick sehen, was sie weiterbringt – von den relevanten Inhalten bis zu den passenden Handlungsmöglichkeiten. Da die Seitenstruktur auf ganz XING identisch ist, soll man sich überall intuitiv zurecht finden. Darüber hinaus soll eine neue schlanke Navigation den direkten Einstieg in die verschiedenen Themenbereiche erleichtern. Ob dies natürlich für altgediente XING-Poweruser funktioniert, bleibt wirklich abzuwarten. Die gängige Erfahrung zeigt, dass bei fast jedem Relaunch eines Portals die neuen Änderungen viele langjährige Nutzer nicht begeistern konnten.

Neue Seitenstruktur und vereinfachte Navigation: Schneller das Wesentliche sehen
„In der neuen Struktur haben wir darauf geachtet, dass Funktionalität sich immer dort befindet, wo Nutzer sie am ehesten suchen und brauchen. Wir haben XING komplett um die Ziele unserer Mitglieder herum strukturiert und dazu eine neue, klare und einfach verständliche Architektur entwickelt, die sich auf allen Bereichen von XING wiederfindet“, sagt Shannon Bain, Principal Designer bei XING.

Alles Wichtige immer zur Hand!

Warum in die Ferne klicken, wenn „Ihr XING“ ab sofort so nah liegt? Mit der „XING-Leiste“ haben Nutzer von jeder XING-Seite direkten Zugriff auf persönliche Inhalte: Das eigene Profil, die Nachrichten oder Gruppen. Nutzer sollen außerdem sofort sehen, wenn neue Mitteilungen wie Nachrichten oder Kontaktanfragen eingegangen sind. Man erkennt hier den neuen Schwerpunkt im Kommunikationsverhalten des Systems.

Die „XING-Leiste“: Der direkte Zugriff auf „Ihr XING“!
„Wir wissen, wie wichtig es unseren Mitgliedern ist, direkt auf Ihre Inhalte zugreifen zu können. Die XING-Leiste ermöglicht darüber hinaus auch das direkte Beantworten von Mitteilungen und Kontaktanfragen – ohne die Seite verlassen zu müssen, auf der Sie sich gerade befinden“, erklärt Sönke Kühl, Senior Visual Designer – User Experience bei XING.

Näher am Netzwerk

Lebendiges Netzwerken lebt vom Austausch von Gedanken, Neuigkeiten und Informationen. Deswegen steht „Neues aus Ihrem Netzwerk“ jetzt überall im Zentrum von XING. Die Einträge werden thematisch gefiltert, je nachdem, in welchem Bereich von XING der Nutzer sich befindet. Auf der Gruppenstartseite werden alle Neuigkeiten aus den Gruppen gezeigt. Neue Impulse erhalten die Nutzer zusätzlich mit den intelligenten XING-Empfehlungen, z.B. zu interessanten Jobangeboten. Die relevantesten Empfehlungen werden jetzt direkt in den „Neuigkeiten“ angezeigt. Was macht man nur, wenn man XING nicht zur Jobsuche nutzen möchte, sondern als alternatives Adressbuch und Kontaktdatenbank?

„Neuigkeiten“ im Fokus: Noch näher an Ihrem Netzwerk!
„Das neue XING stellt Sie und Ihr Netzwerk in allen Bereichen in den Mittelpunkt: So können Sie stärker am eigenen Netzwerk teilhaben und wertvolle Informationen und Anregungen erhalten. Wir ergänzen dies durch interessante Empfehlungen außerhalb Ihres Netzwerks und unterstützen Sie so dabei, neue Potenziale zu entdecken“, so Björn Waide, Senior Product Manager bei XING.

Der Relaunch leakt…

Doch genug der Fakten zum Relaunch. Schauen wir uns doch an, was am heutigen Abend passiert ist. Per Zufall habe ich bemerkt, dass ein Kommentar irgendwo in einer Gruppe bei XING auf eine Webseite verwies, die den Relaunch von XING in allen Details enthüllte. Ich war begeistert und irritiert. Zu diesem Zeitpunkt, gegen kurz nach 20 Uhr heute, fand ich rein gar nichts zu dem Thema im Netz. Erst im Nachhinein, als ich diesen Artikel fertig stellte, konnte ich zumindest einen Bericht bei thenextweb sehen, der von einem ersten Leak am heutigen Nachmittag bei der Internet World Business berichtete. Auch t3n schreibt über den Relaunch, während andere Medien sich ausschweigen. Aber dies mag gewisse Gründe und Praktiken der PR haben, die auch ich anwenden muss, manchmal anwenden kann.

Was mir auffällt?
Irritation und Resignation paaren sich an diesem Abend. Insgesamt finde ich das beschriebene Vorgehen von XING, den Relaunch bei der next11 vorstellen zu wollen, entgegen der bisherigen Wahrnehmung von XING als relevanten Teil der deutschen Startup-to-IPO-Szene jetzt sehr klassisch angehaucht. Under Embargo, exklusive Previews, ein wenig Selbstbeweihräucherung… nun, die Tatsache, dass sämtliche Informationen bereits im Vorfeld im Netz frei verfügbar sind, wirkt einfach befremdlich entgegen eines Embargos. Auch die Berichte von den sogenannten XING Ambassadors über eine Einladung zum Preview irritieren vor dem Hintergrund, dass der Bericht bei der IWB scheinbar doch nicht mehr online ist. Aber wer sich selbst ein Bild vom neuen XING machen möchte, dem empfehle ich derweil die (noch geheime) ganz offizielle Vorstellungsseite bei XING. Denn in diesen Minuten wird fleissig darüber getwittert! Ist dieses Vorgehen nun gewollt gekonnte PR mit aller Gewalt?

Sehr schnell, sehr unausweichlich. Was haben wir alle vom neuen XING bis auf die Story, dass alles neu der Mai, nun, der Juni macht? Vielleicht bin ich persönlich immer noch ein wenig zu stark von der einstigen Kommunikation seitens XING begeistert: Freunde, Familienangehörige und Blogger wurden einst zum Betatest des ersten echten Launches von XING eingeladen.

Vielleicht ist dieser Schritt auch ein symbolisches Zeichen des Erwachsenwerdens von XING – von einem Startup zum börsennotierten Unternehmen, das sich stark gegen die Übermacht von LinkedIn auf dem internationalen Parkett abgrenzen muss und die mittlerweile sozialnervigen Aspekte von Facebook zu integrieren sucht. Ich hoffe sehr, dass XING mit dem Relaunch einen Erfolg feiern wird. Deutschland braucht dieses Gefühl dringend. Denn das einstige Vorzeige-Startup sieht sich mit starken Konkurrenten konfrontiert. Nach Informationen von Holger Schmidt hat XING rund 4,7 Millionen Nutzer in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dagegen positioniert sich Facebook in Deutschland mit ungefähr 18,4 Millionen Nutzern und Linkedin wächst insgesamt schneller als Xing.

Wie seht ihr das? Hat XING mit dem Relaunch ab Juni 2011 genügend Potenzial, um dem Abstiegskampf in der Zahlenschlacht um Nutzer auf internationaler Ebene entgegen zu wirken?

Das Promotion-Video zum Relaunch
Am Morgen nach dem Bekanntwerden der Story veröffentlichte XING ein offizielles Promotion-Video bei YouTube, was in etwas mehr als zwei Minuten die Neuerungen am System erklärt. Auch der Artikel bei Internetworld.de ist endlich wieder verfügbar.

14 Kommentare
  1. Sebastian sagte:

    Alles gut und schön, aber ich habe das Gefühl, dass XING vor lauter Facebook vergisst, dass seine Stärken eigentlich mal die Gruppen-Kommunikation war (und ist?) – also ein klassisches Forensystem!

    Und statt diese Foren durch ein kluges, kreatives Bewertungs-und Such-System (Vorbild z.B. Quora oder Ideenmanagement-Software) sowie Embedding-Funktionen und sichtbare Links (WordPress, Facebook) aufzuwerten oder eben (vor allem) die Gruppenfunktionen auch mobil abzubilden, wird nur das Visitenkarten-Tauschen und Selbst darstellen optimiert.

    Aber am Ende rede ich eh nur ins Blaue (eher Grüne), denn wer weiß, was alles wirklich neu ist.

    Fakt ist, dass eine echte Internationalisierung in meinen Augen derzeit nur ein Fehler sein kann. Man hat weltweit wohl keine Chance gegen Linked.In und Facebook und wird hierzulande nur User verlieren, wenn man sich versucht, globaler zu positionieren. Ein Teufelskreis?

    Wir werden sehen.

  2. Steve sagte:

    Meine Antwort auf Deine Frage: Ja!

    Klar, FB ist weltweit im Moment wohl uneinholbar. Linkedin wächst recht rasant. Diese Vergleiche bleiben nicht aus, sicher müssen sie auch gemacht werden. Aber grundlegend muss man auch sehen, dass in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum Linkedin XING nicht wirklich viel entgegenzusetzen hat. Dies hatte ich bereits vor längerem schon einmal hier erörtert -> http://www.regionalforum-jena.de/2010/10/29/warum-ein-xing-wettbewerber-gar-nicht-so-gute-karten-hat/

    Auch lese ich nun wieder viel „XING klont Facebook“ – sicher, einige der Änderungen ähneln Funktionen, welche man von Facebook kennt. Bestimmte Dinge setzen sich nun eben auch hier durch. Was ist daran so schlimm? Das XING nun ein 2. Facebook wird ist für mich jedoch nicht glaubhaft. Entgegen einer recht oft verbreiteten Ansicht, bezweifle ich persönlich die nicht mehr vorhandene Trennung zwischen privaten und geschäftlichen Kontakten.

    Sicher weicht diese Trennung auf, aber der Grossteil nutzt Facebook für die privaten und XING primär für die geschäftlichen Netzwerkbeziehungen. Diese Trennung macht meiner Meinung nach auch Sinn. Die Datenschutzeinstellungen empfinde ich bei XING auch deutlich besser und vor allem leichter verständlich im Vergleich mit Facebook.

    Auf den Punkt: die Änderung geht meiner Ansicht nach in die richtige Richtung, wird doch hoffentlich neuen XING Mitgliedern aber auch den vielen, die XING bisher evtl. nicht oder nur sporadisch nutzen, das Handling erleichtern und verständlicher machen. Die Poweruser bedürfen sicher einer Umstellung in der Nutzung, jedoch denke ich, dass die „Profis“ sich recht schnell daran gewöhnen werden. ;)

  3. Walljet sagte:

    Solange sich die iPhone-App (und da steckt diese schon Jahre) in der postnatalen Phase befindet, spreche ich XING jegliches Erwachsenwerden ab :-)

  4. Daniela A. Caviglia sagte:

    Auch ich erinnere mich gerne an die guten alten Zeiten, als Xing, respektive OpenBC noch eine gute Netzwerk- und Austauschplattform war. Nicht nur, weil die Betreiber damals zu diesem Redesign-Anlass luden. Als eine OpenBClerin der ersten Stunde bin ich vor 2 Jahren auf Linkedin umgestiegen. Weil auf Xing eben wirklich fast nur noch Jobsuche und Selbstdarstellung betrieben wurde und ich die zahlreichen Kauf-bei-mir-ich-bin-der-Beste-Mails mächtig nervig fand. In der Schweiz ist übrigens Linkedin bereits weiter verbreitet als Xing. Daran wird auch ein optischer Relaunch nichts ändern, da müsste schon konzeptionell etwas geschehen. Was mir bei diesen ganzen Vorschauen an Info noch fehlt: Welche der neu sortierten Informationen kann man überhaupt mit einem kostenlosen Account nutzen?

  5. Frank sagte:

    Ich würd Sebastin – in Bezug auf Gruzppenkommunikation – ja gerne Recht geben, tu es eigentlich auch. Andererseits fällt mir auf XING nun wirklich keine Gruppe ein, die mich, zu welchem Anliegen auch immer, je weiter gebracht hätte.
    In Hinblick auf die Internationalisierung? Ja, was sollen Sie anderes machen? Wenn Sie gegen LinkedIn keine Chance haben, dann sollten sie die wenigstens nutzen.

  6. torsten sagte:

    Alles was XING zu bieten hat, können andere Anbieter besser, weil sie darauf spezialisiert sind.

    Die Gruppen und deren unglaubliche Fülle an fachlichen und relevanten Informationen sind es, die XING noch besonders machen.

    Und wenn Sie die Gruppen so schlecht bedienbar machen wie es jetzt ist, dann sägen Sie auf dem Ast auf dem Sie (XING) sitzen.

    Warten wir den nächsten Quartalsbericht ab und schauen mal die Premiumuserzahlen an.

    Alleine das nahezu überall notwendige lange scrollen ist ein Affront gegen jede Usability.

  7. Georg sagte:

    Zurzeit sieht es für mich so aus, als ob Xing einen dicken Flop gelandet hat. Aufgrund ziemlich saurer User rudert man bei der Funktionalität doch gerade schon zurück. Aufgrund der Nutzbarkeit des neuen Systems, der Bedienerfreundlichkeit, der Informationsfilterung…… Persönliche Meinung: Es gibt obendrein Kernprobleme, die mit einem Relaunch alleine sowieso nicht zu beseitigen waren. Siehe allgemein: http://www.web-3-null.de/index.php/allgemein/web-3-0-die-untreuen-besucher.html

  8. Simone Weber sagte:

    Ob dies einen Möglichkeit ist, dem Abstiegskampf zu begegnen, wage ich zu bezweifeln wenn man sich die zahlreichen negativen und z.T. auch begründeten Aussagen der User ansieht. Es ist recht unübersichtlich geworden und ich habe zumindest den Eindruck, der Businessgedanke schwindet, das „hippe“ Design steht im Vordergrund. Leider.
    Schöne Grüße aus München
    Simone Weber

  9. Robert Nabenhauer sagte:

    ich schließe mich da ganz meiner Vorrednerin an

    Gruss Robert Nabenhauer

  10. Jan sagte:

    Ich nutze Xing seit einigen Jahren. Finde allerdings, dass nach dem Update nicht alles auf Anhieb intuitiv von mir gefunden werden konnte.

    Was mir weiterhin nicht gefällt, dass die Suche und die Anzeige der Besucher des eigenen Profils nur gegen kostenpflichtige Mitgliedschaft sichtbar wird….

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  1. […] Facebookaccount. Meinen Xing-Account beispielsweise pflege ich gar nicht mehr und der angekündigte Relaunch von Xing – den finde ich ansprechend, irritierend und erschreckend zugleich – weil mir das […]

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