Investitionsbedarf: 70 Milliarden Euro pro Jahr für digitalen und klimafreundlichen Umbau der NRW-Wirtschaft

Wie hoch lässt sich der digitale und klimafreundliche Umbau der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen beziffern? Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hat erstmals einen Investitionsbedarf in Höhe von bis zu 70 Milliarden Euro pro Jahr in NRW ermittelt. Die Studie benennt zwölf Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung und vier zentrale Finanzierungsinstrumente, damit der digitale Wandel vollzogen werden kann. Die Feststellung des Investitionsbedarfs hilft dabei, das Umdenken in der mittelständischen Wirtschaft in Richtung Digitalisierung voranzutreiben.

Der Investitionsbedarf für den Umbau der Wirtschaft ist hoch: Für die Umsetzung der digitalen Transformation wären für NRW jährliche Investitionen in die Digitalisierung in Höhe von durchschnittlich 17,2 Milliarden Euro erforderlich, was einer Investitionsquote von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von NRW entspräche. Für die Investitionen in Klimaneutralität entfielen auf NRW für die Jahre 2021 bis 2030 jährliche zusätzliche Investitionen von 2,4 bis 18,0 Milliarden Euro, was Investitionen in Höhe von 0,3 bis 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von NRW entsprächen. Zusammen mit den Ersatzinvestitionen wären dies Investitionen in Höhe von 45 bis 55 Milliarden Euro pro Jahr.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Digitalisierung und Wirtschaft des Landes NRW. Foto: MWIDE NRW/F. Wiedemeier

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Wirtschafts- und Innovationsminister des Landes NRW: „Um Investitionen in die digitale und klimaneutrale Zukunft zu fördern und zu beschleunigen, brauchen wir neue Finanzierungsideen für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Die Studie zeigt, dass es auf eine strukturierte Zusammenarbeit und eine noch bessere Vernetzung der beteiligten Akteure aus der Finanzwirtschaft ankommt. Mit unserer Initiative Fin.Connect.NRW haben wir mit den Sparkassen, den genossenschaftlichen und privaten Banken sowie weiteren Kooperationspartnern erfolgreich erste Schritte zu einem neuen Finanzökosystem für das Land gemacht. Wir unterstützen die Unternehmen mit unserer Awareness-Kampagne dabei, die für sie richtige Transformationsstrategie zu finden.“

Dario Luipers, Kommissarischer Geschäftsführer des Mittelstand-Digital Zentrums Rheinland, kommentiert die Studie: „Die Gesamtheit der Unternehmen alleine im Rheinland benötigt für ihren Transformationsprozess definitiv die passenden Kapitalzuflüsse, z.B. in Form der Hilfe bei der Generierung von Fördermittel. Alleine wird die Mehrzahl der Betriebe die Investitionen nicht stemmen können. Die passenden Förderstrukturen als Finanzierungsinstrumente können helfen, die beiden Megatrends Digitalisierung und Klimaschutz zu vereinen. Unser Zentrum unterstützt mittelständische Unternehmen dabei, einen individuellen Fahrplan zu definieren, damit ihre Digitalisierungsvorhaben umgesetzt werden.“

Zwölf Transformationsprozesse der Digitalisierung

Der Transformationsprozess zu einer digitalisierten Wirtschaft erfordert entsprechende Investitionen, die sich laut der Studie an Innovationsmodellen von Unternehmen orientieren. Mit den drei zentralen Ansätzen von Basis- oder Sprunginnovationen, disruptiven oder radikalen Innovationen sowie erhaltenden oder inkrementellen Innovationen können Digitalisierung und Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachtet werden. Eine wesentliche Rolle für die Transformation spielen so genannte Schlüsseltechnologien, die die Richtung der Transformation entscheidend beeinflussen:

  1. Additive Manufacturing als 3D-Druck für individualisierte Komponenten bei Massenproduktionen
  2. Advanced Energy Storage Technologie zur Kompensation von saisonalen Schwankungen bei Wind- und Solarkraft
  3. Artificial Intelligence / Künstliche Intelligenz nach europäischen Werten und Regeln
  4. Big Data und Datenwirtschaft zur Erschließung und Optimierung von Geschäftsmodellen
  5. Blockchain zur sicheren, dezentralen und digitalen Übertragung von Vermögenswerten
  6. Internet der Dinge zur Vernetzung und autonomen Steuerung von Geräten, Maschinen und Produktionsanlagen
  7. Micro- and Nano-Satelliten zur optimierten Positionsbestimmung für autonomes Fahren und autonomes Fliegen
  8. Nanomaterialien im Einsatzbereich von Gesundheit, Umweltschutz und Energieeffizienz
  9. Neurotechnologien als Kompensation und zur Verbesserung menschlicher Leistungen
  10. Synthetische Biologie als Weiterentwicklung der Genforschung und Impfstoffherstellung
  11. Photonik als Optimierung von Licht- und Lasertechnologie und zur Kombination mit optischen Messverfahren und Künstlicher Intelligenz
  12. Energie-effiziente Gebäude und nachhaltige Industrie zur Vermeidung oder zum Auffangen und Speichern von überschüssigen Emissionen

Die Digitalisierung zählt zu den dringend erforderlichen Investitionen, da diese zwölf Schlüsseltechnologien den Weg für die mittelständische Wirtschaft dahin ebnen. Zwar zeigt sich eine hohe Wandlungsbereitschaft, jedoch erfordert dies entsprechendes Kapital. Denn für die digitale und klimaneutrale Transformation sind neben zukunftsweisenden Innovationen auch umfangreiche monetäre Investitionen erforderlich.

Vier Finanzierungsinstrumente für den digitalen Wandel

Dafür benennt die IW-Studie vier zentrale Instrumente zur Finanzierung des Investitionsvolumens: Transformationsfinanzierung durch Eigenmittel, Hausbanken, Förderbanken und Kapitalmärkte. Der optimale Finanzierungsmix wird eine entscheidende Rolle spielen, um die Investitionsbereitschaft von kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen. Zudem erweisen sich Anreize am Kapitalmarkt, beispielsweise über Anleihen oder Fonds mit oder ohne staatliche Beteiligung als relevant, damit die Digitalisierung umgesetzt werden kann. Wenn regulatorische Hürden und Risiken minimiert werden, lässt sich die Zukunftsfähigkeit des produzierenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handwerks und der Industrie mit den richtigen Finanzierungsinstrumenten sichern.

Nicht zu unterschätzen bleiben die Förder- und Informationsprogramme von Bund, Land und Kommunen, um die mittelständischen Betriebe vor Ort langfristig zu stärken. Die Megatrends unserer Zeit in Form von Klimaschutz in Kombination mit Digitalisierungsvorhaben zu erreichen, kann für viele Unternehmen die Chance sein, die Umsetzung dieser Vorhaben gefördert zu beginnen. Denn tatsächlich befindet sich die NRW-Wirtschaft und insbesondere die Unternehmen im Rheinland inmitten der digitalen und klimafreundlichen Transformation.