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Gut zwei Wochen ist es her, seitdem die Welt Kompakt einem Relaunch unterzogen wurde. Nicht nur der klassische Print-Titel konnte sich der inhaltlichen Erweiterung und Umgestaltung der Themenschwerpunkte freuen, vor allem profitierte die deutsche Verlagsbranche von diesem kühnen Stunt des Axel Springer Verlags. Wer hätte es bis vor kurzem überhaupt für möglich empfunden, dass eine gedruckte Zeitung die Freigeister der Netzkultur und Protagonisten der Social Media, der Digitalen Clique so begeistern konnte?

Das schaffte die Zeitung, indem sie sich so intensiv wie im Print nur möglich mit dem Internet und Social Media auseinander setzt. Dabei wird nicht nur ein eigenes Ressort zu dem Thema auf einer Doppelseite ablichtet. Vielmehr findet eine Vollintegration von einer jederzeit bei Facebook und Twitter ansprechbaren Redaktion auf die Beine statt. Dieser Mut, etwas Neues zu probieren und sich trotz einiger Kritiker durchzusetzen, verdient Respekt und Anerkennung.

Auf einmal standen Promoter an den Ecken, die die Welt Kompakt verteilten. Im Flieger nach Berlin wurde sie mir bereitwillig ausgehändigt. Unzählige Plakate mit verschiedenen Motiven zum Nachdenken finden sich als Teil dieser breit angelegten Kampagne auch in Köln und vielen anderen Städten wieder. Auch der Besitzer vom kleinen Tabakladen in Ehrenfeld schwärmt von der Welt Kompakt und händigt sie mir schon fröhlich jeden Tag aus – und weist mich darauf hin, dass die doch am Vormittag gerne schnell vergriffen ist. Wieso zum Teufel hat man seit zwei Wochen nur die Welt Kompakt im Kopf?!

Vielleicht deswegen, weil es ein einzigartiger und neuer Ansatz ist, um der Medienwelt in Deutschland mehr Leben einzuhauchen. Viele deutsche Verleger lamentieren seit einiger Zeit öffentlichkeitswirksam über die düstere Zukunft ihres Metiers. Sie haben oft die zukünftigen Trends verschlafen oder erst viel zu spät reagiert. Man denke nur an das Abwandern der Anzeigenkunden mit ganzen Etats nur in den Online-Werbemarkt, oder das Versagen vom Print im aussichtslosen Kampf gegen den Tod der regionalen und lokalen Kleinanzeigenmärkte. Und die Verleger verlangen jetzt mit endlosen Plädoyers nach der Einführung von Leistungsschutzrechten für ihre journalistischen Erzeugnisse. Im Internet muss guter Journalismus mit fundierten Recherchen, tiefgründigen Inhalten und objektiv qualitativen Aussagen geschützt werden. Keine Frage, dahinter stehe ich immer mit einem Bein. Doch mit dem anderen Bein stehe ich weit weg auf der anderen Seite. Denn wer seinen durchaus für den Nutzer kostenfreien Online-Content, der sich ja bereits seit Jahrzehnten mit Werbung refinanziert, am liebsten über Paid-Content als Geschäftsmodell zur Monetarisierung des journalistischen Produkts refinanzieren möchte, und dann auch noch an staatliche Unterstützung denkt, der hat nicht verstanden, dass der Nutzer längst die Macht in den Händen hält.

Wir definieren durch unser Interesse und unsere Nachfrage genau die Inhalte, die wir von den einstigen Gatekeepern in journalistischer Aufbereitung zu lesen bekommen. Und die Meinung bilden mittlerweile einzelne Leuchttürme im Netz, die eigenständige Individuen und keine ganzen Redaktionen sind. Wir bilden doch unsere Meinung jeden Tag, ein redaktionell geführtes Medium versucht sich so nah an der idealen Meinungsbildung für die Masse heranzuwagen, wie nur möglich ist. Der einzelne Leser hat keinen direkten Einfluss auf das Produkt, was ihn am nächsten Morgen erwartet. Leserbriefe gab es ja schon immer, doch wie ist die nächste Stufe? Der Leserreporter oder der Bürgerjournalist? Ohne zu viel Kompetenz aufzugeben, muss ein Verlag umdenken und neue Strukturen zur Kommunikation auf Augenhöhe mit seinen Lesern etablieren. Was liegt also näher, als den Nutzer, den Leser, den Hörer, den Zuschauer, den Prosumenten als Individualisten in das klassische Produkt zu integrieren?

Ein logischer Schluss, der meiner Meinung nach bei der Welt Kompakt sehr erfolgreich umgesetzt wurde. Was habe ich mich gefreut wie ein Schneekönig, als ich einmal mit meinem Kommentar über Twitter und ein weiteres Mal über Facebook den Weg in die gedruckte Welt Kompakt fand? Mein Bedürfnis der Anerkennung als Leser wurde endlich von einer Redaktion befriedigt, indem ich nicht nur als fremde Meinung eines Leserbriefs dargestellt wurde, sondern als integrierter Bestandteil auf zumindest der thematischen Doppelseite zu Internet und Social Media meinen Namen fand.

Auch ist das Engagement vieler Redakteure und Journalisten der Welt Kompakt bei Twitter sehr reizvoll. Nicht jeder von ihnen nutzt Microblogging regelmäßig, doch man findet Kontakt und Dialog mit ihnen. Etwas, was nicht nur den PRler in mir freut, sondern mich einfach begeistert. Viele andere Journalisten in Deutschland, wenn wir mal die urtypischen Köpfe der Bloggerszene und diejenigen aus dem Bauch von Social Media heraus ignorieren, verstehen noch nicht einmal, dass der Dialog mit den Lesern auch außerhalb des eigenen Blattes stattfinden kann. Wow, was also will man mehr?

Eigentlich alles. Da reicht die Welt Kompakt einem den kleinen Finger, und man möchte gleich den ganzen Arm vor Begeisterung abreißen. Ja, am liebsten würde ich selbst einen meiner Artikel, sofern sie auch einen thematischen Bezug zum Blatt oder inhaltlichen Nutzwert für den typischen Leser bieten, in der Welt Kompakt wiederfinden. Nicht als einfache Kopie meines gebloggten Wortes, sondern als legitimierter Gastautor vielleicht. Oder als lokaler Berichterstatter für den neuen Lokalteil über Köln agieren. Im Prinzip möchte man als Leser doch das realisieren, wodurch einen die digitalen Bürgerzeitungen im Netz bereits im Ansatz befähigte, nur in Form einer übersprungenen Barriere zwischen digitaler Kluft und gedrucktem Wort. Traumvorstellung? Wenn die Welt Kompakt, zumindest wie Thomas Knüwer es schrieb, auch Blogartikel abdruckt (hoffentlich nur nach Nachfrage und lizenzrechtlicher Genehmigung), wäre das doch mal ein interessanter Aspekt.

Fast zwei Wochen brauchte ich, um mir meine Gedanken zu dem Neustart der Welt Kompakt zusammen zu reimen. Nebenbei vergaß ich auch das Bloggen, denn ich las sehr gerne die gedruckten Artikel, was auch meine private Freizeit limitierte. Das Thema wurde bereits sehr oft auf Twitter, in zahlreichen Blogs und in diversen Fachmagazinen der Medienbranche breit getreten. Bringt es also heute noch, eine Blattkritik zu dem Thema zu veröffentlichen? Ohne das Kauderwelsch von vielen Kollegen zu wiederholen: Ja, man kann es sich erlauben, dazu etwas zu schreiben. Ich bin stolz auf das Produkt, was ich jeden Morgen in Händen halten darf. Als reger Leser, der selbst seine Wurzeln in der Zeitungslandschaft sieht, habe ich seit dem Relaunch der Welt Kompakt wieder unglaublichen Gefallen an der Tagespresse gefunden, nachdem ich für fast fünf Jahre keinen Pfennig, ja keinen Cent, für die morgendliche Zeitungslektüre ausgab. Hut ab für das Wagnis, dem totgesagten Print neues Leben einzuhauchen und so intensiv die digitalen Kommunikationsmittel von Twitter, Facebook, Blogs und den Zeitgeist von Social Media in eine gedruckte Publikation zu integrieren. Das darf ich begeistert behaupten – und nein, von der Redaktion wurde ich nicht für diesen Artikel geschmiert. :)

Die Axel Springer AG beabsichtigt die Veräußerung ihrer mittelbaren Beteiligung an der ProSiebenSat.1 Media AG. Insgesamt stehen jeweils 12 Prozent der Stamm- und Vorzugsaktien zum Verkauf für einen Kaufpreis von insgesamt 509.359.881,60 Euro – was durchschnittlich Euro 19,40 je Stamm- und Vorzugsaktie bedeutet. Natürlich steht diese Transaktion von dieser mittelmäßigen Summe unter der Aufsicht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK).

Die Axel Springer AG hatte bereits im vergangenen Jahr versucht, den TV-Konzern selbst zu übernehmen, jedoch machte das Kartellamt einen Strich durch die Rechnung. Der darauf erfolgte Verkauf der Sendergruppe durch US-Unternehmer Haim Saban an Permira und KKR. Mit der gestern Abend angekündigten Veräußerung der gesamten Springer-Anteile in Höhe von 12 Prozent des Gesamtvolumens von ProSiebenSat.1 steht bei Zustimmung durch die KEK wieder ein Scheunentor für Permira/KKR offen. Ob man gratulieren soll, bleibt daher fraglich, zumal Premira/KKR bereits 50,67 Prozent des Grundkapitals und 88 Prozent der Stammaktien gehören.

Das Community-Fieber ist ausgebrochen. Zwei der größten Versandhaus-Handelsketten starten ihre neuen Shopping-Portale mit einer ordentlichen Portion an Einkaufsmöglichkeiten. Einerseits ist dabei das Gemeinschaftsunternehmen „MyBy“ zu nennen, das von KarstadtQuelle (74,9 %) und der Axel Springer AG (25,1 %) entwickelt wurde. Die Kunden können sich an typischen Elektronik-Artikel wie Computern, TV, Hi-Fi, Foto, Handy, Navigation, Entertainment und Haushaltsgeräten satt kaufen, zumal in der Startphase keine Versandkosten anfallen sollen. Die ersten Vermutungen über die Strategie, ein Amazon-Killer zu werden, lesen sich übrigens auch bei Alexander Hüsing. Meiner Meinung nach hat jedoch ein solches Portal weniger Chancen, da die zentralen Mechanismen seit Jahren im Netz Gang und Gäbe sind. Ein bisschen mehr Innovation hätte ich da schon erwartet – Social Networking wird hier nicht mal ausgeschrieben.

'myby - Online Shopping Community' von Sichelputzer

Ganz anders kommt Smatch.com rüber: Die in Kürze startende webzwonullige Betaphase lädt herzlich ein, dass die Kunden Artikel aus den drei Bereichen Mode, Lifestyle und Wohnen von verschiedenen Händlern finden können. Kein reiner Preisvergleich, sondern eine echte Community mit Bewertungen, Kommentaren und Empfehlungsmanagement soll den anderen Nutzern von Smatch den essentiellen Mehrwert bieten, den der affine Internetnutzer von vielen Portalen im Web gewöhnt ist. Der Vernetzunggrad in der Community soll jedoch nicht im Mittelpunkt stehen – bei diesem Shopping-Portal geht es letztendlich auch um die Produkte selbst. Smatch selbst wird von Otto initiiert und ist in der Hinsicht kein echtes Startup, wie es der Anschein vermuten lässt. Wenn die frühe Berichtslage auch einen idealen Rückschluss auf das uns zu erwartende Shopping-Portal geben lässt, könnte dies eher ein MyBy-Killer werden…

'Smatch - Online Shopping Community' von Sichelputzer

Alles in allem gibt es nun so viele verschiedene Player am Markt des – nennen wir es aufpolierten Shoppings, dass man sich als Kunde (die obigen zwei) oder Webseitenbetreiber (Shoppero, Edelight, Dealjäger) gehörig überlegen muss, auf welches System man sich konzentrieren möchte. Partizipation am Shop gefällig? Widgets? Doch nur Kunde sein? Wo hört die Grenze eigentlich auf… denn mittlerweile ist alles so schön schwammig geworden.

Die Axel Springer Akademie vergibt im Rahmen des Projektes „Scoop!“ bis zu 500.000 Euro Fördergeld für die Realisierung eines originellen Medienprojekts. Über den Zeitraum von vorerst zwei Jahren soll künftigen Medienmachern keine Grenzen gesetzt werden. Alle Mediengattungen von Print, Plakaten, Kinowerbung, Radio, TV und natürlich das Internet sind einbezogen.

Dabei steht jedoch der journalistische Grundgedanke im Vordergrund, so dass höchstwahrscheinlich auf Social Web und Social Communities basierende Projekte sich etwas schwerer tun werden. Die Jury wirkt dafür zu traditionell aufgebaut und nur einer davon ist wirklich auch im Webzwonull-Business unterwegs: In der 14köpfigen Jury sind Oliver Berben (Filmproduzent), Mirko Borsche (Art Director), Michael Conrad (Präsident Berlin School of Creative Leadership), Florian Henckel von Donnersmarck (Regisseur), Max Hollein (Direktor Schirn Kunsthalle Frankfurt), Jette Joop (Designerin), Dr. Tanja Kinkel (Schriftstellerin), Michael Michalsky (Designer), Felix Petersen (Mitgründer der Online-Plattform plazes.com), Miriam Pielhau (Moderatorin), Tim Renner (Musikproduzent), Nadine Schemmann (Illustratorin), Jan-Eric
Peters und Dr. Andreas Wiele vertreten. Bis zum 31. August 2007 können die Vorschläge unter www.mein-scoop.de eingereicht werden. Gleichzeitig wird die Initiative seitens des Axel Springer Verlages in einer Print- und Onlinekampagne begleitet, wodurch man sich entsprechende Aufmerksamkeit erhofft.

Für mich zählt dabei nicht, dass diese Förderung von Axel Springer begleitet wird, sondern dass überhaupt wieder ein Förderpreis ausgelobt wird. Anstatt einer neuaufgelegten Mutmachkampagne, die letztendlich auch einer medienwirksamen Bereicherung dient, wird zumindest ein Preisgeld versprochen. Der Anstrich ist zwar nicht neu, jedoch wirkt er frischer als es vermuten lässt. Die Tatsache, dass Kleinbloggersdorf mit von der Partie ist, scheint dabei selbstverständlich zu sein. ;)

Sehr eindrucksvoll wird man heute von einigen Meldungen zum Axel Springer Verlag überhäuft. Einerseits wird die Mehrheit an der wallstreet:online-Gruppe übernommen, das zugleich mit einem Personalwechsel kombiniert ist. Andererseits wird die angekündigte „Online-Offensive“ wie beispielsweise durch die neue Onlineausgabe der Welt weiter vorangetrieben. Außerdem steht durch die Einführung der neuen Programmzeitschrift „TV Guide“ zum Kampfpreis von 50 Cent ein neues Format im Zeitungskiosk. Und zu guter Letzt wird Bild.T-Online.de als Informations- und Entertainmentangebot ausgebaut.

Die fortgeschrittene aggressive mediale Aufbereitung hat jedoch auch Symbolcharakter: Es wirkt wie ein neues Zeichen am Horizont der gefährdeten Meinungsbildung durch den damit verbundenen Dominanzcharakter des Axel Springer Verlags. Aber ich will ja den Teufel nicht an die Wand malen…