Medien – Kulturgut und Selbstregulierung

Ich möchte hier einmal kurz darstellen, was sich für interessante und teilweise schon kennen gelernte Ideen aus der Diskussion über „Medienunternehmen im Zwiespalt ökonomischer und publizistischer Werte“ ergeben haben. Während des Vortrags mit anschließender Diskussionsrunde hatten sich die Geister gespalten, als zum Auftakt der Vortragsreihe Prof. Dr. Martin Gläser auf dem zweiten Panel kommentierte: „Das Knacken der Codes bei Premiere ist ein Volkssport„.

Dies lässt sich auf das aktuelle Konsumverhalten auf dem Mediensektor gut assoziieren. Bei der medialen Monopolisierung ist zur Zeit ein Phänomen zu beobachten, was sich auf das Verschenken der Produkte bezieht. Nicht nur die Peer-To-Peer Gemeinde, welche den Daten- und Informationsaustausch rege betreiben, sondern jeder klassische Anbieter von medialen Produkten stellt Tag für Tag freizügig Content für die konsumbereite Klientel frei. Auch wenn die Prozedur von P2P für den Medienmarkt eine Katastrophe ist, lässt sich durch eine Thesaurierung des Marktes die Katastrophe abwenden – dafür muss jedoch ein Umdenken der Unternehmen erfolgen, die den Markt dominieren. Je nach Medium handelt es sich um Free-TV, Radio, Internet, Anzeigen, oder gar Softwarepakete, und diese Güter machen zu ca. 90% pro Tag den Medienkonsum der Menschen in Deutschland aus, insbesondere gegenüber den Produkten, die sich auf der Basis von Pay-Per-View oder generellem Paid-Content stützen. Dabei ist der Handlungsnutzen der Medienmacher im Falle von Free-TV die Steigerung der effektiven TV-Nutzung, das eigentliche „Fernsehen“, jedoch ist solch eine Steigerung auf ökonomischer Basis uninteressant, da der Nutzwert gen Null tendiert. Die Reaktionen auf die täglichen Markteffekte können in drei Thesen eingeteilt werden, welche sich in zwei Extreme und ein Mechanismus gliedern lassen.

Extrem-Prinzip „Nix Machen“
Handlungshemmung oder das BHW Prinzip vom „Bangen, Hoffen, Warten“ kann hier angewandt werden. Unterstützen wir die Akteure des Medienmarktes, in dem die Fähigkeit zur Selbststeuerung gefördert wird, so müssen wir den Aufbau von Moral und Ethik fördern, alles andere muss außer Betracht gelassen werden. Die Transparenz in den Medien wird auf Vertrauensbasis gebildet, wie es schon durch die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK), den Pressekodex oder die „Bertelsmann Essentials“ als ein Code of Conduct geschieht.

Extrem-Prinzip „Staatliche Kontrolle“
Die Medienlandschaft verhält sich wie ein wucherndes Geschwür und ideologisiert sich selbst über ihren eigentlichen Auftrag, so dass staatliche Kontrolle greifen muss. Sobald der Staat jedoch für die Steuerung insbesondere des Privaten TVs ist, werden weitgreifende Regulierungen die Handlungsweise und damit auch den Handlungsnutzen verändern, in dem Regeln und Normen oder Gesetze die Voraussetzung für ein Medienangebot weiter restriktiveren. Die Idee von staatlichen Contra-Angeboten wie Staatsfernsehen dient als Leitplanke. Dieses Szenario ist aber der Worst-Case laut Gläser, „aber wenn es nichts anderes gibt – ist es ok„.

Der „Marktmechanismus“
Eine Stimulation des Marktes erzielt höhere Wertigkeit auf ökonomischer und publizistischer Basis. Die Grundlage dafür bildet das Modell, welches durch mehr Markt eine größere Vielfalt erzielt, und die publizistische Qualität damit bedingt. Der Wettbewerb um Konsumenten und deren Präferenzen ist alltäglich spürbar, aber der Markt ist nicht nur als ein „positives Ereignis“ zu verstehen, weil nicht jeder Konsument gleichermaßen befriedigt werden kann. Der Ansatz, scharf über die Stärkung der Nachfrageseite bzw. der Konsumenten nachzudenken, ist bedingungslos für einen kontinuierlichen Absatz von ökonomischen und publizistischen Werten.

Der Konsens
Was leitet sich demnach für die Anbieter von Medieninhalten ab? Eine Sicherung der Qualitätsansprüche sowie der Wirtschaftlichkeit der Content-Produktion wird in naher Zukunft beide Seiten von Anbietern und Nachfragern mit einbeziehen. Eine „Produzentenhaftpflicht“ im Sinne von unabhängiger Kontrolle der Medieninhalte kann vor ökonomischem Verlust und publizistischer Verantwortungslosigkeit schützen, jedoch werden sich die auf die breite Masse spezialisierten Unternehmen davor wehren wollen, da dies den medialen Unsinn um teure Klingeltöne, sozial-verbale Rundumschläge, Big Brother Verhältnisse und perfide Nanny-Darstellungen drastisch kürzen wird.

Ich hoffe auf solch eine neue Verantwortlichkeit für die Medienhersteller, damit auch die Werbetreibenden und Rezipienten einem traditionellen und auch modernen Unternehmen wieder ihre Glaubwürdigkeit zusprechen können. Das Kulturgut der Medien spiegelt den Charakter einer jeden Generation wieder, und im Augenblick ist der Charakter unserer medialen Generation nur einen verzweifelten Aufschrei wert.

Der einzige Garant für eine Schaffung solcher Haftungsmodelle ist die selbstregulierende Kraft der Konsumenten. Prof. Dr. Martin Gläser führte in seinem Vortrag außerdem an, dass selbst große Boulevardzeitschriften wie die Bild durch freischaffende Autoren des Bildblogs innerhalb weniger Minuten eine Gegendarstellung erleben müssen, und dass man für diese Leistung den Blogautoren sogar „durch ein wenig Kohle“ unterstützen könnte. Wie ein Unternehmen auf diese Gegenströme reagieren kann, ist aber meiner Meinung kein momento moris wie von Gläser angeführt, dass man auch die ökonomische Welt über der ethisch-moralischen beachten muss. Gerade die ethischen Grundsätze, die wir auf die uns direkt und indirekt bezahlten Unternehmen anwenden, müssen immer wieder in den Vordergrund treten und nicht mit ökonomischen Grundsätzen weich getreten werden. Wer auf dem Prinzip des „Nichts-Machens“ auf die Eigeninitiative der Selbstkontrolle und Selbststeuerung hofft, kann gleichsam der „Staatlichen Kontrolle“ entgegen lachen. Diejenigen Leser, Hörer, Autoren und Produzenten, die alle dem Markt beisteuern, müssen dem „Marktmechanismus“ eine selbstregulierende Kraft gegenüber stellen, um dem mittlerweile wirtschaftlichen Fokus der täglichen Medienproduktion wieder die publizistischen Werte zurückvermitteln zu können.