Personal Branding: Wie beeinflusst die Namenswahl die Karriere?

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Ein Namenswechsel kann bares Geld kosten – das besagen Studien zu Einstellungschancen und Verdienstmöglichkeiten verheirateter Frauen. Wenn man den richtigen – sprich prestigeträchtigeren -  als Ehenamen wählt, kann es sich jedoch für beide Partner auszahlen. Die Sache ist also kompliziert. Wenn Menschen danach gefragt werden, etablierte Dinge und bestehende Gegebenheiten zu ändern, kommt es oft genug zu einem Gewissenskonflikt. Insbesondere bei der Karriere scheiden sich die Geister, denn sobald es um die Heirat geht, stehen sich traditionelle Werte und moderner Lebensweise gegenüber. Für manche Menschen zählt der eigene Name zum individuellen Markenkern.

Der Mensch identifiziert sich mit sich selbst und baut sein Lebenswerk insgeheim über den eigenen Namen auf. Je ausgefallener, desto interessanter und auffallender können manche Namen wirklich Eindruck machen. Irgendwann im besten Alter begegnen viele Menschen mit einer Heirat nicht nur der ganz klassischen Herausforderung der Eheschließung, sondern sie machen sich wie Bloggerin Romy Mlinzk Gedanken um ihre Auffindbarkeit und Präsenz im digitalen Äther. Von heute auf morgen verändert sich alles und ihre womöglich penibel über Jahre hinweg aufgebaute Reputation droht zu schwinden. Sehen wir von den meist in unzähligen Suchergebnissen abtauchenden „Lieschen Müllers“ ab, kann der digitale Individualist auf seine Präsenz pochen. Was ist also zu tun? Ist der Name nur Schall und Rauch?

Gewiss steht außer Frage, dass sich Reputation zu einem relevanten Faktor für viele Einzelpersonen entwickelt hat. Einerseits ist die eigene Karriere immer häufiger von einer gelungenen digitalen Präsenz abhängig. Andererseits wirkt sich die Auffindbarkeit direkt auf das Kundengeschäft von Freiberuflern aus. Schließlich entscheiden die gefundenen Inhalte zu einem Namen immer über Gedeih und Verderb der Zukunft. Alle unsere Aktivitäten haben ihren Wert und können von jedem potenziellen Rezipienten unterschiedlich wahrgenommen werden. Reputation hängt stark vom sozio-kulturellen Umfeld ab, und gerade deshalb testen viele digitale Denker die möglichen Auswirkungen ihres eigenen Namens routinemäßig mit dem einfachen Prozess des Ego-Googelns.

Vermutlich hat sich jeder bereits darüber informiert, wie Mann oder Frau im Netz gefunden wird. Wer etwaige Flecken auf der Weste hat, wird über einen Namenswechsel sicherlich froh sein. Da hilft die Eheschließung um über die Zeit hinweg die alten Wunden vernarben zu lassen. Wer hingegen ein perfektes Abbild seiner Selbst im Netz vorweisen kann, wird umso weniger den Namen bei einer Heirat aufgeben wollen. Gerade potenzielle Bewerber und Bewerberinnen müssen sich im Klaren darüber sein, dass ihre Präsenz in Social Networks und in Google den Recruitingprozess als ein relevantes Entscheidungskriterium beeinflusst.

Wie hoch ist also wirklich der Gehalt von Namen und welche Konsequenzen ergeben sich aus der Namenswahl?

Die gesellschaftliche Stellung und die monetären Auswirkungen waren Schwerpunkt einer bereits 2010 erschienenen Untersuchung der vier niederländischen Wissenschaftler Marret K. Noordewier, Femke van Horen, Kirsten I. Ruys und Diederik A. Stapel. In der Studie beschrieben die Befragten die Frauen mit einem Doppelnamen oder mit dem Nachnamen ihres Ehemannes eher gemäß einer stereotypen Wahrnehmung mit fürsorglich, abhängig, weniger gebildet, emotionaler und wiederum weniger kompetent und ehrgeizig. Hingegen wurden verheiratete Frauen, die ihren Namen beibehalten, zwar als weniger fürsorglich, aber dafür als unabhängiger, ehrgeiziger, gebildeter und kompetenter beschrieben – und damit mit unverheirateten Frauen in der Wahrnehmung gleichgestellt.

Als bemerkenswertes Ergebnis schlussfolgert die Studie, dass eine potenzielle Kandidaten mit Doppelnamen oder Namen des Ehemanns im Bewerbungsprozess gegenüber den Frauen mit ihrem eigenen Geburtsnamen deutlich schlechter gestellt ist. Die Chance auf eine Einstellung lag tendenziell niedriger und das Monatsgehalt lag durchschnittlich um 861,21 Euro niedriger. Hochgerechnet auf ein Berufsleben mit rund 35 Jahren durchgehender Berufstätigkeit kann eine traditionell geprägte Namenswahl bis zu 361.708,20 Euro kosten. In weiteren Stereotypen ausgedrückt entspricht diese Summe rund 130.000 Milchkaffees, einer kleinen Flotte an luxuriös ausgestatteten BMWs oder einem großzügigen Einfamilienhaus im Speckgürtel mancher Ballungszentren.

Eine aktuelle Studie der Psychologen Raphael Silberzahn von der University of Cambridge und Eric Luis Uhlmann von der Hautes études commerciales in Paris verdeutlicht die Auswirkungen von Nachnamen auf die Karriere. Dazu werteten sie rund 223.000 Xing-Profile mit 84 verschiedenen Nachnamen aus. Analysiert wurden die Mitglieder, deren Nachnamen einen aristokratischen oder vornehmen Charakter vorweisen (König, Kaiser, Graf oder Ritter), und eine weitere Gruppe von Xing-Mitgliedern, deren Nachnamen eine handwerkliche oder gewerbliche Herkunft besitzen (Jäger, Koch, Müller oder Bäcker). Dabei wurde ein weiterer Stereotyp bewiesen, der unabhängig von den Geschlechtern der Mitglieder aufzeigt: Menschen mit einem adligen Nachnamen halten deutlich häufiger eine Führungsposition inne als Nutzer mit eher durchschnittlichen Namen.

Selbstverständlich können auch Männer den Namen der Frau annehmen oder beide Ehepartner behalten ihren Geburtsnamen. Dazu entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bereits 1991, dass bei der Eheschließung die freie Namenswahl für Frauen und Männer gleichermaßen gilt. Dennoch werden heute noch über drei Viertel aller Eheschließungen auf den Nachnamen des Mannes getätigt. Nur etwa fünf Prozent der Paare wählen ganz bewusst den Nachnamen der Frau. Offensichtlich ist den meisten Ehepaaren, die ihre gemeinsame Zukunft langfristig planen sollten, dieser monetäre Verlust und potenzielle Karriereblocker durch eine falsche Namenswahl gar nicht bewusst.

Sollten Herr Meier und Frau Ritter den Bund der Ehe eingehen, wäre der gemeinsame Nachname Ritter für beide vorteilhaft. Bei Herrn Graf und Frau Peters kann der adlige Nachname von Vorteil sein, zugleich kann das Beibehalten des eigenen Namens für die Frau gemäß der ersten Studie positive Auswirkungen mit sich bringen. Denn egal, ob eher digital oder eher offline: Wenn man sich in der heutigen Zeit mit der Namenswahl bei Heiraten beschäftigt, sollte nicht die Auffindbarkeit oder die Reputation im Sinne eines SEO-Faktors als Schwerpunkt gesetzt werden. Vielmehr sollte auf die Frage eingegangen werden, ob die monetären Faktoren eine wesentlich wichtigere Rolle spielen und ob sich ein Ehepartner mit neuem Namen künftig als starke Persönlichkeit behauptet. Wenn eine starke Persönlichkeit nach der Heirat diese statistisch bewiesenen monetären Verluste in puncto Karriere aushebeln kann, wird sich der neue Name mit einer neuen positiven Reputation durchsetzen können. Wirtschaftliche Faktoren schlagen das SEO-Ranking, schließlich kann dieses wieder neu aufgebaut werden.

Aber ist der Name wirklich das ausschlaggebende Kriterium? Wir alle messen uns nicht am Namen, sondern an unseren Fähigkeiten, unserem Fachwissen, unserer Umgänglichkeit im sozio-kulturellen Miteinander, unserer Loyalität und Prinzipientreue. Diese Werte verlieren wir nicht, nur weil der Name sich verändert, weil sie zu unserer individuellen Personenmarke zählen.

Sollten weitere Zweifel über die Namenswahl aufkommen, hilft schlussendlich nur das Bauchgefühl: Was bin ich bereit für die Liebe zu verändern? Der emotionale Mandelkern wird immer über den digitalen Markenkern siegen.

Quelle: Marret K. Noordewier, Femke van Horen, Kirsten I. Ruys & Diederik A. Stapel (2010): „What’s in a Name? 361.708 Euros: The Effects of Marital Name Change, Basic and Applied Social Psychology“, 32:1, 17-25
Quelle: Raphael Silberzahn, Eric Luis Uhlmann: „It Pays to Be Herr Kaiser.
Germans With Noble-Sounding Surnames More Often Work as Managers Than as Employees“ in Psychological Science, 10. Oktober 2013

Dieser Artikel erschien zuerst für LEAD digital am 18. Oktober 2013.