Blogkultur: Magazinstyle, Individualismus und Kommerzkacke

Die Lager spalten sich: Einerseits sind Weblogs chronologisch sortierte Inhaltsblockaden, die von einzelnen Seelen verfasst werden und in geordneter inhaltlicher Reihenfolge dem Leser ein Mindestmaß an Vertrautheit vorgaukeln dürfen. Andererseits sind es moderne Mythen der Kommunikation, die von einzelnen Seelen verfasst werden und in absolut chaotischer Hierarchie dem Leser ein Maximum an Nutzen bieten sollen. Das eine sind Blogs wie man sie kennt, das andere sind Weblogs im Magazinstyle. Bei Robert und anderen Autoren lesen sich elendig lange Artikel über das Für und das Wider, neben den frei erhältlichen Themes oder gedanklichen Anregungen existiert bereits die kommerzielle Schiene, die dem Blogbetreiber das Geld aus der Tasche ziehen will. Doch was ist hier relevant? Die Startseite als Magazin, wenn alle anderen Inhalte als originäre Blogeinträge in Einzelansicht verfügbar sind? Das ist doch Gang und Gäbe bei allen Nachrichtenportalen. Nur weil die damalige Blogsoftware so rudimentär und technisch simpel war, muss man sich heute doch nicht vor einer Modernisierung der Startseite verstecken.

Brauchen wir diese Diskussion also überhaupt? Ein belangloseres Thema könnte man sich kaum ausdenken – und das ist für mich damit der erklärte elitäre Grund darüber zu schreiben. Ich glaube fest daran: Wer mit seinem Blog groß rauskommen möchte, sollte für sich das bestmögliche aus allem herauspicken und sich nicht beim Bloggen durch diese kontraproduktiven Diskussionen beeinflussen lassen. Selbstbeweihräucherung oder Randgruppenprobleme wie das Thema der von einigen Idealisten geforderten Werbefreiheit in Blogs sowie die „Was ist ein Blog“ Diskussion sind nicht das, was der Autor für sein Blog sucht. Bloggen ist mehr als nur hohle Worte von anderen konsumieren. Es ist vielmehr die Partizipation des Einzelnen in einem hegemonialen Gefüge unserer schönen neuen Medienlandschaft. Einfach reinreden kann dabei jeder, doch selbstmachen und kreative Energie umsetzen – das können die wenigsten.

Warum bloggt das Volk eigentlich nicht? So fragt Robert seine Leser auf der Suche nach einer Allgemeinformel der bloggischen Daseinsberechtigung. Die persönliche Blogkultur läuft immer auf das Individuum mit seinen Wünschen, Träumen, Zielen und Charakteristika hinaus. Damit ist auch das wichtig, was das Individuum sagen will. Und schließen wir spezifische Projektblogs oder Corporateblogs für Zwecke des Marketings und der Public Relations hierbei aus, weil dabei das einzelne Thema oder Unternehmen irgendwie doch im Vordergrund steht, so lässt sich beobachten: Bloggen ist Individualismus. Bloggen ist der öffentliche Seelenstriptease mit Coming-Out. Blogkultur ist die Macht des einzelnen Schreiberlings sein Gedankengut zu formulieren.

Der Leser darf lesen, kommentieren und beisteuern. Aber noch einmal zurück zum Magazinstyle als neue Form der Blogkultur: Wir alle entscheiden über ein Layout, die Kommerzialisierung, die Regelmäßigkeit oder was auch immer das Bloggen für einen Autoren darstellt – das alles darf jedoch ein Leser nicht. Auch dann nicht, wenn es ein Magazinstyle im Blog gibt. Selbst der persönliche Kommerz wie das Verkaufen von Textlinks, Werbeanzeigen, ganzen Artikeln oder der eigenen Seele an den Teufel – hier macht nicht der Leser den Vertrag, sondern der Blogautor ist der Herr der Ringe alias Sauron persönlich. Frodo ist tot, es lebe das Blog. Der Leser kann nur entscheiden, ob er das Blog lesen möchte – ob Magazin oder nicht, für den Leser wird der Inhalt interessant (oder langweilig), denn der einzelne Beitrag wird über die optischen Darstellungsformen der Web 2.0 Welt triumphieren. Wenn Magazine von Nachhaltigkeit zeugen, werden sie sich durchsetzen. Sollte es floppen, kommen andere Dinge auf uns zu, die wir wieder brav diskutieren werden… wie ein ewiger Teufelskreis!

9 Kommentare
  1. Martin Hiegl sagte:

    Sehr schön geschrieben, das kann ich voll und ganz unterschreiben. Ich werde in den nächsten Wochen mein Layout aktualisieren, mehr in Richtung Magazin rücken.

  2. Patrick sagte:

    Da geb‘ ich dir vollkommen Recht. Jeder muss selber entscheiden, wie, wann, wo, mit was und wieviel er bloggt. Wenn’s denn Leuten nicht passt dann brauchen sie’s ja nicht lesen.

    Greetings

  3. Webfunk sagte:

    Hallo Mike, es spricht nichts gegen die Modernisierung der Startseite und auch nichts gegen neue Ansätze für ein Blogdesign im Allgemeinen, das hat bisher keiner der Beitragsschreiber auch nur im Ansatz angedeutet. Da das Thema aber derart belanglos ist, das es mittlerweile Zahlreiche Beiträge (wie auch Deinen) dazu gibt und darüber hinaus die Diskussion in Deinen Augen kontraproduktiv ist, frage ich mich doch stark, wieso Du belanglose Themen in Deinem Blog aufgreifts und die Kontraproduktivität auch noch durch weitere belanglose Argumente förderst? Mal abgeshen davon zeigt Deine durchweg doch recht „merkwürdige“ Ausschmückung Deines Beitrags, das Du inhaltlich im Grunde nicht viel beizutragen hattest. Auch Dein Dein Artikel hat eine gewisse „elendige“ Länge erreicht, sagt aber im Grunde nicht viel aus und ist damit unter den bisherigen Beiträgen der einzig kontraproduktive. Diskussionen leben von unterschiedlichen Meinungen, Deine sachlichen Argumente kann ich diesem Artikel hier jedoch leider nicht entnehmen.

    Mark (Webfunk)

  4. Mike Schnoor sagte:

    @Martin – Bei mir wird es nicht anders sein – der Magazinstyle kommt und ich lasse mir von niemandem dazwischen quatschen. Nur der Faktor Zeit (Freizeit) spielt so eine andere Rolle… :D

    @U – Genau!

    @Patrick – Genau das ist es. Das „Wir-Gefühl“ kommt mir irgendwie auch in den Blogs viel zu kurz, und das schon seit längerer Zeit…

    @Mark / Webfunk – Ich hatte mich beim Schreiben nicht explizit auf die oben verlinkten Beiträge bezogen. Dennoch ist der Tenor in der Blogosphäre für meinen Geschmack sehr stark von einer negativen Haltung gegenüber dem Magazinstyle geprägt. Nebenbei finde ich elendig lange Artikel gut – Du nicht? :)

  5. Webfunk sagte:

    Was ich von meiner Seite aus nochmal deutlich machen wollte ist, das ich keineswegs eine ablehnende Haltung gegenüber Magazinlayouts einnehme. Der Beitrag versucht nur darzustellen, dass bei der Umstellung eines Blogs auf ein magazinähnliches Design dies durchaus Auswirkungen auf den Leser hat, ob meine Schlussfolgerungen richtig oder falsch sind ist dabei nicht wichtig. Ich selbst hatte den Tenor nicht so negativ verstanden zumal ich am Ende meines Beitrags auch klar mache, das aus meiner Sicht überhaupt nichts dagegen spricht ein Mag-Layout einzusetzen.

    Womit ich Dir Recht gebe ist der Aspekt des „Wir-Gefühls“, ich glaube aber auch, dass bei zu vielen Autoren der Bezug des Lesers zu einer „greifbaren“ Persönlichkeit die dahinter steht doch etwas verloren geht. Das hat aber keine Allgemeingültigkeit und ein gut geführtes Multiauthoring-Blog in welchem Layout auch immer hat da sicher auch keine Probleme.

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] es mir in meinem eigenen Blog auch Spaß bringt zu bloggen. Lange habe ich über den “Magazin-Style” nachgedacht, lange habe ich feststellen dürfen, dass mir privat einfach die Zeit dazu […]

  2. […] Februar 6th @ 08:10 by Thorsten Der Sichelputzer hat zu diesem Thema einen interessanten Artikel geschrieben. Immer mehr Blogger springen ja auf den fahrenden Zug der Magazin-Themer auf. Und nicht […]

  3. […] abschließend ein Zitat von Mike Schnoor aus seinem heutigen Artikel zur Blogkultur: Warum bloggt das Volk eigentlich nicht? So fragt Robert [Basic] seine Leser auf der Suche nach […]

Kommentare sind deaktiviert.