Social Networks und Mobiltelefone: Die moderne Infrastruktur der Revolution

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Die Revolution in Ägypten ist in vollem Gange. Während die deutschen Medien in den ersten Tagen eher durch Zurückhaltung auffielen, überschlagen sich hingegen die internationalen Medien mit aktuellen Meldungen über den emotionalen Flächenbrand, der die Hauptstadt Kairo und das gesamte Land überzieht. Wer viele dieser Berichte gelesen, gehört oder gesehen hat, findet immer den Hinweis auf die Relevanz der sozialen Netzwerke.

Im Mittelpunkt stehen dabei Twitter und Facebook, welche von der Bevölkerung in den Krisenherden insbesondere über Mobilgeräte genutzt werden. Zwar existiert in Ägypten keine „Great Firewall“ wie in China, aber der Eingriff in das Abschalten des Internets bedeutet staatliche Zensur. Die digitalisierte Kommunikation überschreitet Grenzen und gibt einzelnen Stimmen ungeahnte Macht. Kein Wunder, dass die Internetverbindungen in Ägypten kurzerhand gekappt wurden. Doch durch die Umgehung dieser Zensur können über die Symbiose von mobilem Endgerät und Service viele Informationen nahezu ungefiltert publiziert werden. Ein erster revolutionärer Sieg für die Kommunikation, die nicht nur dazu dient, um Protestkundgebungen bekannt zu machen. In den Social Networks finden Probleme und Meinungen ihr Gehör. In Social Media werden die Veränderungen im alltäglichen Leben aufzeigt, die während der Revolution fern ab der TV-Kameras stattfinden.

Unternehmen als Experten
Auch die Unternehmen hinter den Social Networks profitieren sehr intensiv von der Interaktion der Nutzer. Sie erhalten ungeteilte Aufmerksamkeit, die in diesen Tagen einer minutiösen Berichterstattung gleicht. Während in der Vergangenheit zu politischen Krisen immer wieder Experten um Rat gefragt wurden, wenden sich die Journalisten heute an die Betreiber der Social Networks. So wundert es nicht, dass in einem CNN-Bericht über den Ausfall des Internets in Ägypten das Unternehmen Facebook persönlich zu Wort kommen darf.

Neben Regierungssprechern und Wissenschaftlern unterstreicht diese Form der in die Berichte integrierten Expertenmeinung eine neue Rangordnung bei der Meinungsbildung. Gewiss erwarten die Leser solche Stellungnahmen der digitalen Mächte vor allem in zeitnahen Berichten der Online-Medien wie CNN.com. Die Nähe zu Facebook oder Twitter wirkt sich dabei auch positiv auf das Nachrichtenmedium selbst aus.

Gibt es die Facebook-Revolution?
Trotz aller Wünsche, dass eine „Facebook-Revolution“ im Gange sei, findet die wahre Revolution auf der Straße statt. Die Menschen sind die wichtigen Faktoren in einer Revolution, die aktuell in Ägypten im Gange ist. Social Networks bilden für die Revolution eine moderne Infrastruktur, aber die Bewegung selbst basiert auf ganz traditionellen Grundpfeilern. Typischerweise erwirkt die berüchtigte Mundpropaganda auf persönlicher Ebene wesentlich mehr als einzelne Postings und die mitunter schiere Informationsflut in den Social Networks. Zu viel davon und der rote Faden verschwindet und alles schwappt über. Wie die Massenproteste in Ägypten eindrucksvoll beweisen, ist die Wurzel der Revolution fern ab von Twitter und Facebook zu suchen – nämlich in den Gefühlen, die seit Jahrzehnten in der Bevölkerung brodeln.

Diese Eskalation in einen Protest wäre nach dem Wunsch mancher Medien nur ein Randthema gewesen, hätte nicht die Infrastruktur von Social Media dem Rest der Welt die zeitgleiche Teilnahme an der Revolution ermöglicht. In der Hinsicht sollten wir dankbar sein, hier in Deutschland ein ganz kleiner Teil des großen Ganzen sein zu dürfen, indem wir uns selbst informieren und unsere Meinung eigenständig bilden können.