Chief Digital Officer: Mehr als ein Alibi-Posten?

Chief Digital Officer sollen Unternehmen digital transformieren. Aber zu oft sind sie reines Alibi und agieren an den Mitarbeitern und der Unternehmensorganisation vorbei. Und sind schnell wieder weg vom Fenster. Schade. 

Die digitale Realität in den deutschen Unternehmen ist hart. Die Mehrheit handeln und braucht Menschen, die genau an der digitalen Wurzel anpacken. Laut der Analyse im CDO-Kompass arbeiteten Ende 2016 in der DACH-Region 179 Führungskräfte unter dem Titel Chief Digital Officer (CDO) bei großen Mittelständlern und Konzernen. Im Prinzip eine sehr geringe Zahl, betrachtet man die Gesamtheit an Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Denn dieser Frontman oder diese Frontfrau auf der CxO-Ebene soll ein Heilsbringer sein, um ein Unternehmen, sein Management und die Mitarbeiter für die fortschreitende Digitalisierung fit zu machen.

Chief Digital Officers sollen Digitalisierung treiben

Chief Digital Officers sind für die digitale Strategie eines Unternehmens zuständig. Sie laufen als digitale Botschafter umher und verändern als direkte Transformierer stetig das Unternehmen. Einige kommen aus Agenturen und belehren die Unternehmen mit der externen Sicht auf digitale Dinge, manche sind wiederum Spezialisten im Change Management, und andere gelten als reine Technologisten, die sehr eng mit der IT verbunden sind. CDOs können mit ihren Kompetenzen so bunt gemischt sein wie ein prächtiger Blumenstrauß und als progressive Denker, kreative Disruptoren, Kundenbefürworter, Innovatoren und Universalisten haben gänzlich unterschiedliche Fähigkeiten.

In Anbetracht der organisatorischen Hierarchie haben sie zumindest als Teil der Geschäftsleitung sehr viele Befugnisse, mit einer eigenen Bereichsunit können sie immerhin etwas bewirken. Im Sinne eines Stabmodells üben sie grundlegenden Einfluss auf die Organisation aus und im Multi-Level-Gedanken ohne zentrale Steuereinheit leben sie faktisch in jedem Teil des Unternehmens. Ein Chief Digital Officer braucht ein klares Profil, um tatsächlich etwas bewegen zu können. Egal ob Mobile First, der Kundendialog mit Social Media, digitale Kommunikations- und Marketingkampagnen oder die transformatorische Aufgabe des Change- und Prozessmanagements mit einem Hauch von New Business – die CDOs haben meist alle Hände voll zu tun und kochen an jedem Süppchen mit. Viele Firmen suchen ihren CDO-Heilsbringer, aber sie schaffen es beim besten Willen nicht, die Aufgaben, die Befugnisse und somit das ganze Jobprofil zu definieren.

Unabdingbar: Ein klares CDO-Profil

Wenn wir die letzten Jahre Revue passieren lassen, wird leider schnell klar, dass diese digitalen Prozessoptimierer trotz des hohen Bedarfs am Markt nur eine extrem kurze Halbwertszeit besitzen. Sie sind nämlich schnell wieder weg vom Tisch, und das Unternehmen passt sich der digitalen Welt auf eigene Weise an – oder der ganze Chief-Digital-Officer-Kram gerät in Vergessenheit. In vielen Fällen konzentrieren sich Unternehmen einfach nur darauf, genau diesen einen Typus von Mensch zu finden und diese Person mit dem vollmundigen Titel Chief Digital Officer zu beglücken. Im Wunsch nach Ruhm und Ehre kommunizieren sie diese Personalien in entsprechenden Medien, bevor es um die CDOs in vielen Fällen still wird. Denn von ihrer Arbeit bekommt man als Außenstehender einfach nichts mit.

Mitarbeiter wissen selten, was CDO eigentlich macht – und wie

Wie sie ihre Aufgaben bewältigen, ist den meisten Mitarbeitern nur schleierhaft. Selten hört man von digitalen Erfolgen oder Verbesserungen, denn die Schwerpunkte ihres Handels muss sich jeder Chief Digital Officer selbst setzen je nach Hierarchie-Zugehörigkeit und Befugnissen. Ihr Handeln ist auf Zeit angelegt und die Erfolge werden nur am Ende kommuniziert, denn der Wettbewerb lauscht an jeder Ecke und würde sich am liebsten ein Scheibchen von allem abschneiden.

In den Unternehmen selbst finden die Mitarbeiter kaum Zugang zu dem Change Manager.  Doch der digitale Wandel wird nur Erfolg haben, wenn Unternehmen sich nicht von Dritten die Welt zeigen lassen, sondern die eigenen Mitarbeiter digital befähigen, weiterbilden und ihre digitalen Kompetenzen ausbauen. Kein Wunder, dass die These sehr beliebt ist, dass ein CDO nach Abschluss der Digitalen Transformation oder nach Ablauf der Digitalisierungsprojekte nicht mehr im Unternehmen benötigt wird („Der Chief Digital Officer ist Nonsens!“).

Digitalisierung dreht sich nicht um Jobtitel

Doch wann genau soll ein solcher Wandel beendet sein, wenn die Wirtschaft in Deutschland erst am Anfang steht? Bei der Digitalisierung dreht es sich nicht um Positionen, Jobtitel und Befugnisse in einem hierarchischen Unternehmensorganismus, sondern um die Annahme der digitalen Herausforderung mit dem Ziel, diese zu lösen und zu bewältigen: Zusammenhänge statt Silo-Denken, Strategieentwicklung zugleich mit Umsetzung, Change-Management mit Innnovationsmanagement.

Diese Aufgaben eines CDO sind ein Vollzeitjob, die andere Mitglieder der CxO-Ebene nicht bewältigen können oder wollen. Doch gerade darin liegt der Schlüssel zum Erfolg, denn nur zusammen kann ein Unternehmen digitale Reife besitzen und seine Marktposition in digitalen Umfeldern ausbauen.