Marketing-Aktionismus: Weihnachts-Mailings auf Abwegen
Mailings, wohin man blickt: In den letzten Geschäftstagen des Jahres überschlagen sich die deutschen Unternehmen mit der lieben Weihnachtspost, um ihren Kunden und Geschäftspartnern einmal im Jahr ihren Dank auszusprechen. „Was kann beim Weihnachts-Mailing schon schiefgehen?“, denkt der Marketer. Nun, eine ganze Menge.
Prost! Und ab damit die Kehle runter. Bei mancher Weihnachtspost möchte man gleich einen Schnaps trinken. Grafischer Augenkrebs auf bedruckten Karten, ultra-generische Mailings, die irrwitzigsten Präsente, und obendrein punkten manche Firmen mit anbiedernd werblichen Botschaften zum Fest. Natürlich geht das Weihnachts-Mailing in den meisten Fällen schief.
Die Karte des Grauens fliegt sofort in den Papierkorb
Die Weihnachtspost sollte eigentlich eine Punktlandung vollziehen, doch stattdessen feuern Unternehmen mit der Kanone auf Spatzen. Das fängt schon bei ganz undigitalen Dingen wie der Grußkarte zum Fest an. Ein rotes Motiv vorne, im Innenteil die krakeligen Grüße auf weißem Grund. Bleiben wir uns und unseren Kunden treu, doch wenn es uns in den Fingern juckt, kleistern wir die Weihnachtskarte mit dem Hauch der Werbung zu. Wenn hinten auf der Rückseite noch schnell die letzten Aktionen und Rabattangebote angepriesen werden, haben Unternehmen zwar alles getroffen, doch irgendwie das Ziel verfehlt.
Wenn das ganze Postmailing dann noch schnell gedruckt und ziemlich billig produziert wurde, weil erst kurz vor dem Versandfenster die Druckerei gefunden und flugs beauftragt wurde, dann graust es den Empfänger, und mit weihnachtlicher Freude bleibt nur die „Ablage P“ beglückt. All dies muten wir unseren Kunden doch gerne zu, natürlich nur bis Ende des Jahres, damit bestehende Kunden bitte erneut zum Kunden im neuen Jahr werden.
Von der Karte zur Massenmail mit magerer Conversionrate
Statt einer klassischen Karte, der rein analogen Form des adventlichen Dankes, wird kurz vor dem 24. Dezember von vielen Firmen noch eine E-Mail in den Posteingang gelegt. Teilweise hat man noch nie von den Unternehmen gehört. Oder sie sind in Vergessenheit geraten, weil man lange nichts mehr miteinander zu tun hatte. Kurzum, der digitale Weg spart das Porto, die Adressen gibt das CRM leicht her, und notfalls aggregieren wir bestimmte Daten aus den entsprechenden Social Networks gleich mit. Aber dafür gibt es als Belohnung nur noch eine Conversionrate: die grausige Zahl im einprozentigen Bereich, weil niemand mehr diese E-Mails liest, sie sich nicht von anderen Mails abheben und dann über die Massenversandtools rausgeworfen wurden, die den Spamscore grundsätzlich nach oben treiben.
Präsente von Herzen oder eher ein Compliance-Problem?
Zwar nicht unbedingt digital, aber dennoch weihnachtliche Vorfreude erzeugend sorgen Präsente für Präsenz. Denn die werden gegessen und getrunken. So versteht sich leicht, dass alles durch den Magen auch das Herz erwärmen kann. Doch nur die richtig wichtigen Kunden und Geschäftspartner werden von den Firmen üblicherweise mit Präsenten beglückt. Eigentlich ist an dem Schenken um des Schenkens willen nichts Verwerfliches zu finden. Wenn eine kleine Tafel Schokolade oder ein Minilikör versandt werden, werden die meisten Kunden, zumeist Geschäftspartner, sich eher darüber freuen. Alles schon gesehen, gegessen und getrunken – doch auf Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten wird meistens nicht geachtet. Die ganzen Veganer, Vegetarier, Ovo-Lacto … oder eine Schwangerschaft? Ja, solche Kriterien werden selten im CRM abgelegt und sind nicht jedem Versender bekannt.
Doch das ist eigentlich das kleinere Übel. Was tun ab einem Warenwert von 10 oder 20 Euro? Dann springt je nach Vorgaben und Größe einer Organisation die Compliance im Unternehmen an. Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte sollen nicht von Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern und Gewerken bestochen werden. Das trifft auch auf Weihnachten zu. So kann der gute Wein vom persönlich ausgewählten Weingut für 30 bis 50 Euro Schätzwert leicht zum Retourenfall werden, der Gutschein für einen individuellen Service entpuppt sich als Problemfall, das luxuriöse Essen verdirbt den Appetit.
Analog und digital: Weihnachtsmarketing muss sich für beide Seiten auszahlen
Trotz digitaler Alleskönner bedeutet Weihnachten den Menschen etwas Besonderes: Besinnlichkeit, Wünsche und Dankbarkeit. Es ist die positive Wirkung, auf die es ankommt. Ein gesundes Maß an Persönlichkeit, gute Texte und die Unterschriften dürfen nicht fehlen, um den richtigen Eindruck zu hinterlassen. Erst dann kann die Geschäftsbeziehung langfristig profitieren. Anerkennung gilt als eines der höchsten Güter unserer Zeit, so dass analoge und digitale Weihnachtspost einfach zu den wichtigsten Marketingmaßnahmen des Jahres zählt. Wenn damit Kunden und Geschäftspartner angeschrieben werden, die von Unternehmen mit einem Dankesschreiben oder gar einem Präsent beglückt werden, sollten die Daten dazu aktuell sein.
Gepflegtes CRM = gepflegte Weihnachts-Mailings
Digitale Datenpflege bedeutet, die Kontaktverteiler frühzeitig auszumisten und kontinuierlich aufzubauen. Nicht mehr die Excel-Liste, sondern ein cleveres Customer Relationship Management Tool ist von Vorteil. Berücksichtigt man gleich eine Vielzahl an Alternativen, muss nicht jeder Kundenkontakt nur zu Weihnachten erfolgen. Marketing kann viel mehr, auf digitalen Ebenen sogar extrem personalisiert und womöglich vollautomatisch, wenn man es nur lassen möchte. Geburtstag, Namenstag, Ostern, Verlobung, Hochzeit, Einschulung der Kinder und sogar die Trauer im Todesfall kann ein Fall für das Marketing sein. Natürlich dezent, charmant und bitte nicht anbiedernd. Der Kundenkontakt darf nicht verballhornt werden durch das konsumkräftige Nirwana, welches wir leider viel zu oft gerade zur Weihnachtszeit auf die Spitze treiben. Nur ein Weihnachts-Mailing, bei dem am Ende beide Seiten vom Kontakt profitieren, wird sich lohnen und bleibt positiv im Gedächtnis hängen.