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Bereits vor fast einem halben Jahr fiel mir das Revival der „Du bist Deutschland” Kampagne mit dem Schwerpunkt der Kinder des Landes auf. In diesen Tagen können wir uns in der Medienwelt kaum noch vor der Kampagne retten. Die Idee ist gut, die Umsetzung monströs, das Mediavolumen ist ein millionenschwerer Betrag.

Doch wenn ich die Fernsehwerbung als werdender Vater mit vollem Stolz betrachte, kommen mir in wenigen Sekunden echte Zweifel an der Überzeugungskraft der Kampagne. So wird in der Werbung, die im vorabendlichen Programm unter anderem auf ProSieben ausgestrahlt wird, von unseren Kindern und Erben gesprochen. Verglichen wird das lobenswerte Ziel seinen eigenen Nachwuchs zu zeugen aber mit dem bewussten Verzicht auf den persönlichen Luxus. Kein neues Auto, keine größere Wohnung, keine Parties – das Singleleben was wir alle in unseren Herzen neben dem familiären Leben durchaus schätzen können wird verteufelt.

Die Kampagne hat in meinen Augen einen faden Beigeschmack: In der Situation als werdender Vater freut man sich auf seinen Nachwuchs und die daraus gewonnen Familie. In den letzten Sekunden der Werbung kommt das Gefühl auf, dass man sich wider erwarten eher nach dem schnellen Sportwagen, den heißen Klamotten, dem gesparten Geld und sonstigen kleinen individuellen Reichtümern sehnt. Wozu sollte man das aufgeben, wenn man eine millionenschwere Kampagne zu sehen bekommt, in der zwar die Ideale der Familie und ihrer Kinder gelobt, jedoch die finanzielle Not, in der sich kleine junge Familien befinden, kaum thematisiert wird? Mich ärgert dieser Dilettantismus bei der Darstellung eines Familienlebens mit Kindern. Warum werden nicht die Probleme zur Lösung in dieser Mutmachkampagne angesprochen? Warum wird so penetrant, ja nahezu widerlich ekelig das Thema der Kinder beschönigt?

Für mich spricht die „Du bist Deutschland” Kampagne in seiner Neuauflage zum Wohle der Kinder und der Familienfreundlichkeit keinen Mehrwert aus. Wir sind dazu gezwungen bereits vor der Geburt eine Kostennote in Höhe von ca. 1.200 Euro als über den Daumen geschlagene und zugleich minimale Grundlage für Anschaffungen wie Kinderbett, Wickelkommode, Schrank, einen Berg voller Klamotten, Geburtsvorbereitungskurse, einen Haufen voller Utensilien und Extras zur Pflege und Hege des Neugeborenen zu investieren. Zurück bekommt man in der Regel sehr schöne Emotionen und Momente voller Liebe und Zuneigung – und läppisch befriedigende monatliche Zahlungen vom Staat sowie die Tatsache, dass man einfach keinen dämlichen Kindertagesplatz für seinen Nachwuchs zugeteilt bekommt, wenn auch die Mutter ihre Karriere nicht einfach vernachlässigen soll.

Mit anderen Worten: Mut macht diese Kampagne für diejenigen, die in ihrer frühen Eltern-Phase stecken, auf keinen Fall wie es vielleicht bestehenden Eltern oder noch-Singles empfinden können. Sie ermuntert zwar, jedoch schrecken die Kampagne und die vermittelte Botschaft durch die fadenscheinige Oberflächlichkeit einfach nur ab und vernichtet auf soliden Wegen das Vertrauen in diejenigen, die für die Familie und ihre Werte stehen. Politische Stabilität und ein guter Kurs in Sachen Familienpolitik in Kombination mit der Bewerbung dieser Wertegemeinschaft sollte gelungener umgesetzt werden als die neue „Du bist Deutschland” Kampagne. Vielleicht sehe ich das in der Situation – als werdender Vater – vielleicht zu engstirnig, doch bestimmt spreche ich dem einen Leser oder der anderen Leserin direkt aus der Seele. Ich möchte dabei nicht böse klingen, sondern vielmehr meine Enttäuschung über die bisherige Familienpolitik äußern, die trotz der kleinen Optimierungsversuche durch Frau von Leyen keinen wirklich positiven Effekt für die junge kleine Familie gebracht hat.

Es geht weiter mit dem Irrsinn, den man schon vor knapp zwei Jahren ertragen musste. Poliert Eure Klowände! Die Beteiligten Jung von Matt sind neben Kempertrautmann und Fischerappelt wieder dabei um der deutschen Medienlandschaft an die 32 Millionen Euro abzuknöpfen – und das für eine Kampagne, die sich im Volksmund und in Bloggerkreisen sehr wenig Anklang erfreute. Die alte Kampagne im Jahre 2005 wurde auf klassische Weise „schöngeredet“. Medienwirksam perfekt in Szene gesetzt wurden jedoch kaum die Menschen selbst mit der Botschaft angesprochen, eine Identifikation mit den verkörperten Leitbildern der Werbespots konnte in seltensten Fällen erzeugt werden.

Laut der W&V müssen wir uns jetzt mit einem ernsten Thema, nämlich dem „kinderfreundlichem Deutschland“, beschäftigen. Ich habe mich nach bestem Wissen und Gewissen über die gravierenden Unterschiede in den verschiedenen Sozialsystemen in Europa informiert und muss sagen, dass Deutschland alles andere als kinderfreundlich ist. Schaut euch Frankreich oder Spanien an, selbst Dänemark macht einem etwas vor – und in Deutschland streitet man sich noch über den Status von Kindern oder sogar über den Status von nicht-verheirateten Eltern – und wagt dies mit steuerlichen Nachteilen zu bestrafen.

Als ein Mensch, der sich nicht von den Grenzen eines Landes einschüchtern lässt und ganz gewiss eine internationale Bildung im Studium genossen hat, sehe Deutschland als ideales Land für Singles und kinderlose Lebenspartnerschaften an – für alles andere, was die kleinen Zwerge unserer Zukunft brauchen, sind wir ein Teil des westlichen Hinterlandes und ganz bestimmt nicht an der sonnigsten Stelle auf der Wetterkarte zu finden. Beim Blick über die Landesgrenzen hinweg werde ich sehr neidisch auf das, was die Förderung der Kinder in den Familien seitens des Staates angeht. Aber wenn Politiker ja noch nicht einmal wissen, was so mit dem Internet machbar ist, sollten sie vielleicht auch lieber die Finger von der Familienpolitik lassen…

Technorati made my day. I’ve found it already a few days ago as I’ve posted here in a german language post, but it’s amazingly cute on how the guys at the Tag-Search-Engine explain the „Du bist Deutschland“ Campaign. International Visitors should read this post about „You are Germany“, too.

Ryan King just made one mistake in his article as he wrote the following: And bloggers „people who only exude*.“ The statement about „exuding“ had nothing in common with the blog authors, but the journalists and the media. ;)

Das Thema der „Klowände des Internets„, was sich aus die Äußerungen des kreativen Schöpfers Jean-Remy von Matt über die Kritik an der „Du bist Deutschland“ Kampagne uferte, ist nun in den traditionellen Medien angekommen. Spiegel Online berichte über „Die virale Kraft der Blogosphäre„, Mario Sixtus schrieb in der Frankfurter Rundschau über die „Post vom Werbeguru“, der Standard äußerte sich zu dem „Tiefstand der Meinungsbildung„.

Zugegeben, so langsam ist das Thema ja gegessen, aber anscheinend hat die Republik noch nicht alles dazu mitbekommen. Daher liebe Leute: Nachlesen und die Blogosphäre mit mehr Aufmerksamkeit verfolgen. Warum? Denn anscheinend ist die Blogosphäre ein wenig schneller, als dass es manchmal die Printmedien gleichfalls tun können – außer es gibt eigene Blog Autoren bei dem jeweiligen Blatt! Bei Technorati hat man sich sogar mit einem Erklärungsversuch für die internationalen Besucher an das Thema neutral rangewagt… na dann mal Prost Mahlzeit!

Jean-Remy von Matt äußerte sich bei mehreren Blog Autoren mit der E-Mail, die Thomas Knüwer in Indiskretion Ehrensache veröffentlicht hat. Ich kann die ganze Situation um die E-Mail vom Mitbegründer der Werbeagentur Jung von Matt jedoch gut verstehen, zumal die „Du bist Deutschland“ Kampagne fast generell auf Ablehnung in der Bevölkerung stieß. Wer wäre da nicht verärgert und schreibt eine entsprechende Mail an seine Mitarbeiter? Hut ab also für die Antwort nach dem Wochenende.

Ich gebe ja selbst zu, dass ich selbst auf den Zug der Klowand aufgesprungen bin, aber was tut man nicht alles, wenn es nichts zu berichten gibt? Man fühlt sich als Blog Autor manchmal auch wie bei der Berichterstattung in der Zeitung, wenn es sich um das traditioneller Sommerloch (Politiker sind im Urlaub) dreht. Trotzdessen stößt auch ein Eingeständnis wie dieses bei vielen Blog Autoren und Leser sauer auf. Von „Ghostwritings. Aber verdammt Gutes…“ oder „herabschauend die eigene Überlegenheit demonstrieren“ wird gesprochen, jedoch bezweifel ich, dass eine wirklich böswillige Absicht dahinter steckte, die Weblogs als „Klowände des Internets“ zu betiteln.

Zahlreiche Medien berichteten darüber, dass die Kampagne nicht nur von uns Pseudo-Journallien zerrissen wurde, sondern ebenfalls vom Großteil der Bevölkerung (der Zielgruppe Nummer 1) abgelehnt wurde. Meine Frage lautet daher: Ist das Ganze ein (geheimer) öffentlich inszenierter Schachzug, um die Kampagne nach ihrem Höhepunkt der Reichweitenmaximierung im Dezember wieder in aller Munde zu bringen? Genaueres kann uns wohl nur Jean-Remy von Matt selbst erklären, wenn er ein eigenes Blog eröffnet. Der Zeitpunkt ist gut, und Leser wird er sicherlich bekommen. Aus Neugier, Interesse, Liebe, Neid oder Hass – was auch immer passiert…

…Russland! Keine Klowand, kein Deutschland. Nein, es geht hier um das Land, in dem die Milch noch frisch in der Nacktbar gezapft wird. Solche Klischees entstehen sehr schnell, wenn man Geld, Armut und Bedürfnisse kombiniert und mit Russland in Verbindung bringt. Gerade habe ich im Kulturreport auf der ARD folgendes gesehen:

Michael Lessin, Putins Medienberater, hat eine millionenschwere Kampagne angeschoben, um Russland das ihm gebührende Image zu verpassen. Mit einem 30 Millionen Euro teuren Auslandsfernsehsender „Russia Today TV“, der seit gut vier Wochen auf Sendung ist, soll der Welt im Stile von CNN erklärt werden, wie es in Russland wirklich zugeht.

Erinnert dies nicht allzu stark an eine „Du bist Deutschland“ Kampagne, nur diesmal mit staatlichem Hintergrund? Aber es kommt noch dicker, denn hier greift der Staat noch direkt ein, und nicht nur die größeren Medienunternehmen:

Während das Ausland also mit fein sortierter Nachrichtenware versorgt wird, ist die Image-Kampagne für das Inland aus etwas gröberem Holz geschnitzt. „Swesda“ heißt ein TV-Sender, der seit Herbst die Russen mit Patriotismus beschallt. Dass das Verteidigungsministerium Mehrheitseigner ist, merkt man dem Sender durchaus an.

Was möchten wir also lieber in Deutschland sehen? Eine Imagekampagne von Lügenbaronen, oder doch lieber staatliches Propaganda TV? Irgendwie bin ich für ersteres: „Es lebe Deutschland!“ Ja richtig… Hurra? (Und ja, ich gebe zu: Ich sehe den Kulturreport.)

Du bist DeutschlandFor our international visitors a small introduction to the entire situation about the media campaign „Du bist Deutschland“ (You are Germany):

A few months ago, the germanspeaking blogosphere heard about a new bolster-up campaign entitled „Du bist Deutschland„. The situation of Germany’s economy and the entire social life suffered from a certain desperation of the population, and therefore certain large media publishing houses combined their efforts to create a massive advertisement campaign in both television, radio broadcast and of course print.

However, the idea misled certain people to the idea of considering the campaign as a negative issue. In fact, most blog authors felt being suggested as an incapable part of the nation – as if they never have done anything or as if they should live up to traditional „group-merging“ ideals of Germany. As simple result, the campaign was criticized by bloggers and the traditional media – as if they’d speak one voice: We do not identify with the message and the entire campaign. We are not Germany. We are not like you want us to be.

Over the past weeks, the criticism rose to the moment in which Jean-Remy von Matt, co-founder of the media company Jung von Matt, wrote a newsletter that attacked the journalists, blog authors, and other media companies that criticized the campaign. The people believed that the budget of 35 Million Euros was way too much for a campaign without identification. Therefore, Jean-Remy entitled the weblog authors as „Klowände des Internets“ (english translation) – as the toilet walls of the internet.

The result for now is devastating. Technorati made „Du bist Deutschland“ to be the top search of the hour, the media is endlessly reporting and the toilet walls of the internet are writing their hands of. Congratulations, Jean-Remy von Matt! You’ve made the day!

My own related articles to the entire issue are found in this link-list:

More can be found on the internet at Jens Scholz, newsrack… or the flickr photo pool more following!

Ich bin gerade inspiriert von meiner Macht als Klowand Autor. Daher möchte ich für alle diejenigen erklären, wie ich anhand meiner Klowand überhaupt etwas zustande bringe. Dafür habe ich das entsprechende Bild mit einigen Zahlen digital nachbearbeitet, um die guten und schlechten Seiten der Klowände des Internets zu polarisieren.

Klowand Content

  • 1. Klopapier hilft die hässlichen Gedanken loszuwerden. Meinungsvielfalt, Pressefreiheit oder sonstige Kombinationen dieser bösen Gedanken werden einfach weggewischt. So bleibt die Klowand sauber. (neutral-positiv)
  • 2. Klospray nutzt man, um weitere läßtige Meinungen loszuwerden. Dieser schlanke Anwalt in seinem dunklen Anzug mahnt noch dann alles ab, was nicht abzumahnen ist. Er hinterläßt zweifelsfrei einen wunderbaren Eindruck, denn sein Parfüm duftet zart. (negativ bis zum Ende)
  • 3. Backuppapier hilft einem, wenn selbst der Klospray-Anwalt oder das Klopapier nicht weiterhelfen konnten. Man schmeißt es einfach dem hauseigenen Klowandbeschmutzer an den Kopf und hofft, dass er von den Medien zerrissen wird. Begriffe wie „Medialer Anschlag“ oder „Medienwächter“ finden hier ihren Ursprung. (positiver Einfluß)
  • 4. Spühlkasten vernichtet jegliche Entwürfe, die für die Klowand gedacht waren, von innen heraus und filtert diese Gedanken, die in der Masse an Meinungsfreiheit wabern. (neutrale Filterung)
  • 5. Klodeckel und Kloschüssel sind das Archiv für alles, was einem so einfällt, aber dann doch durch den Spühlkasten gefiltert wurde. Solch eine Selektion dessen, was die Klowand beschmutzen oder besudeln würde, findet aber nur von guten Klowand Autoren statt. Oder man nutzt es als Archiv für geheime Machenschaften: Einfach rein damit und aufgeschrieben, dann hat man immer was neues für die Klowand vorrätig. (neutral, jedoch heimtückisch durch die Archivnutzung)
  • 6. Klobürste ist das Instrument der Wahl, falls etwas korrigiert werden muss oder gar rechtliche Schritte eingeleitet worden sind. Man nutzt dieses Instrument, um seinem Vorhaben den nötigen Druck und die Hartnäckigkeit zu geben. Dann kapiert es schließlich jeder. (negatives Machtinstrument)
  • 7. Mülleimer ist für alle Gedanken, die es nicht in den Gran-Vita-Topf der Kloschüssel geschafft haben. Der Mülleimer dient dazu, dass man auch an anderen Klowänden fröhlich sein Treiben ausleben kann, und sich nicht nur auf seine eigene Klowand konzentrieren muss. Man muss ja nicht mit allem seine Klowand beschmutzen, wo käme man denn da hin? (neutrales Menetekel)
  • 8. Klowand als blasphemisches Mahnmal all derjenigen, die sich als unbeugsame Gallier oder Anti-„Du bist Deutschland“ Kämpfer sehen. Meinungen sind Auslegungssache, und so schreibt oder beschmutzt man die Klowand mit den Gedanken, die noch übrig sind. (vorerst neutral, jedoch sowohl negativ und heimtückisch als auch positiv im Ergebnis)

Man kombiniert einfach all diese Gegenstände zusammen und erhält das, was man sich wünscht. Entweder eine Klowand „frei von Meinungen“ oder genau das Gegenteil – einen brohdelnden Vulkan, der die Klowand nur so mit Meinungen vollspritzt, die ganz bestimmt nicht dem entsprechen, was man sich selbst so vorstellte.

Unsere Klowand ist recht sauber. Zensiere ich vielleicht auf meiner Klowand die Meinungsfreiheit so stark, dass die weiße Wand so rein ist, oder bin ich vielleicht nicht einer der großen Pöbler, die von Jean-Remy von Matt so verhaßt sind? Bin ich ein Klowandbeschmutzer? Hier das Beweisfoto von meinem Mobiltelefon!

Die Klowand ist tot, es lebe die Klowand – weil jeden Tag eine neue hinzukommt, und es unaufhörlich neue Klowände im Internet geben wird. Sollte eine vollgeschmiert sein, machen wir einfach eine neue auf – und besonders Jean-Remy kann uns nicht daran hindern, denn Du bist Deutschland und nicht wir. Oder ist das nicht vielleicht doch nur Auslegungssache eines Mannes von belgisch-schweizerischer Ausbildung, der nicht so laut „Du bist Deutschland“ in den Wald rufen sollte? So wie man hineinschreit, so hallt es ja immer wieder heraus…

Der kreative Kopf der Werbeagentur Jung von Matt plaudert aus seinem Nähkästchen über die jüngsten (und älteren) Reaktionen zur Mutmachkampagne Du bist Deutschland. Dafür zeigt Jens Scholz für alle die reine Wahrheit und publizierte diese schönen Worte in seinem eigenen Blog, woraus ich entsprechende Passagen kommentieren möchte.

Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man sich für ein Geschenk bedankt, selbst wenn man damit nichts anfangen kann. Wie Recht sie hatte, ist mir gerade wieder klar geworden.

Wie schön, dass ihre Mutter so tugendhaft war. Jedoch bezweifel ich, dass ein Geschenk jemand erfreut, wenn er/sie es noch nicht einmal haben möchte. Aber schaun wir doch mal, ob ein Geschenk auch ein Geschenk ist wie eine ungewollte Kampagne. Hat das nicht schon Tendenzen einer Propaganda?

Vor zwei Wochen startete „Du bist Deutschland“, die größte gemeinnützige Kampagne aller Zeiten und ein riesiges Geschenk.

Ein Geschenk von einer gemeinnützigen Art, wie die DbD Kampagne beschrieben wird, sehe ich in keinster Weise durch die Kampagne repräsentiert. Gemeinnützig bedeutet nicht, Unsummen für die Bewerbung einer „Mutmachkampagne“ zu vergeuden. Diese hätten bedürftige karikative Einrichtungen wesentlich besser gebrauchen können, als Karl-Otto, der abends vor der Flimmerkiste mit dem Bier auf dem Bauch stöhnt und sich einen Pfurz darum schert, was die Prominenten alles für muntere Sprüche drauf haben. Diese unmotivierten Zuschauer scheren sich nämlich nicht um irgendwas gemeinnütziges, sondern sind nur um ihr eigenes Ego befunden.

Die großen Verlage haben Zeit und Raum im Wert von 35 Millionen Euro geschenkt. 30 Promis der ersten Liga haben Zeit und ihr Gesicht geschenkt. Wir und kempertrautmann haben Zeit und Herzblut geschenkt.

Mit 35 Millionen Euro kann man Kindergartenplätze finanzieren, die Armut bekämpfen und Menschen glücklich machen. Die Prominenten dieser ersten Liga helfen sicherlich auch für die eine oder andere Organisation, aber für 35 Millionen Euro reißen sich doch die Organisationen ein Bein aus, um an diese Summen zu kommen, die in findigen Werbeetats verschlammen oder in der aufwendigen Schönheitsoperation einbetonniert werden wie schon allein der Produktion der Werbespots und -anzeigen.

Das Ziel: Die Miesepetrigkeit bekämpfen.

Guter Ansatz, jedoch ist die Miesepetrigkeit ebenso in den Köpfen derjenigen verankert, die zur Kampagne beisteuern – die Unternehmen, die Politik und die Gesichter selbst. Warum will mir ein Prominenter erzählen, wie und wo ein Schmetterling rumfliegt und wie das ganze mein eigenes Potential maximieren soll?

Der Dank: Miesepetrigkeit. Glücklicherweise nur von den Gruppen, von denen man nichts besseres erwarten konnte:

Die Gruppen sind dein Deutschland. Bist Du Deutschland? Nein.

1. Von den Werbekollegen, die sich in den Branchenblättern eifrig zu Wort meldeten. Viele von ihnen finden die Kampagne nutzlos, „weil Werbung doch nicht das gegeignete Mittel sein kann, eine Nation wirtschaftlich wieder nach vorn zu bringen“. Nicht gut, wenn unsere Branche selber nicht mehr an die Kraft von Kommunikation glaubt.

Klappe zu und Maul halten. Das nennt sich Meinungsvielfalt, und sicherlich ist die Meinung der Werbekollegen genauso wichtig wie deine eigene. Frag doch deine Mutter, ob es höflich ist, sich nicht für kreative Kritik zu bedanken, oder die dann einfach mit der Pfui-Bah Kelle niederzuschlagen?

2. Von den Weblogs, den Klowänden des Internets. (Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern? Und die meisten Blogger sondern einfach nur ab. Dieser neue Tiefststand der Meinungsbildung wird deutlich, wenn man unter www.technorati.com eingibt: Du bist Deutschland.)

Gern geschehen, und unsere Toilette ist sauber. Meinungsvielfalt spricht doch für sich, oder sind die Du bist Deutschland Spots für den „Volksempfänger“ gedacht? Eine Meinung, eine soll es geben – die meine natürlich? Kennen Sie eigentlich den Artikel 5 des Grundgesetzes? Er lautet wie folgt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (siehe Lawblog) Wo kommen sie eigentlich her? Oder hatte ihre Mutter bei all dem tugendhaften Benimmlehren die Diktatorische Konditionierung angewandt?

3. Von den intellektuellen Journalisten von FAZ bis TAZ, die ihre Meinung zwar insofern gefragt absondern als sie eine nachweisbare Leserschaft haben, aber: „Den Höhepunkt an Zynismus gewinnt die Kampagne aber in dem Fernsehspot, der Schwule und Behinderte auf dem Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals versammelt“ (Die Zeit).

Siehe oben. Journalisten sind doch die vierte Macht im Staate. Warum erkennen sie dieses Machtverhältnis nicht an? Neben der Meinungsfreiheit kennen wir in Deutschland auch die Pressefreiheit. Wozu aber das ganze? Warum nicht die Mattigkeit statt allem anderen? Das ist ganz bestimmt Deutschland, oder nicht?!

Blöd, wenn man soviel Kopf hat, dass einem jedes Bauchgefühl verloren gegangen ist.

Blöd, wenn man so wenig Hirnschmalz einsetzt und eine solche E-Mail verfasst!

Übrigens: Sebastian Turner findet die Kampagne einfach nur falsch.

Meinungsfreiheit – ein Garrant für Artenvielfalt. Sind nicht auch die Käfer berechtigt unter der Sonne zu leben?

Falsch, was ist das? Auch nach dem 50. Mal gucken, bin ich von dem TV-Spot immer noch berührt bis ergriffen – obwohl ich nicht einmal Deutschland bin.

Ich gratuliere ihnen zu diesen Gefühlen. Es berührt mich auch – besonders weil ich das ganze Geld in andere Aktivitäten gesteckt hätte. Freuen sie sich über das Ausmaß der Wogen, die diese Kampagne beispielslos in der Presselandschaft und an den Klowänden geschlagen hat.

Kann das falsch sein?
Euer Jean-Remy

Falsch, was ist das? Meinungsfreiheit und Kritik. Das ist anscheinend falsch. Danke, für deine Meinung, lieber Jean-Remy.
Dein Mike

Mehr zum Ganzen gibt es bei Thomas Knüwer, Werbeblogger, Schnuckilein, Realize Me, Nerdcore, Rebellen und ganz viel mehr bei Technorati! Sehr interessant ist auch die Abmahnung und der Versuch des Verbots von www.wieder-deutschland.de. Meinungsfreiheit? Das ist nicht Deutschland…