Ist PR die neue Waffe für den Vertrieb?

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PR und Vertrieb? Viel zu selten versuchen Unternehmen, diese Kombination zu pushen. Doch eigentlich haben sie gar keine andere Wahl, meint unser Kolumnist Mike Schnoor. Denn Werbung allein reicht schon lange nicht mehr für den Vertriebserfolg.

Ohne Präsenz in den Köpfen der Verbraucher interessiert sich niemand für eine Marke – und keiner kauft die Waren ein. Für den Abverkauf der Produkte und Services müssen sich Unternehmen um eine gehörige Portion Aufmerksamkeit bemühen. Das sinkende Interesse der Kunden an Werbung jedoch entfaltet eine Gegenkraft zum eigentlichen Abverkaufsziel. Obendrein spielt die Digitalisierung eine gewaltige Rolle, sobald es um Kaufentscheidungen und Produktinformationen geht. Werbung alleine reicht für den Sales-Gedanken heute nicht mehr aus!

PR als Alternative?

Eine Alternative zum lauten Werbezirkus kann die ebenso bunte Welt der PR sein. Wenn wir Kommunikationskrisen ausklammern und die guten Dinge im Leben betrachten, hat Public Relations einen unglaublich positiven Charakter – sofern sie gut gespielt wird. Tue Gutes und rede darüber. Das bekannte Sprichwort der Branche trifft genau den Kern. Was kann im Verkaufsgespräch noch schöner sein, als wenn die eigenen Produkte und Dienstleistungen durch einen Bericht in den Medien qualifiziert werden? Gibt es einen besseren Moment, als im Kundengespräch auf diese Erfolge des eigenen Unternehmens hinzuweisen?

Fragen über Fragen, aber der Vertriebler macht wahre Freudensprünge, sobald der Kunde von dritter Stelle erfährt, dass die angepriesenen Leistungen wirklich von Vorteil sind. Objektiv und neutral spricht eine Redaktion von der Markteinführung eines Produktes, so dass die Endkunden zwischen den Zeilen unterbewusst eine Kaufempfehlung lesen. Wer vertriebliche Behauptungen mit in einem guten Medienbericht untermauern kann, sollte den Kunden etwas leichter einwickeln können. Oder ist sowas doch nur ein Mythos, während die Wahrheit ganz woanders liegt?

Natürlich spricht in solch einem Fall niemand von klassischen Anzeigen, die mit etwas Mediabudget reihenweise gebucht werden können und den werblichen Charakter der Kommunikation betonen. Das kann jeder und zeigt nur, ein Unternehmen hat genügend Geld für Werbung investiert. Vielmehr kommt es bei der Überzeugungsarbeit im Vertrieb auf möglichst objektive, neutral gehaltene und fachlich versierte Inhalte an. Also genau die Sorte von Content, die in der PR-Abteilung produziert wird. In Unternehmen, die konsequent auf Public Relations setzen, könnte der Vertrieb an dem Medienerfolg teilhaben und mit Chance von der PR direkt profitieren – wenn er nur möchte. Ganz hervorragend wirken die täglichen Newsletter der Fachmedien, die Online-Artikel mit zahlreichen Likes und der Hinweis auf die analoge Printausgabe, in der die Marke in günstigem Licht steht.

PR ist so was wie Werbung – nur kostenlos

Doch viele Vertriebler denken nicht fachbereichsübergreifend, sondern schotten ihre Silos hermetisch ab. „Da darf niemand mehr erfahren als notwendig, es zählt nur die Verkaufszahl, die Kollegen gehen meine Zahlen nichts an, weil ich bewertet werde.“ Altes Denken braucht aber niemand mehr. Wer als pfiffiger Sales-Manager auf die Zusammenarbeit mit Public Relations vertraut, kann die positiven PR-Effekte für die eigenen Marken und das Unternehmen ausnutzen. Gerade die Veröffentlichungen bilden einen beliebten Nachweis der hauseigenen Kompetenzen und eignen sich für die weitere Verwendung im Vertrieb und Marketing.

Was der PR dabei leider oft fehlt, sind klare Kennzahlen, an denen sich die Öffentlichkeitsarbeit rein vertrieblich messen lässt. Die Ergebnisse der PR , ihre Erfolgsgeschichten und die Medienpräsenz fließen jedoch kaum, wenn überhaupt viel zu selten in die Bewertung von Kampagnen mit ein. Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass nicht nur Vertrieb, sondern ebenfalls die PR sich selten in ihre Zahlen einblicken lassen möchte. Während sich der Erfolg von Marketingmaßnahmen in nahezu jedem Fall durch eindeutige Kennzahlen bewerten lässt, hadert die PR mit den lieben Zahlen. Neben der Scorecard, den Presseclippings und dem daraus errechenbaren Medienäquivalenzwert liefert die Pressearbeit nur wenig belastbares Material, um den Erfolg abzubilden.

PR zu oft als notwendiges Übel – es fehlt die Strategie

Viele Unternehmen setzen zudem den Stellenwert von PR in ihrem Geschäft gerne mit der Werbung gleich. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wird in solchen Firmen als notwendiges Übel angesehen – zum Leidwesen der Branche. Was jedem Unternehmen gut tut, wäre das Gespräch dieser Fachbereiche untereinander. Den Verkaufsboost wird die PR nicht erzielen, aber sie kann den Vertrieb unterstützen. Denn die Kommunikationsarbeit eines jeden Unternehmens schlägt sich mittel- bis langfristig auf den Abverkauf nieder.

Marketing und Sales arbeiten dafür bereits gerne Hand in Hand, vielleicht hilft nur der gemeinsame Dreierkreis mit der PR. Der harte Wettbewerb und die fortschreitende Digitalisierung der Märkte fordern dieses symbiotische Zusammenspiel gnadenlos ein. Wer zu lange wartet, verliert den Anschluss im Wettbewerb, denn wenn die Konkurrenten sich den Influencern bemühen, wird der Ruf nach den Kollegen aus der PR schnell laut. Ja, in der Frühzeit der Kommunikation wurde PR mit Propaganda gleich gesetzt. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hat sich jedoch weiter zur Kommunikation entwickelt. Werbung hat dieses alte Stadium längst noch nicht verlassen. Der Vertrieb sollte auf die zusätzliche Kraft von Public Relations vertrauen, um über den eigenen Tellerrand zu blicken und die Marken, Produkte und Services gut zu positionieren. Der Prozess und das damit verbundene Umdenken für mehr vertriebliche Kommunikation nehmen zwar etwas Zeit in Anspruch, werden sich jedoch langfristig betrachtet lohnen.