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Langes Interview, prägnanter Inhalt, pressetechnisch abgewatscht – das aktuelle Interview „Gott sei Dank dürfen wir bei Ermittlungsersuchen Daten jetzt herausgeben“ vom StudiVZ Geschäftsführer Marcus Riecke auf Spiegel Online hatte ursprünglich eine andere Überschrift, die sogar mit einer Eil-Pressemeldung korregiert wurde. Dank Google’s Cache und diversen anderen Nachrichtenaggregatoren kann man unabhängig vom Inhalt eines Interviews bzw. des Artikels folgendes finden:

„Gott sei Dank dürfen wir Kiffer-Fotos jetzt den Behörden geben“

Mir bleibt dabei die Spucke weg, die Kinnlade fällt runter und es tropft auf den Tisch. Ich finde es untragbar, dass dieses „VZ“ sich die Profilbilder der Nutzer anschaut und scheinbar die Staatsanwaltschaft alarmiert, wenn auf einem der Fotos jemand kifft. Natürlich ist es nicht erstrebenswert, dass man Drogenkonsum unterstützt. Ich distanziere mich ausdrücklich davon, auch wenn ich mittlerweile einen neuen Wahlspruch für meine im Internet digitalisierten Profile verinnerlicht habe: „Sex, Drugs, Rock’n’Roll – oder anders gesagt: Meine Familie.“

Eine schöne Web 2.0 Welt ist es, wenn man vielleicht sogar bald von einem „VZ“ beim Staat oder gar der Kirche angeschwärzt wird, nur weil man vielleicht mit einer anderen Frau / einem anderen Mann anstatt des richtigen Ehepartners auf einem Partyfoto zu sehen ist. Wo kommen wir denn da hin? Als Protestaktion schlage ich vor: Verbrennt oder zerschlagt die Kameras!

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gibt Peter Turi in Kleinbloggersdorf bekannt, dass das berühmt-berüchtigte StudiVZ mit Marcus Riecke ab August einen neuen Geschäftsführer erhält. Die bisherigen Gründer haben mit dem neuen Frontmann, der sich einen Namen durch verschiedene Aufgaben und Rollen bei Ebay, Bertelsmann und Lycos machen konnte, wohl eher weniger zu melden. Bereits vor einigen Monaten schied der StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani in einen halbseidenen Status im Aufsichtsrat der Ltd., jedoch war sein Abstieg immer schneller beschleunigt und fristet derzeit sein Dasein als „Praktikant“. Für die anderen beiden Gründer Dennis Bemmann und Michael Brehm sehe ich schwarz, denn die ursprüngliche Behauptung, dass sie das Ruder auch nach der Übernahme durch Holtzbrinck in der Hand behalten dürfen, ist mit dem neuen Geschäftsführer wohl ad acta gelegt. Viel Erfolg.

Und ganz nebenbei: StudiVZ bietet meines Erachtens nach keine wahre Monetarisierungsmöglichkeit. Dieses studentische Social Network ist von seinen Mitgliedern zum Austausch für Spaß und Party genutzt, eher weniger kommt es dabei auf die Inhalte an, geschweige denn auf die Werbeflächen. Zwar sind laut IVW hohe Zugriffszahlen an den Tag gelegt, jedoch vermute ich, dass sich diese auf die Mitgliedersuche und die Nachrichten über die Postfachfunktionen zu einem Löwenanteil verteilen. Wenn ich nach meiner Post schaue oder etwas suche, verschwende ich bei diesem gezielten Surfverhalten keinen Gedanken an Werbung. Das Facebook-Problem ist auch das StudiVZ-Problem, so dass ich mir sicher bin, dass auch der neue Geschäftsführer nicht unbedingt etwas an den reinen Einnahmen des StudiVZ verändern kann.

Abschließend möchte ich zumindest betonen, dass zwar im Fall von StudiVZ den Gründern jeglicher Wind aus den Segeln genommen wird (wurde), jedoch dieser Status nicht als ein allgemeines Beispiel als Basislektüre für Entrepreneurship dienen sollte. Es ist eher ein Dämpfer für das StudiVZ selbst, der allgemeine Gründerboom und die kreative Szene ist jedoch in einer Wachstumsphase. Vielleicht etwas nachdenklicher, nur nicht verhaltener – so sehe ich die zukünftigen Potentiale kommen.