Amazon Prime Music: Neuer Musikdienst startet in Deutschland

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Jetzt schlägt’s Dreizehn! Amazon bläst zum Angriff auf den Retail und versucht, die digitale Konkurrenz von I-Tunes, Spotify, Deezer & Co in den Schatten zu stellen. Mit dem neuen Musikstreaming-Service Amazon Prime Music erhalten alle bestehenden Kunden des Premiumangebots von Amazon neben dem bekannten, umfangreichen Prime-Filmangebot ab sofort ordentlich heiße Ohren.

Die Luft am digitalen Musikmarkt wurde immer dünner. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Amazon sich noch stärker mit der Musikindustrie verbindet. Nachdem der Amazon Musikstreaming-Service in den USA und in Großbritannien für seine Abo-Kunden verfügbar war, können endlich die deutschen Kunden von Amazon Prime rund eine Million Songs anhören. Statt jedoch auf die 20 oder 30 Millionen Lieder wie Spotify, Apple Music und die anderen Dienste zu setzen, begrenzt Amazon sein Prime-Angebot ziemlich clever durch Verknappung und Bestseller-Mainstream.

Das direkte Streaming von einzelnen Songs und ganzen Alben darf bei Amazon Prime Music als zweitrangig bewertet werden. Die wahre Stärke offenbart Amazon, indem kuratierte Playlists zu zahlreichen Genres und Anlässen angeboten werden. So bietet der Online-Versandriese seinen Nutzern eine individualisierbare Musikselektion an, welche auf Basis der eigentlichen Verkäufe von CDs, Schallplatten und MP3-Downloads erstellt wurde. Alternativ können die Nutzer durch die Bewertung einzelner Songs ihr persönliches Hörerlebnis beeinflussen.

Wer bereits aktuelle Amazon-Apps auf seinen mobilen Android- und iOS-Geräten installiert hat, kann sofort mit dem Musikstreaming loslegen. Am PC und Mac sowie auf Fire Tablets und dem Fire TV ist der Service ebenfalls sofort verfügbar. Nur wer Sonos-Soundsysteme einsetzt, wird auf die Freischaltung noch warten müssen.

Wer fleißig seine CDs bei Amazon bestellt hat, kann diese als Download erhalten, damit das Offline-Erlebnis nicht ganz außen vor bleibt. Doch eigentlich ist der Download nebensächlich. Denn die digitale Verfügbarkeit von musikalischer Unterhaltung zeigt sich bereits heute in vielen Situationen des Alltags. Das Workout macht noch mehr Spaß, wenn die redaktionell zusammengestellte Playlist ein hohes Beat-Tempo liefert und schnell nach Belieben angepasst werden kann. Der ruhige Abend zu Zweit kann durch harmonische Kuschelsongs und Liebeslieder ganz neue Höhepunkte aufzeigen.

Zweifler könnten sich natürlich beim Joggen oder auf der Autofahrt im Connected Car aufregen, dass das Streaming ihr kostbares mobiles Datenvolumen verbraucht. Im Prinzip liegen sie richtig, doch wenn sich die Nutzer intelligent anstellen, können sie die Musiksongs als offline verfügbares Repertoire speichern und jederzeit an jedem Ort auf ihre Playlists zugreifen.

Zu hoffen bleibt, dass neue Alben der bekannten Chartstürmer und Mainstream-Musiker sofort am Erscheinungstag abrufbar sind. Gerade die Verfügbarkeit der neuesten Inhalte kann die Schwäche eines jeden Online-Dienstes offenbaren und den Erfolg von Amazon Prime Music entscheidend mitgestalten.

Noch mehr Vorteile für den Kunden

In der schönen digitalen Welt erhalten die Nutzer immer die besten Vorteile. Für 49 Euro im Jahr, also rund 4 Euro im Monat, bekommen Amazon Prime Kunden tausende Filme und Serien im digitalen Streaming. Sie können den Speicherplatz der Amazon Cloud für ihre Fotos nutzen und ihren Kindle aus der digitalen Leihbücherei bestücken. Der Ausbau von Amazon Prime für Musikinhalte ist ein logischer, konsequenter Schritt des Konzerns, um ein eigenes Mehrwert-Universum für seine Kunden zu entwickeln, ohne dass sie bislang für jeden einzelnen Service drauf zahlen müssen.

Künftig müssen die großen Fachmärkte wie Saturn und Media Markt sich warm anziehen. Nachdem die Kundschaft nur wenige Wochen auf die Streaming-Release ihrer Filme und Serien bei Amazon Prime warten muss oder diese für geringe Investitionen ad hoc leihen kann, wird die Relevanz des analogen Tonträgers immer stärker geschwächt.

Hatten zuletzt die digitalen Pureplayer Apple Music, Google Music, Spotify, Deezer und Tidal sich den digitalen Musikmarkt aufteilen können, fischt nun ein großer Marktakteur im Teich. Ähnlich wie beim Wettbewerb im Filmstreaming zwischen Amazon Netflix, Maxdome, Watchever und Apple können die Amazon Prime Kunden sich also entscheiden: Wollen sie dem stationären Einzelhandel ihr Geld überhaupt noch zuwerfen? Oder brauchen Sie zwei Streamingangebote, wenn sie am Ende doch nur einen Mainstream-Musikgeschmack besitzen? Der Geldbeutel will schließlich geschont werden. Die zu erwartende Marktkonsolidierung wird einige der Anbieter in 2016 definitiv hart treffen und für sichtbare Umsatzeinbußen sorgen. Der längst überfällige Schritt, das Musikstreaming auf dem deutschen Markt auszuweiten, macht Amazon zum dominanten Wettbewerber. Womit dürfen die Kunden als nächstes rechnen?