Video Ads: Echte Werbekreation oder bevormundende Berieselung?

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Video Ads und Bewegtbild machen das Internet reicher. Aber nur, wenn sie gut gemacht sind – und den Regeln des Mediums folgen. Einfach TV-Spots auf Youtube schalten reicht nicht.

Seit vielen Jahren haben sich die Nutzer an das symbiotische Selbstverständnis von redaktionellen Inhalten und der passenden Werbung gewöhnt. Klassische Display-Ads, sofern sie nicht durch entsprechende Browser-Plugins ausgeblendet werden, bilden eines der Grundgerüste für die digitale Wertschöpfungskette. Werbung ist anerkannte Normalität. Aber bleiben wir ehrlich: Wer klickt heutzutage noch auf einen Banner oder nimmt diese Urform der digitalen Werbung überhaupt noch wahr?

Bewegtbild – der neue Stern am Werbehimmel

Wir Nutzer haben gelernt, die Werbung als gegeben zu akzeptieren und mit dem inneren Auge sogar auszublenden, um uns auf den eigentlichen Inhalt zu konzentrieren. Im Fall von Textinhalten ein klarer Vorgang, der mit der Evolution der Mediennutzung begründbar und nahezu eine unverrückbare Konstante geworden ist. Deswegen braucht die digitale Werbeindustrie einen neuen Stern am Himmel.

Bewegtbild nimmt diese Rolle dankend ein und begeistert die Massen mit Inhalten. Dabei lässt Bewegtbild unweigerlich statisch wirkende Bannerwerbung immer stärker an Relevanz verlieren. Die offensive Kombination von Videos mit einer möglichst cleveren Geschichte kann bekanntlich die Werbewirkung für die jeweilige Marke deutlich intensiver steigern und mehr Nutzer in ihren Bann ziehen, als eine einfache Bannerkampagne es jemals könnte.

Video Ads: Klick und weg?

Bewegtbildwerbung in Form von Pre-Roll-Spots bietet natürlich eine richtig gute Möglichkeit, auf einfachem Wege die Bewegtbildinhalte eines Portals zu vergolden. Erst wenn der Spot abgelaufen ist, darf das eigentliche Video betrachtet werden. Wenige Portale wie Youtube lassen den Nutzer die Werbung meist nach wenigen Sekunden mit einem direkten Klick überspringen. Das ist gut so, schließlich soll nur das vollständig angesehene Video, abgesehen von automatisch in inaktiven Browsertabs abgespielten Inhalten, eine noch höhere Wertigkeit für Werbetreibenden, Portal, Mediaplaner und Vermarkter bieten.

In-Stream, In-Page und Branded Entertainment – die Wirkungsnachweise überwiegen und werbetreibende Unternehmen setzen zunehmend auf dieses Pferd in ihrem Marketing-Stall. Nicht ohne Grund wird Bewegtbild in den nächsten fünf Jahren sich zu dem am schnellsten wachsenden Werbesegment mausern. Klassische Display-Ads hingegen werden herbe Umsatzeinbußen durch negative Wachstumswerte hinnehmen müssen.

Werber haben Video Ads noch nicht verstanden 

Bei aller Liebe zu diesem Umsatztreiber stellt sich die Frage, ob die Werber ihre aus dem TV-Umfeld erlernte Logik direkt auf digitale Bewegtbildwerbung anwenden sollten? Was wünschen sich überhaupt die Nutzer, wenn sie ein Video sehen wollen? Hängen die Betreiber von Online-Portalen und der lange Rattenschwanz der digitalen Wertschöpfungskette nicht von ihrem Gusto ab?

Mehrere Untersuchungen zeigen, dass die Internetnutzer eigentlich gar keine langen Werbespots sehen wollen. Im Idealfall möchten sie nur rund zehn Sekunden ihrer Aufmerksamkeit an Werbung verschenken. Trotz aller Bemühungen haben leider die meisten werbetreibenden Unternehmen und ihre Agenturen genau diesen einfachen Wunsch der Nutzer nicht verstanden. Sie schalten munter ihre TV-Werbung im Internet. Als hätten sie nichts Besseres zu tun, recyceln sie dabei den Spot ohne überhaupt noch kreativ ans Werk zu gehen.

Video Ads: Keine billige Zweitverwertung

Digitale Kreation muss für jede Marke als wichtige Angelegenheit verstanden werden – und dieser Umstand rechtfertigt in keiner Hinsicht eine billige Zweitverwertung des TV-Spots. Die optimale Markenpräsenz erfordert etwas mehr als die Adaption einer klassischen Offline-Kampagne, die von den Marken für ihre Auftritte und ihre Werbepräsenzen im digitalen Äther mehr schlecht als recht wiederverwertet wird. Kaum ein Nutzer wird von altbackenen TV-Spots begeistert sein, wenn diese als unüberspringbarer Pre-Roll vor ihrem gewünschten Video prangern. Sobald ein 30-Sekünder vor einem 90-sekündigen Inhalt abspielt, hängt der Haussegen ganz schnell schief. Einige Sekunden im klassischen TV stören nicht, im Internet ist die Reizschwelle der Nutzer maßlos überschritten. Spätestens in diesem Moment wird es für den Portalbetreiber und den Werbetreibenden unangenehm. Und wenn gar keine klickbare Call-to-Action-URL zu der Bewegtbildkampagne aufgrund fehlender Landing Pages hinterlegt wird, sollte sich jeder Werbetreibende die Investitionen in Bewegtbildwerbung lieber gleich sparen.

Unkreative Video-Spots sind eine Pest

Die Zukunft der Online-Videos darf nicht auf unanfechtbarer und überlagernder Video-Werbung fußen. Wer im Internet längere Spots in Form einer Dauerwerbung zeigen möchte, wird von falschen Vorstellungen beherrscht. Dafür bietet der eigene Videokanal genügend Platz, aber die digitale Werbeinsel darf nicht wie von einer Ölkatastrophe von linearen und vor allem unkreativen Werbespots verseucht werden. Kein Nutzer wünscht sich von einem durch Kommunikation, Dialog und Interaktion geprägten Internet noch eine bevormundende Berieselung durch Videowerbung auf dem digitalen Äther. Die Werbezukunft liegt in kurzen und hochgradig kreativen Videospots, welche die Nutzer auf Anhieb begeistern sollen. Werber sollten für ihre Markenpräsenz die Chance nutzen und die Erwartungen der Nutzer endlich erfüllen.