Influencer Marketing und Reichweite: Alles totaler Käse?

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Influencer Marketing? Klar, coole Sache, sagen viele Marketer. Und schlagen sich dann mit Fragen herum wie: Wie viele Kontakte bekommen wir mit einem Instagram-Foto? Wie viele Fans aktivieren wir mit dem Facebook-Posting? Wie performt unser Content überhaupt? Und wo soll das alles noch enden? Dabei sind die Fragen falsch gestellt.

Nein, nicht die grundsätzlichen Effekte von Social Media sind hier gemeint, sondern die hoch und herunter diskutierte Thematik von Influencer Marketing rückt immer stärker in den Fokus digitaler Aufmerksamkeit. Gerade hierbei kommt immer intensiver die Frage nach der Reichweite auf. Fast schon wie eine Verseuchung mit traditionellen Blickweisen, versucht das klassische Marketing, auch wenn digital befähigt, mit der Reichweitenfrage eine sinnbildhafte Vergötterung des Return on Invest in der noch jungen Marketingdisziplin zu erlangen. Doch statt auf ewig hinaus die Reichweite zu maximieren, müssen Unternehmen auf die richtigen Kennzahlen setzen.

Influencer Marketing: Schluss mit der Reichweitendebatte!

Ja, bitte lasst uns alle die Reichweitenlehren der letzten Jahrzehnte über den Haufen werfen und endlich über den Tellerrand der Kampagnenziele blicken. Wenn Influencer nachhaltig ihre Markenkommunikation bereichern sollen, muss das Ziel viel größer sein als eine Steigerung der Reichweite um ein paar mickrige Prozente. Aber dazu kommt es eher selten, obwohl sich die Werbebranche seit rund zwei bis drei Jahren an Influencer Marketing erfreut. Die PR hat es übrigens leider bis heute noch nicht verstanden, wie sie sich mit Bloggern und Content-Produzenten auf Augenhöhe zu unterhalten hat, um ihnen den Mehrwert der Kommunikation zu vermitteln. Daher übernimmt jetzt einfach das Marketing das Ruder und assimiliert dabei unnachgiebig die teils unbedarften Influencer zu ihrem eigenen Heer an willigen Werbebotschaftern.

Alte Werbe-KPI taugen nicht fürs Influencer Marketing

Und genau hier stößt die Kommunikationsbranche an ihr Problem, denn die altgedienten Werbe-KPIs sollen bitte im Internet funktionieren. Warum? Natürlich aus einem einfachen Grund: Die digitalen Maßnahmen in Social Media und vor allem bei diesen Influencern müssen von dem Chef verdaut und verstanden werden. Wollen wir den Mega-Influencer mit millionenhaften Abonnentenzahlen? Reicht ein Makro-Influencer mit fünfstelligen Kontaktpotenzialen? Sind nicht doch die Micro-Influencer von Vorteil, wenn die Markenkommunikation mit Influencern in die breite Masse gehen soll?

Die einen sprechen von der Cash Cow im Dauermelkbetrieb, die anderen sehen darin nur einen kurzlebigen Hype, aber die Wahrheit befindet sich irgendwo in der Mitte. Mindestens 50.000 Follower bei Instagram. Eine epische Facebook-Fanpage mit über 70.000 Fans. Obendrein auf Twitter weitere 40.000 Kontakte. Dazu bitte noch den passenden Youtube-Kanal mit Abonnenten im sechsstelligen Bereich. Hurra, das potenzielle Setup für die Influencer-Kampagne ist gefunden. Jetzt geht es an die Suche nach Reichweitenhuren.

Vergesst die Beauty Babies auf Youtube

Das Ausmaß von Influencer Marketing, wie es aktuell in vielen Köpfen herumgeistert, sorgt für besondere Stilblüten im Marketingmix. Wer Influencer richtig verstehen möchte, darf nicht allein auf die Reichweite oder die Leads achten. Natürlich suchen Marken mittels Influencer Marketing den Weg, genau die Zielgruppen zu erreichen, die sie mit klassischen Werbemaßnahmen in TV, Radio und Print nicht mehr erreichen. Da verleiten große Reichweiten auf den fettesten Youtube-Kanälen gerne zur Buchung.

Schnell wird man jedoch als Marke enttäuscht: Von diesen Influencern mit der ach so schönen Reichweite gibt es zwar eine Menge, aber wer ihre blanken Zahlen analysiert, erkennt schnell das Trauerspiel dahinter. Follower und Abonnenten sorgen zwar für eine passable Reichweite, aber sie generieren nicht den unmittelbar spürbaren Lead. Nein, die Conversion ist genauso mies wie andernorts, ja geradezu vergleichbar mit Fernsehen, Radio oder Print. Denn die Influencer machen ja nichts Anderes, wenn sie als gebuchte Testimonials für eine Marke kurzlebig auf Keep-Smiling schalten.

Wer früher den Waschmittelspot im hausfrauenaffinen TV-Programm buchte, konnte am Wochenende den Abverkauf der Marke direkt nachweisen – Clementine lässt grüßen. Bei den digitalaffinen Influencern, die sich eben nicht wie die Beauty-Babies mit einem eigenen Personenkult zur Schau stellen, bleibt meistens der unmittelbare Kauf eines Markenprodukts oder der Abschluss einer bestimmten Dienstleistung aus. Kurz das Produkt genannt, ein leichtes Hochhalten in die Kamera, das subtile Tragen bestimmter Kleidungsstücke – unter dem Strich wirkt das gesamte Influencer Marketing wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Er höhlt nicht aus, sondern verdampft.

Micro-Influencer? Oder doch der Megastar?

Nur wenige Brands sind mutig genug und vertrauen auf die Macht der Micro-Influencer. Diese besitzen zwar nicht die ultimative Reichweite, aber dank loyaler Communities, Netzwerkeffekte und Empfehlungsmarketing können die Hebel zum Erfolg über Influencer Marketing deutlich besser umgelegt werden. Zwar beschleunigen sie nicht von heute auf morgen den Faktor des Hypes, wenn eine Marke für ein paar Sekunden in einer Youtube-Dauerwerbesendung gezeigt wird. Aber Zielstrebigkeit und Glaubwürdigkeit, sich als Micro-Influencer nachhaltig mit einer Marke zu verbinden und dabei nicht ausschließlich sich zur Sold-Out-Booking-Person herunterstufen zu lassen macht sie umso wertvoller für Marken. Also: Nicht kleckern, sondern klotzen, wenn es um kleinere Stars und Sternchen geht, die eben nicht auf sechs- und siebenstelligen Zahlen verweisen können. Denn auf die Reichweite des einzelnen kommt es ganz gewiss nicht mehr bei den vielen Influencern an, sondern auf die breite Verteilung auf viele einzelne Fürsprecher im digitalen Kommunikationsmix.

1 Kommentar
  1. Eddy sagte:

    Du sprichst mir mit diesem Beitrag aus der Seele und auch ich „predige“ inzwischen seit mehreren Jahren, dass im Influencer Marketing nicht #Reichweite, sondern #Resonanz die größte Aufmerksamkeit haben sollte. Siehe dazu auch den Blogpost, den ich mit meinem Namen verknüpft habe ;-)

    Es wird noch eine Weile dauern und mehr Beiträge wie Deinen brauchen, bis die Erkenntnis in die Hinrinden aller verantwortlichen Protagonisten eingebrannt ist. Vielleicht wäre es am einfachsten, dieses Thema aus den Marketingabteilungen abzuziehen, und stattdessen im Business Development zu verankern. Vielleicht macht es dann endlich „klick“ :-)

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