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Der SPD-nahe Netzpolitikverein D64 kritisiert die gestrige Ankündigung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für ein völlig falsches Zeichen für zukünftigen Umgang des Staates mit Freiheitsgrundrechten. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk teilte Gabriel mit, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zusammen mit dem Innen- und Justizressort an einer konkreten Ausformulierung einer Vorratsdatenspeicherung arbeiten würde. D64 appelliert mit seiner Stellungnahme daran, den Zugriff des Staates auf diese Daten streng zu regulieren.

Nico Lumma, Vorsitzender von D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V. Quelle: Nico Lumma

Nico Lumma, Vorsitzender von D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V. Quelle: Nico Lumma

Nico Lumma, Co-Vorsitzender von D64, findet gegenüber der SPD-Parteispitze scharfe Töne: „Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht nur vollkommen wirkungslos, wenn es um die Verhinderung von Verbrechen geht. Die Regierung setzt damit auch ein deutliches Zeichen für Überwachung und gegen Freiheitsrechte. Wenn der Staat hier seine Bereitschaft zeigt, die Bürgerrechte für ein nutzloses Instrument auszuhölen, ist das keine vernünftige Entscheidung, wie Gabriel behauptet, sondern ein Dolchstoß für eine offene Gesellschaft und ein Verrat sozialdemokratischer Grundwerte. Wenn der Staat Zugriff auf Verbindugsdaten, Bewegungsprofile oder eines Tages Gesundheitsdaten erhält, bedeutet das faktisch den total überwachten Bürger. Das kann keiner ernsthaft wollen.“

Bereits in vielen anderen europäischen Ländern wurden in den letzten Jahren sehr viele Verbindungsdaten gespeichert, jedoch trugen sie nahezu kaum dazu bei, Straftaten zu verhindern. Weil die Zahl verfügbarer Daten über den Bürger in Zukunft immer weiter steigen wird, sei die Vorratsdatenspeicherung nach Ansicht von D64 ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte.

Mit dem Bestreben zur Vorratsdatenspeicherung stellt sich Deutschland gegen seine europäischen Nachbarländer. In der vergangenen Woche entschieden sich sowohl Bulgarien als auch die Niederlande, auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten. Auf europäischer Ebene wird das Thema nach Ansicht von D64 derzeit nicht mit Nachdruck verfolgt.

Freiheit statt Angst. Am 12. September 2009 findet in Berlin eine Großdemonstration gegen Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung ab. Das dazugehörige Video unter CC-Lizenz (by-nc-sa wortfeld.de) gibt es jetzt zu sehen, und wer als politisch aktiver Mensch der Generation C64, Atari ST, DOS oder auch Netzkulturist sich dazu in der Lage sieht, sollte diesen Tag für Berlin festhalten. Mehr dazu bei Netzpolitik und Wortfeld.

Kein Bundes-Trojaner, keine Bespitzellung des einfachen Bürgers, kein Pauschalverdacht des einzelnen Individuums. Die wichtige Klausel zur Aushorchung und Ausforschung „informationstechnischer Systeme“ im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt.

Damit wird unser Grundrecht bekräftigt und geschützt, das die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistet. Die Bestrebungen zur Überwachung unserer aller Kommunikation durch staatlicher Behörden findet vor dem höchsten deutschen Gericht kein Fürspruch. Wie das Bundesverfassungsgericht auf die Vorratsdatenspeicherung reagieren wird, lässt sich bereits in wenigen Tagen feststellen.

Deutschland war in extatischer Manie: Die Vorratsdatenspeicherung sollte per Eilantrag verhindert werden. Doch daraus wird vorerst nichts. Wie das Lawblog laut einem Artikel der TAZ berichtet, hängt das gesamte Verfahren an den Zuständigkeiten der jeweiligen Senate des Bundesverfassungsgerichts fest. Soviel zu Demokratie und der damit verknüpften Demokratieverhinderung… und wer noch Informationen insgeheim schreibt, Gespräche aufzeichnet oder elegant mithört wird mit einer Blogstrafe nicht unter zwei Einträgen bestraft.

Bald wird alles anders. Der ungestörte Konsum im Internet, der bereits in ersten Zügen eingeschränkt wird, verkommt jetzt zu einer staatlichen Zensur, die die Gleichgültigkeit der Politiker (oder ihre Unkenntnis) bestens widerspiegelt. Kurz überprüft, ob man über unseren Provider noch die anrüchige YouPorn.com erreichen könnte. Im Gegensatz zu vielen Acor-Kunden kann man hier noch ungehindert die dunklen Seiten des Internets ansurfen. Aber mit Gewissheit kann man jetzt sagen, dass dieser beispielhafte Zugriff auf eine Webseite im kommenden Jahr durch viele Instanzen der digitalen Vorratskammer gejagt wird. Nur ein Fall der Überwachung.

Nun hörte ich doch grade, dass auch spezielle Begriffe wie die Religion des „Islam“, eine „Bombe“ und natürlich auch viele weitere Begriffe der Sprache dem Oberbegriff „Terror“ zugeordnet werden und ein sicherer Garant für die Überwachung von Webseiten, deren Anbieter und natürlich dem heimischen Rechner sind.

Sex und Drogen sind dagegen mehr als verharmlost und scheinbar in unserer modernen Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens. Nur Bomben bauen darf man halt nicht – ist ja auch ganz gut so. Doch die pauschalisierte Verkriminalisierung, die anfangs über einige kleine Kinder und Jugendliche mit dem proklamatischen Titel „Raubkopierer“ zog, wird durch das meines Erachtens die Menschenwürde und Grundrechte angreifende Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf die Spitze getrieben.

Wenn im Ausland schon die freie Meinung mit Strafe belohnt wird, wenn Menschen wie beispielsweise der Innenminister Deutschlands sich aufführt wie man es vor über 70 Jahren mit Applaus belohnte und damals nur nicht direkt verstehen, wohin es führen würde – dann kann man sich wieder freuen auf: „Du Bist Deutschland!

Aktion UBERWACH!Vielen Dank an SPD, CDU, FDP, Grüne… um nur einige zu nennen – ihr habt uns die Vorratsdatenspeicherung ermöglicht. Und wisst ihr was? Wenn ihr das dürft, will ich das auch beispielhaft demonstrieren!