Twitter und der wirklich echte Kundendialog

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Social Media eröffnet neue Chancen und Potenziale – ein Credo von zahlreichen Experten, selbsternannten Gurus und übermotivierten Evangelisten dieser Tage. Damit haben viele Damen und Herren im Grunde genommen Recht, nur sie legen sich unbedarft und zu schnell auf ein einziges Portal fest – Facebook. Meiner Meinung nach ist der bisherige Erfolg von Facebook, diesem sozialen Netzwerk unter Freunden, für die gesamte Argumentation rund um Social Media nur auf den ersten Blick hin vorteilhaft. Die vielen anderen Kanäle im Social Web warten nämlich nicht nur mit den bekanntermaßen sehr hochgelobten markenaffinen Fans auf, sondern mit hochgradig engagierten Meinungsführern und echten Fachexperten.

Während Facebook für das Marketing der non-plus-ultra Aspekt in ihrer Social Media Strategie ist, besitzt Twitter für viele Kommunikationsverantwortlichen in deutschen Unternehmen und Organisation eine wesentlich höhere Relevanz in puncto transparenter Dialogfähigkeit und aktiver Kommunikation. Das große Manko von diesem Dialog liegt noch in der fehlenden maximal zu erreichenden kritischen Masse. Kritisch sind die Nutzer auf jeden Fall, aber vom Massenmarkt ist Twitter in Deutschland derzeit leider noch entfernt. Im internationalen Vergleich gilt Deutschland beim Einsatz von Twitter in jedweder Form als eines der unterentwickelten Länder überhaupt. Über kurz oder lang wird sich dies jedoch ändern. Andernorts nutzen wesentlich mehr Menschen in der Bevölkerung Twitter zur Kommunikation untereinander und mit Unternehmen. Bei uns ist es vielmehr eine elitäre, durchaus kleine Gruppe, bei denen Twitter die Herzen im Sturm erobert hat.

Mit Twitter im Epizentrum vom kommunikativen Austausch

Fachexperten und so manche „Nicht-Experten“ schätzen den schnellen und einfachen Weg, um über Twitter ihre Botschaften abzuschicken und damit die Meinung anderer Nutzer und natürlich von Kunden zu bilden. Zugleich sind zahlreiche Journalisten von führenden deutschen Medienhäusern oder verschiedenen Fach- und Branchenmedien bei Twitter hochgradig aktiv. Für sie dient Twitter als Themenseismograph, zur Recherche, zur Identifikation von Informationsquellen und zur Kontaktaufnahme mit verschiedenen Experten. Nicht von ungefähr schätzen PR-Leute über Twitter den direkten Draht zu Journalisten und anderen Kommunikatoren. Natürlich spielen die Journalisten eine wichtige Rolle in der gesamten Kommunikationsstrategie, aber wenn wir die PR-Brille absetzen, steht in der Regel der Kunde im Epizentrum des textlich verbalkritischen Austausches in sozialen Netzwerken.

Leider scheinen manche Unternehmen diesen Aspekt insbesondere bei Twitter unter den Tisch kehren zu wollen oder schlichtweg zu vergessen. Jedoch sind die Kunden permanent im Social Web präsent und können, ja sie dürfen nicht einfach ignoriert werden. Als kleine goldene Regel gilt: Wenn Kunden mit der Marke bei Twitter in den Dialog treten, erwarten sie eine schnelle Reaktion in Form von Kontaktaufnahme. Dabei ist es nahezu egal, ob dies als Bestätigung, Problemfindung und Lösung oder einfach nur ein freundliches Wort bei übelster Kritik ist – sowie manches Mal auch ein illustrer Plausch. Auf Seiten der Kunden existiert heutzutage eine so unglaublich hohe Erwartungshaltung, die viele Unternehmen bislang einfach gar nicht oder nur äußerst ungerecht erfüllen können.

Dialog bei Twitter fordert den Kundenservice

Der Kunde ist König. Das gute alte Credo scheint nur in wenigen Köpfen auf Widerhall zu stoßen. Der Kunde zählt in den Augen vieler Unternehmen leider nur dafür, um Absatz zu generieren. Scheffeln wir Geld, machen wir Kohle, setzen wir um und bereichern uns. Entschuldigung, aber die Marke und damit das Unternehmen müssen jeden Kunden insbesondere bei Twitter als wertvollen Kommunikatoren verstehen. Schließlich sind wir als zahlender Social Mob entsprechend stark daran interessiert, eine Lösung seitens der Unternehmen für unsere Bedürfnisse zu erhalten. Der Faktor Zeit spielt wie eingangs erwähnt in große Rolle. Nur wenige Minuten, vielleicht maximal wenige Stunden sollten bei Twitter vergehen, bis die Reaktion seitens des Unternehmens den fragenden und hilfesuchenden Kunden erreicht. Gewiss kann eine Reaktion, je komplexer die Anfrage ist, auch etwas länger in Anspruch nehmen, aber in der Wahrnehmung muss dem Kunden bei Twitter durch die Dialogaufnahme oder Reaktion des Unternehmens signalisiert werden, dass die Nutzer als Dialogpartner geschätzt werden. Ohne ein solches grundlegende Verständnis für das notwendige Dialogpotenzial in digitalen Räumen wird in Zukunft die Kommunikation von Unternehmen und Organisationen bei Twitter nicht funktionieren.

Für mich als aktiver Nutzer von Twitter und manches Mal intensiv am Kundenservice interessierter Nutzer zeigt sich, dass Kommunikation über Twitter der wirklich richtige Weg ist. Facebook hingegen bleibt meines Erachtens nach eine Spielerei. Dort wird keine dauerhafte Kundenbindung oder nur sehr geringe Aussichten auf kritische Problemlösungen in der Kommunikationsstrategie verfolgt. Die Mehrheit der Fans interessiert sich zudem nicht dafür, was die Marke bei Facebook kommuniziert, sondern folgt dem Markennamen nur, weil irgendwann ein „Gefällt mir“ aktiviert wurde. Die Ausblendungen aus der Timeline haben anhand mancher Studienergebnisse ein dramatisches Niveau. Zudem ist die Kommunikation bei Facebook hochrangig unpersönlich. Selten wird auf einzelne Anfragen eingegangen. Vielmehr erfreuen sich die Unternehmen daran, dass ganz viele Menschen sie liken oder ihre Links teilen.

Professionelle Dienstleistung auf Twitter

Faszinierend und dabei sehr positiv treten die Serviceteams der Deutschen Bahn unter @DB_Bahn oder der Deutschen Telekom mit @telekom_hilft bei Twitter in Szene. Professionelle Dienstleistung beinhaltet hier die Problemlösung in kürzester Zeit. Alle Nutzer werden wie jeder andere Kunde per Telefon oder auf postalischem Wege gleich behandelt. Vorzüge gibt es eigentlich keine. Aber die Wahrnehmung und Dialogfähigkeit ist durchaus aktiver, individueller und damit attraktiver als die klassischen Formen des Kundendialogs. Zudem wird mit manch Witz und sogar mit einem freundlichen und unaufdringlichen Maß an Ironie bei gewissen Bestandskunden sogar ein wenig geplauscht. Dieses modifizierte Verhalten des Kundenservice beeinflusst zugleich das gesamte Empfinden für eine Marke auf positive und charmante Weise, wie es die Konzerne in der öffentlichen Wahrnehmung so dringend brauchen. Ich bin froh, dass Twitter mir das Gefühl gibt, dass meine Anliegen über diesen Kanal schnell Gehör finden, und dass mir meist ein informativer Mehrwert geboten wird. Danke!