re:publica 2015: Das neue Festival der Digitalbranche

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Die re:publica, vor Jahren gestartet als netzpolitische Konferenz, hat sich zu einem Festival der digitalen gesellschaft entwickelt. Unter den 6.000 Teilnehmern waren auch viele Marketer und Social Media Manager in Hoodies. Ein perfektes Umfeld für Marken, um intelligent für sich zu werben.

Im Mai atmet die Digitalbranche bekanntlich nur noch die frische Berliner Luft ein. Rund 6 000 digitale Denker stehen Gewehr bei Fuß, wenn die re:publica als größtes Digitalfestival in Europa ihre Pforten für netzpolitische Ideen und für die Digitalisierung der Gesellschaft öffnet. Bis zu 450 Referenten auf zahlreichen Bühnen wollten unter dem Motto „Finding Europe“ den Teilnehmern helfen, aus der deutschen Sichtweise auszubrechen und ihr geistiges Niveau auf ein pan-europäisches Level zu heben.

Die re:publica entwächst ihrem netzpolitischen Kern

Jedoch wirkt es so, als ob sich die eigentlichen Inhalte zum Nebenschauplatz entwickelt haben. Die einstige Bloggerkonferenz hat sich erfolgreich zu einem kleinen Festival gemausert. Hier finden sich nicht nur die Netzenthusiasten, Blogger und Entwickler, die allzu gerne über Edward Snowden, NSA- und BND-Affären, Urheberrecht, Datenschutz und internationale Digitalmächte philosophieren.

Nein, die Konsequenzen des digitalen Wandels in den Köpfen der Teilnehmer sind deutlich spürbar, so dass die re:publica ihrem netzpolitischen Kern entwächst und gleichzeitig für immer mehr Persönlichkeiten der Digitalbranche interessant wird. Mittlerweile laufen viele Geschäftsleute, Marketingentscheider, Mediaplaner, Social Media Manager und Kundenversteher umher und mischen sich in T-Shirt, Hoodie, Jeans und einer Flasche Craftbeer in der Hand unter die Besucher. Schließlich sind die sommerlichen Tage für das Networking auf der re:publica aufgrund der Ungezwungenheit mehr als charmant. So darf das Berliner Digitalfestival zu Recht behaupten, dass es sich immer wieder neu erfindet und für die Konferenzbesucher und so manche Unternehmen ein stilechtes Ambiente bietet.

Richtig, was wäre eine Konferenz ohne zahlungswillige Unterstützer. Rund um den Zirkus auf dem berühmten Affenfelsen, der als manifestiertes Sinnbild einer Ruhezone im Konferenzmittelpunkt dient, fanden sich einige Unternehmen ein, die sich nah an ihrer Zielgruppe der digitalen Akteure positionieren wollten. Anstatt mit großflächigen Plakaten für sich als Sponsoren und Unterstützer zu werben, setzte man auf dezenten Aktionismus und brachte sich ganz persönlich ins Spiel.

Die digitale Gesellschaft fordert Bier, Burger und Barbecue

Einige findige Startups und manch größere Unternehmen haben nämlich sehr gut verstanden, wie sie sich beim Konferenzpublikum in Szene setzen müssen. Das Quäntchen Aufmerksamkeit der kritischen Masse möchte schließlich verdient sein. Nicht durch altbewährte Imagekampagnen und die Präsenz auf dem eigenen Messestand, sondern durch die direkte Verkostung manch edler Getränke und kulinarischer Köstlichkeiten konnten die Peergroups umworben werden: Nichts funktioniert schöner als die Emotionalisierung einer Marke durch den biologischen Ansatz, die Mägen der Besucher zu füllen.

Sei es das Digitalmagazin t3n, das neben einer fahrenden Fotobox eine auserlesene Teilnehmerschaft auf ein abendliches Kaltgetränk nebst Networking einlud, oder das #preBBQ der Urlaubspiraten, die als Startup-Unternehmen im exklusiven Ambiente des Rice & Royals zu Barbecue, Burgern und Sushi noch am Abend vor dem offiziellen Beginn der re:publica feiern konnten. Als Sonderevents zeichneten 1&1 für das Blog’n’Burger verantwortlich, während Fischerappelt mit dem bits&bites die Grillfreunde auf die Dachterassen in Berlin Mitte lockte. Hinzu gesellten sich die Guerilla-Tastups für Whisky-Liebhaber, bei denen manch große und manch kleine Marken die Gaumen erfreuten.

Marken und ihre Botschafter ganz ungezwungen

Doch die re:publica wäre nicht ein digitales Festival ohne Messestände. Auch hier wird eine Markenpräsenz erzeugt – mal direkt, mal indirekt. Als Beispiel für die Inszenierung von Testimonials und Stars positionierten sich ZDF und ZDF.neo mit Gesprächen und Selfie-Sessions mit den Fernsehstars, die manchem Bartträger illustre Freude bereiteten. Selbst HRS setzte auf Cleverness und suchte Fachkräfte, um bereitwillige Interessenten mit einer kostenlosen Selfiestange zu belohnen – denn Targeting und Advertising hätten hier nicht mehr geholfen.

Das Land Baden-Württemberg betrieb wieder einmal ein exzellentes Standortmarketing, um über die Aktion #BWJetzt wichtige Fachkräfte in die südliche Region Deutschlands anzuwerben. Wer Fragebögen, Formulare oder manch aufgezwungene Informationsgespräche an diesem Stand erwartet hatte, lag bei dem Konzept der #CampBar definitiv daneben. Im Mittelpunkt des Treibens standen verschiedene Produkte von regionalen Champions, die jeder Standbesucher mit einem Tweet kostenfrei bestellen kann. Sei es das #Freubier in Form des Rothäuser Tannenzäpfle oder das #Twitterlemon für ein Bitterlemon der Marke Isis, der Beutelsbacher Fruchtsaftkellerei in Weinstadt. An diesen Beispielen zeigt sich, dass Marken, Unternehmen und Institutionen sehr wohl den Nerv eines digital handelnden Konferenzbesuchers treffen können – mit positiven Effekten.

Dieser beispielhafte Aktionismus von Marken und Unternehmen funktioniert perfekt auf der re:publica, weil sie nahezu Hand in Hand mit den entscheidenden Zielgruppen agieren und im Kopf positive Emotionen auslösen. Hier drängt sich niemand auf, keiner fragt mit werblichem Unterton – und dennoch können die Teilnehmer sich sofort an die Marken erinnern, weil sich niemand seinen Zielgruppen aufgedrungen hat. Wenn es davon doch nur mehr geben könnte, gerne auch andernorts und nicht nur auf dem Digitalfestivals namens re:publica?