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Es ist so einfach. Dabei hält sich meine Begeisterung in Grenzen, doch ich habe soeben wieder festgestellt, dass sich fast alles und jeder Name aus der Medien und IT-Branche irgendwie in kürzester Zeit finden lässt – und dabei sämtliche relevanten Informationen über Geschäftsbeziehungen oder Anschriften mitliefert.

Ein Beispiel ohne Namen: Wer ist die blonde Dame im Video?
Normalerweise ist das ein ganz klarer Fall des Googlesyndroms, doch der echte Name der gesuchten Dame war mir nicht bekannt. Ich schaue regelmäßig die Folgen der Serie und weiß worum es geht. Zwar arbeitet sie für ein IT Unternehmen, jedoch kannte ich nur den Spitznamen und keine weiteren Daten. Zu allererst sieht man sich also das Video an – was wirklich nichts schlimmes ist. Es wird hierbei eingeblendet, wie die selbstproduzierte Video-Serie heißt. Passend dazu ist auch eine Webseite zu erreichen, die genau wie der Benutzername des Video-Users lautet. Denic geprüft. Impressum geprüft. XING konsultiert. Gefunden! ;)

Warum ich das schreibe? Egal was man versucht, egal wie sehr man sich aufgrund gewisser Gegebenheiten nicht preisgeben möchte – wie auch immer, es ist in Deutschland so einfach der Anonymität ihre wahren Grenzen zu setzen. Die Gesetzeslage ist demnächst ja noch eindeutiger in manchen Fällen, so dass man sich schleunigst ein Impressum und eine Datenschutzbestimmung zulegen sollte… doch genau da liegt der Knackpunkt: Manchmal tut es nicht Not, die Daten so preiszugeben – doch wir müssen es, weil der Mangel solcher Daten ja gleich einer Kriminalisierung der Person gleichkommt. Gab es nicht die Auffassung, dass man unschuldig ist bis das Gegenteil bewiesen ist? Muss die Preisgabe der personenbezogenen Daten, welche die zahlreichen Menschen per Impressumsverpflichtung über sich selbst veröffentlichen müssen, wirklich in diesem debilen Zustand enden, dass man in noch nicht einmal fünf Minuten den Namen und die vollständige Adresse der besagten blonden Dame herausfinden kann?

Ein Paradies für Stalker
So ist es mittlerweile, wenn man die rote Linie von A nach B zieht. Liebe Damenwelt, pfeift auf ein Impressum und eine deutsche Domain für eure privaten Seiten – holt euch lieber eine internationale Internet-Adresse und belasst die Server dazu im Ausland. Ihr könntet sonst ungeahnte Anrufe bekommen, die man lieber nicht auf dem privaten Apparat hören möchte. Mit Servern und Domains außerhalb von Deutschland kann euch hier keiner was – solange nicht wieder ein paar windige, informationsgeile Politiker den Spieß umdrehen und vielleicht einen nichtsblickenden Stab damit beauftragen eine Erweiterung für die bestehenden Gesetze zu entwerfen. Oder ihr lasst euren Freund oder Ehemann die Webseite bzw. das Blog von euch pflegen – bei Männern gibt es kaum Stalking-Anrufe bis auf die nervtötenden Gesprächsrhythmen von geistesabwesenden Callcenter-Agents, die selbst nach einem Telefonat von mehr als 10 Minuten immer noch versuchen ein Abo zu verticken… (Hinweis: Wir leisten hier keine Rechtsberatung.)

Mir wird ein wenig schlecht bei dem folgenden Gedanken: Klein Mikey geht an einem schönen Nachmittag ins Straßencafé und genießt einen Latte Macchiatto. Nichtsahnend sitzt er da mit seinem neuen Mobiltelefon und seinem Laptop, um vielleicht ein wenig mobil zu Bloggen oder ein wenig im Internet zu recherchieren. Im Sommer genießt man es ja, das Wetter auszunutzen um nicht in den ewig dunklen vier Wänden zu hocken.

Doch plötzlich spricht ihn die nette Dame vom Tisch gegenüber an. Sie sei ja auch Studentin und befinde sich im 1. Semester des gleichen Managementstudiengangs. Irgendwie kommt ein Gespräch zu stande, und klein Mikey fragt sich, woher die junge Dame doch so einiges über ihn weiß. Und da schießt es ihm in den Kopf: Das neue Mobiltelefon hat eine Bluetootherweiterung, mit der man speziell Informationen über sich selbst und andere austauschen kann… nur Mikey hatte diese Funktion nicht ausgeschaltet! Was soll er nun seiner Freundin sagen – er liest sich für andere wie ein offenes Buch?

Nach Auffassung von Nokia steht damit eine vollkommen neue Möglichkeit zur Verfügung, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und neue Leute kennen zu lernen. Da Nokia Sensor zum Datenaustausch auf Bluetooth setzt, lassen sich Nachrichten mit anderen Nutzern nur im Abstand von maximal 10 Metern austauschen.

Es ist ja ganz nett, wenn man im Zeitalter der Anonymität der digitalen Welten sich neue Wege schafft, andere Leute kennenzulernen, aber ist das nicht ein wenig platt und nur für Langzeit-Singles ohne Freundeskreis und ohne Ambitionen zur Beziehungsknüpfung sinnvoll? Und der Erfolg solcher „Bluetooth Me!“ Anmachen ist sicherlich auch nicht so hochgradig erfüllend, weil je nach Rural-Density die Zielgruppe dieser speziellen Handybesitzer auch rapide abnimmt? Ob’s auch mit Kosten verbunden ist, dass derjenige extra zahlen muss, wenn er/sie sich nicht traut, jemanden direkt anzusprechen, sondern erst eine 0190er Nummer wählen darf… oder doch nur alles eine Utopie?

[via Golem]