Die Zeit ist reif für Social Media Richtlinien!

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Social Media ist in aller Munde, doch für viele Unternehmen sind Twitter, Facebook und Konsorten noch in weiter Ferne. Die Gründe dafür liegen meist im Trivialen, nämlich den Schutz des Unternehmens selbst. Was die Mitarbeiter aus PR oder Marketing so treiben, ist ja ganz schön und nett. Sobald aber Mitarbeiter ihre Arbeitszeit in den sozialen Netzwerken verbringen, verlieren wir doch Millionen! Beispiele gefällig?

So manche Unternehmer denken wirklich in den altbackenen Hierarchie-Ebenen und wollen aus ihnen nicht herauskommen. Da soll nur ein Mitarbeiter behaupten, er würde geschäftliche Kontakte bei Facebook pflegen, wenn er während der Arbeitszeit doch wirklich nur mit seinen Freunden herumchattet. Schließlich gibt es bei Facebook ja nur Freunde. Auch schön ist die Ausrede, man würde Twitter als Informationsmedium und nicht als Chat ansehen. Die Chatten doch alle! Ganz zu schweigen von denjenigen Typen, die wirklich daran glauben, sich selbst mit ihrer Online-Reputation und sogar ihren Arbeitgeber durch irgendwelche Blogeinträge und ähnliche Aktivitäten in Social Media zu fördern. Pustekuchen! Geheimnisse werden einfach ausgeplaudert!

Wenn schon Facebook, dann doch bitte mit dem Hinweis, dass diese Webadresse gesperrt ist. Das macht schon die hauseigene IT-Abteilung. Schließlich machen die das Internet. Twitter steht sowieso ganz schnell auf der Banliste, zur Abwechslung ist der eigene Account bei Twitter immerhin freigeschaltet. Die Oberfläche von Twitter kann damit zwar niemand bedienen, aber die unternehmerische Logik erfordert auch so manche drastische Maßnahmen. Und die anderen sozialen Netzwerke, Communities und Portale sind ebenso böse. Wer Social Media einfach dicht macht, hält aus der Firma den Ärger fern?

Zweifelsohne schotten sehr viele deutsche Unternehmen sich gerne von der Außenwelt ab und leben noch in der Steinzeit des digitalen Zeitalters. Eine eigene Webseite wird gepflegt, der Kundenkontakt per Mail wird nur mühsam aufrecht erhalten und Werbung wird immer noch ausschließlich in TV und Radio geschaltet. Internet? Das ist doch voll von Kriminellen, die der Musikindustrie schaden wollen, aber gleichzeitig unseren Star für Oslo ganz nach vorne in die Charts mit ihren bezahlten und legalen Downloads bringen. Die extreme Ahnungslosigkeit von vielen Unternehmen, die eben nicht mit ihren Mitarbeitern und auch den Geschäftsführern in den sozialen Netzwerken bestmöglich vertreten sind, muss mit der einen oder anderen Stellschraube optimiert werden.

Wie bewegen sich mein Unternehmen und meine Mitarbeiter geschäftlich korrekt in Social Media? Auch wenn Mitarbeiter verschiedene soziale Netzwerke nur in ihrer Freizeit nutzen, verschwimmen private und berufliche Inhalte immer mehr im Social Web. Durch das steigende Interesse an sozialen Netzwerken, Online-Communities, Kommunikations-Tools und Dienstleistern rund um Social Media sehen Unternehmen einen Handlungsbedarf, ihre Mitarbeiter aktiv zu lenken und gleichzeitig ihre Marken, Produkte und Dienstleistungen zu schützen.

Der Schutz für alle Beteiligten stellt demnach einen sehr wertvollen Bestandteil einer Unternehmensrichtlinie dar. Gleichzeitig ist aber auch die Förderung der Aktivität in Social Media ein relevanter Aspekt. Eine Abschottung oder Abkehr von den sozialen Netzwerken durch technische Barrieren oder juristische Schritte gegenüber den Mitarbeitern ist meiner Meinung nach ein gravierender Fehler.

Social Media Richtlinien sind ein angemessenes Mittel zur Bildung eines aktiven Bewusstseins für den richtigen Umgang mit den neuen Kommunikationsmechanismen im Internet. Die Fachgruppe Social Media im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. veröffentlicht heute einen neuen Leitfaden mit zehn Tipps für den geschäftlichen Umgang im Social Web. Insgesamt stellen wir sowohl Handlungsempfehlungen als auch eine Absicherung der Mitarbeiter und des Unternehmens vor potenziellen Risiken dar. Der Leitfaden zeigt somit die grundlegenden Inhalte zur Erstellung unternehmenseigener Social Media Richtlinien auf. Unternehmen sollten die für sie zutreffenden Inhalte des Leitfadens für ihre eigenen Social Media Richtlinien aufgreifen und ausführliche Informationen in Form von FAQ oder Tipps zu konkreten Anwendungsfällen mit Handlungsempfehlungen für Aktivitäten in Social Media bereitstellen.

Der Inhalt des BVDW Leitfadens „Social Media Richtlinien – 10 Tipps für Unternehmen und ihre Mitarbeiter“ behandelt die folgenden Punkte, die mir als einer der Autoren des Leitfadens sehr wichtig sind:

  • Definieren Sie Ziele
  • Geheimnisse sind geheim und Interna bleiben intern
  • Mitarbeiter müssen authentisch sein
  • Wer veröffentlicht, übernimmt Verantwortung
  • Interne Kritik ist erlaubt, bleibt aber intern
  • Gehen Sie mit Fehlern offen um
  • Schonen Sie Ihre Geschäftsbeziehungen
  • Beachten Sie das geltende Recht
  • Schränken Sie private Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit ein
  • Social Media erfordert kontinuierliches Engagement

Die Handlungsempfehlungen der Fachgruppe Social Media im BVDW, die ich seit ihren Anfängen im Herbst 2008 auch persönlich als Unitleiter und Aktivist begleite, sprechen Unternehmen sowie beschäftigte Mitarbeiter an und dienen als Grundlage für individuelle Unternehmensrichtlinien. Es freut mich daher sehr, meinen Lesern hier im Blog auch den Lesebefehl zum PDF-Dokument zu geben. Einige Medien wie Meedia, t3n, IWB oder Golem haben bereits darüber berichtet.

Spannend sind jetzt die Meinungen der Leser – schließlich sind Social Media Richtlinien immer ein individuell zu bewältigendes Thema für jedes Unternehmen. Wir wollten erste Tipps geben und hoffen, dazu auch eine aktive Diskussion in der Community anzuregen. Schließlich entspricht Social Media in seinem Kern genau einer lebendigen Entwicklung. Wie sehen eure Erfahrungen mit Social Media Richtlinien aus? :)

12 Kommentare
  1. Mike Schnoor sagte:

    @Frank – Hast du eine schöne Alternative zum Wort „Richtlinien“, um den Gedanken zu fördern? Wir sollten immer im Kopf behalten, dass Deutsche Richtlinien lieben… genauso wie „in der Schlange stehen“ so urtypisch ist.

  2. Frank sagte:

    Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sich sehr gut aufgestellte Unternehmen, mit sehr gut bezahlten und sehr gut geförderten sehr guten Mitarbeitern, mit sehr guten Produkten bzw. sehr guten Dienstleistungen und natürlich einem sehr guten Service, überhaupt keinen Kopf um Social Media machen müssen.
    In dem Augenblick, in dem du dich also mit Social Media Richtlinien auseinandersetzt, hast du irgendeine andere Hausaufgabe verschlunzt.
    OK. Es sei denn, du machst PR für ein Social Media Network. ;-)

  3. Mandy sagte:

    Ich finde auch, dass Richtlinien schon wieder ein so deutsches Phaenomen sind… Aber vielleicht hilft es ja einigen Firmen, ihre Scheu vor dem boesen Internet zu verlieren und sich auf Basis dieser Regelungen einen Weg ins social www zu verschaffen. Und wenn sie dann irgendwann feststellen, dass die Richtlinien ja eigentlich nicht notwendig sind, weil man keine Geheimnisse zu verbergen hat, dann kann man diese ja auch lockern oder irgendwann ganz drauf verzichten.

    Ich lebe momentan in Argentinien und sehe und erlebe hier den krassen Gegensatz – hier wird einfach ausprobiert, was das Web zu bieten hat. Es gibt hier so viele innovative und teils „verrückte“ Projekte, das kann ich mir für Deutschland immer gar nicht vorstellen. Dort muss erst mal jedes Detail auf 3 Jahre im Voraus geplant werden, die Rechtsabteilung muss jeden Tweet absegnen etc. Ein bisschen mehr Mut und Flexibilität würde so manchen deutschen Unternehmen sicher gut tun.

  4. Carsten Ulbricht sagte:

    Guter Beitrag…

    Auch wenn ich den Begriff Social Media Richtlinien (bzzw Guidelines) gar nicht schlecht finde, verwende ich in diesem Zusammenhang – als lautmalerische Umschreibung – auch gerne den Begriff „Leiplanken“. Es geht für Unternehmen auch darum, den eigenen Mitarbeitern Leiplanken mit auf den Weg zu geben, um für Risiken im Social Web zu sensibilisieren und insoweit die – teilweise unterentwickelte – Medienkompetenz zu fördern. Dadurch relativieren sich für die Unternehmen einige vermeintliche aber auch tatsächlich relevante Risiken.

    In einem entsprechenden Fachaufsatz „Social Media Guidelines – Regeln für das digitale Miteinander“ mit Saim Alkan von aexea haben wir uns sehr intensiv mit weiteren rechtlichen und kommunikativen Einzelheiten auseinandergesetzt. Meine (weiteren) 2 Cents zu dem Thema finden sich insofern unter http://www.rechtzweinull.de/index.php?/archives/121-Fachaufsatz-Social-Media-Guidelines-fuer-Unternehmen-Regeln-fuer-das-digitale-Miteinander.html

  5. Zelina sagte:

    nur mal so am rande. bei uns in der firma ist eine kollegin geflogen, weil sie über das firmeninternet in facebook war. klasse. macht echt spass wie steinzeitlich die firmen so sind.

  6. Beaschmitz sagte:

    Ja, bei all den Sozialen Netzwerken vergessen wir doch tatsächlich eins: Wir geben alle Informationen von uns ins Netz. Sogar private Fotos von uns stellen wir ein! Was ist aber mit Datenklau? Gerade ist das Netzwerk StudiVZ 2 mal in der Presse gestanden: jemand hat Millionenen private Daten einfach eingesammelt und auf DVDs gebrannt! Hallo! Und bei einem Bewerbungsgespräch bei einer Firma?! Diese schaut mittlerweile auch ins Netz und wenn wir ein Sauffoto von der letzten Mallorca Party auf WKW eingestellt haben? Na dann gute Nacht!

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