Leistungsschutzrecht: Das digitale Imperium schlägt zurück

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Das Leistungsschutzrecht ist eine Farce. Anstatt eine Gelddruckmaschine zu schaffen, haben die deutschen Verlagshäuser eine Geldverbrennungsmaschine ins Leben gerufen, die im Narrenkostüm die Medienwelt neckt. Jetzt schlägt das digitale Imperium zurück und zeigt uns allen, was wahre Marktdominanz im digitalen Zeitalter bedeutet. Warum denn auch nicht?

Was für ein unglaubliches Dilemma für die Verlagsbranche. Eine Tradition wähnt sich in akuter Gefahr. Sinkende Auflagen, ein sich verändernder Medienkosum und der harte Wettbewerb untereinander und gegen die bösen Global Player aus Übersee. Die Deutschen haben es wirklich schwer und meinen immer wieder, Regulierung wäre das wahrhaftige Heilmittel, um der Digitalisierung endlich Herr zu werden.

Das jahrelange Hin und Her mit dem fragwürdigen Leistungsschutzrecht, das Gezeter auf juristischer und kartellrechtlicher Ebene, die Erteilung der Legitimation durch die Regierung bis zur Abfuhr durch das Bundeskartellamt – als endlich immer klarer wurde, dass die Inhalte der vielen Online-Publikationen aus deutschen Verlagshäusern nur noch mit einer Überschrift auf Google gezeigt werden sollten, feuerte der imperiale Schlachtkreuzer eine kräftige Breitseite ab.

Treffer, versenkt

Der Treffer war verheerend. Die jetzt offenbar hilflosen Verleger haben unglaubliche Kosten in Form von Lobbyismus verschwendet, unsere Steuergelder für die politischen Entscheidungsprozesse der Gesetzgebung zur Schaffung des „Lex Google“ missbraucht und zum Teil hasserfüllte Propaganda in den hauseigenen Medien abgedruckt, so dass selbst der Journalismus mehr als an seine Grenzen stoßen musste. Schließlich war die Objektivität in der Berichterstattung ohnehin nur selten gegeben. Verbraucht und verschwendet wurde zu viel Lebensenergie, die nicht mit  dem Gedanken eines Protektionismus, sondern mit lösungsorientiertem Aktivismus echte innovationsgetriebene Ergebnisse hätte erzielen können.

Als diese Woche bekannt wurde, dass Google definitiv nicht mehr im Streit um das Leistungsschutzrecht einlenken würde, mussten die deutsche Verlagswelt und ihre Branchenvertretung der VG Media bis in ihr Mark spüren, was wahre Marktdominanz im Internet wirklich bedeutet. Das kleine Ultimatum, durch das Entfernen der Vorschaubilder und Textausschnitte zur Wahrung der rechtlichen Anforderungen des Lex Google, hat seine Wirkung nicht verfehlt.

Immerhin hat Google seine ursprüngliche Frist zum Umschalten der Suchmaschinenergebnisse für die Verlage in der VG Media erweitert. Andere Newsportale und Suchmaschinen wie T-Online und Web.de zeigen als Google-Partner jedoch seit geraumer Zeit nicht mehr, was die Bild-Zeitung in die Welt hinauspustet. Andere Verlage wiederum haben sich wohlwissend dem Druck gebeugt und stellten kurz nach Inkrafttreten des Leistungsschutzrechts ihre Snippet-Inhalte zur freien Verwendung bereit.

Jetzt gibt es also ein neues eingeräumtes Recht zur Gratisnutzung dieser kaum zitierwürdigen Verlagsinhalte, die in vielen Fällen sogar nur aus suchmaschinenoptimierten Textblöcken bestehen. Aber ein Springer tanzt aus der Reihe. Zwar sollen die Inhalte des boulevardesken Publikumstitels der Bild-Zeitung in üblicher Form von Vorschaubildern und Textauszügen bei Google zu sehen sein. Aber Springer beharrt bei Inhalten der „Welt“, der „Auto Bild“, der „Sport Bild“ und der „Computer Bild“ auf einem Vergütungsanspruch gemäß des Leistungsschutzrechts.

Regulierung bietet keinen Schutz vor Veränderung

Diese Beharrlichkeit ist definitiv begrüßenswert, denn anhand der baldigen IVW- und AGOF-Zahlen wird man ziemlich genau erkennen, welche Relevanz diese Medienmarken doch wirklich besitzen, wenn sie weniger relevant neben vielen alternativen Online-Angeboten dem Nutzer unterbreitet werden. Wer klickt schon auf einen Artikel im Suchergebnis, der kein Foto oder erste Informationshäppchen zeigt? Der Springer schießt sich damit seinen eigenen Bock.

Ja, der Schutz alternder Geschäftsmodelle, die mit der digitalen Transformation überhaupt nicht zurechtkommen, zeugt von der typisch deutschen Haltung gegenüber dem, was sie nicht verstehen: Das Neuland im Internet. Ein trügerischer Angstbegriff derjenigen Menschen, die nicht als digitale Denker geboren wurden. Die deutschen Verlage müssen akzeptieren, dass ihre Rolle am Nachrichten-, Unterhaltungs- und Informationsmarkt nur einen kleinen Teil des Ganzen ausmacht. Und dieser Anteil schrumpft künftig immer weiter.

Blicken wir in eine düstere Zukunft, dann könnten andere Akteure wie Facebook dem Beispiel von Google mit Sicherheit folgen und die Darstellung der verlinkten Verlagsinhalte in den Timelines ihrer marktdominierenden sozialen Netzwerke auf ähnliche Weise kürzen. Einfache Überschriften wollen die Nutzer teilen – und darauf klicken wird dann bestimmt niemand mehr.