10 Kernaussagen zur Zukunft der Online-PR: Eine Frage der Ehre?

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Vor einigen Wochen lud Ed Wohlfahrt zur Teilnahme an seiner Blogparade zur Zukunft der Online-PR ein. Meine persönlichen Gedanken zur grundlegenden Fragestellung, wie das Thema Online-PR weiter im deutschsprachigen Raum vorangetrieben werden kann, möchte ich natürlich gerne mit diesem Artikel zur bereits umfangreichen Themensammlung beisteuern. Nachdem jedoch so viele Autoren sich kluge Gedanken gemacht haben, bleibt mir ein wichtiger Punkt, den ich gerne zur Polarisierung einsetzen möchte: Warum eigentlich Online-PR? Oder vielmehr: warum überhaupt?

Für mich steht eindeutig fest, dass Kommunikation auch in Zukunft immer noch als ein Dialog gestaltet werden muss. Dabei steht der Verkauf einer Botschaft durch die PR im Vordergrund. Ja, am Anfang steht immer dieses Verkaufsgespräch mit dem Journalisten, der in der Funktion eines Meinungsmachers, Multiplikators und Gatekeepers agiert. Nur er entscheidet, ob die PR-Themen einem breiteren Kreis zugänglich gemacht werden. Oder ob ein Thema schlichtweg durch Irrelevanz bei seiner Zielgruppe durchfällt.

Bei aller Liebe zum Digitalen ist es im Sinne der PR vollkommen egal, ob sich diese Botschaft für Online oder klassische Medien eignet. Das Gespräch und die Überzeugungskraft des Vortragenden, die inhaltlichen Mehrwerte, die Nachhaltigkeit der Botschaft und des Storytellings zählen immer zu den ausschlaggebenden Faktoren, ob ein Journalist zum Thema berichtet oder nicht. Schließlich arbeiten Redaktionen nicht nur für Verlage und Auftraggeber als Endkunden, sondern für seine Rezipienten, die als Leser, Hörer, Zuschauer das journalistische Produkt wahrnehmen. Für Pressesprecher, Unternehmenskommunikation, PR-Manager und Pressestellen gilt also gleichermaßen, dass der Verkauf einer Botschaft an den Multiplikatoren der einzig wahre Schlüssel zum Erfolg ist, um der Aufgabe von Public Relations gerecht zu werden. Die PR will über Präsenz in den Köpfen der Journalisten und zugleich in den Köpfen der gewünschten Zielgruppen die notwendige Aufmerksamkeit erreichen.

Nun lesen sich diese Zeilen sogar wie eine erste Predigt auf die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an, und genau das entspricht prinzipiell auch den Tatsachen für die weitere Entwicklung der Online-PR. Um dennoch Veränderungen in diesem Branchensegment zu bewirken, bedarf es klarer Worte und kritischer Töne, die ich gerne für die Blogparade in meinen persönlichen 10 Kernaussagen über die Zukunft der Online-PR treffen möchte – immer unter der Prämisse, dass die Botschaft für die PR als ihr Produkt im Vordergrund steht.

10 Kernaussagen zur Zukunft der Online-PR

  1. Wer’s noch braucht: Blogger Relations
    Egal ob es ein Journalist ist, der mit Informationen zum Zwecke der möglichst positiven Berichterstattung über Produkte, Dienstleistungen, Unternehmen oder Organisationen versorgt wird, mit dem weitläufigen Begriff der Meinungsmacher schaue ich auch mit dem Blick über den Tellerrand auf Blogger, Twitterer oder Facebooker. Selbst diese beispielhaft genannten Persönlichkeiten wollen mit interessanten, aktuellen Inhalten versorgt werden sowie möglichst exklusiv und bevorzugt behandelt werden. Blogger Relations schreiben sich viele Berater und Agenturen in der PR-Branche auf die Stirn. Nur sie alle liegen damit falsch. Blogger sind auch nur Menschen. Dass sich vor allem digitale Schreiberlinge manchmal als kleine Diven echauffieren, ist seit Jahren bekannt. Nicht ohne Grund gibt es unzählige Tipps und Tricks, wie man am besten mit Bloggern kommunizieren möchte. Ich rate immer dazu, zwischen Journalisten und Bloggern in puncto Höflichkeit und Ehrlichkeit keinen Unterschied zu machen. Besonders und anders als Journalisten werde ich Blogger niemals behandeln.
  2. Oft überflüssig: Corporate Blogs
    Sehr oft dienen Corporate Blogs als zusätzliche Kommunikationswerkzeuge für Unternehmen. Wenn man aber neben einigen Pressemitteilungen nichts weiteres zu vermelden hat und auch keine persönliche Note im Sinne von Schreibstil, Autoren oder Team in der Außenkommunikation zeigen darf oder möchte, sollte man einfach die Finger von Corporate Blogs lassen. Ganz unattraktiv wirken auf mich in Funktion des Lesers so manche umgeschriebenen Pressetexte. Wenn in Corporate Blogs sogar zu viel Aufmerksamkeit in Form von Werbung für einzelne Kunden oder auf die Darstellung der hauseigenen Produkte und Dienstleistungsangebote verschwendet wird, spricht das nur das Herz der Geschäftsführer an, aber nicht die potenziellen Leser. Viel interessanter finde ich demnach die privaten Blogs und Fachblogs, welche von einzelnen Mitarbeitern verfasst werden und sich gänzlich außerhalb der offiziellen Kommunikation der Unternehmen bewegen. Ähnlich bewerten dies auch viele Journalisten, die Blogs rege nutzen, sich jedoch nur zu einem geringen Anteil an Corporate Blogs bedienen. Dann kann ein Unternehmen wirklich lieber auf Corporate Blogs verzichten.
  3. Nur zweckgebunden sinnvoll: Profile und Präsenzen in Social Media
    Ein klassischer Presse-Twitteraccount darf natürlich nicht fehlen, aber sprechen wir doch offen über die Sinnhaftigkeit: Nur wer wirklich den Dialog mit Kunden im Sinne von Service und Support etablieren möchte, benötigt Facebook und Twitter sowie spezialisierte Nischennetzwerke. Kundendialog ist jedoch nicht die primäre Aufgabe der PR, so dass handelsübliche Kommunikationskanäle zwecks Informationsdistribution vollkommen ausreichen. Eine externe Kontaktaufnahme zur PR erfolgt üblicherweise über eine E-Mail oder das Telefonat, im seltensten Fall wird ein interessierter Journalist über Twitter seine Anfragen stellen. Offen gesagt finde ich es auch sehr befremdlich, wenn ein Journalist quasi seinen Followern und Kontakten brühwarm öffentlich in Social Media auftischt, was nun die nächste Geschichte wird und welche Pressestellen dazu kontaktiert werden.
  4. Mehr als überbewertet: Social Media Newsroom
    Jeder intelligente PRler sollte sich vom Gedanken verabschieden, einen aufgehübschten Social Media Newsroom auf der Unternehmenspräsenz anzubieten. Wenn man nichts anderes als Pressemitteilungen auf der eigenen Seite, Pressebilder bei Flickr, Präsentationen bei Slideshare und Pressevideos bei YouTube im Social Media Newsroom einstellt, kann das jedes andere Content-Management-System auch wunderbar abfedern. Diese nervigen Widgets rund um Facebook-gefällt-mir, Twitter-jetzt-folgen, Youtube-abonnieren und ähnliche Dinge rauben Zeit und Nerven. Viel wichtiger ist ein funktionierendes Pressearchiv, das die Recherche zu Themen unterstützt. Schließlich stellt sich immer wieder die Frage: Was interessiert mich das Geschwätz von gestern? Ganz genau das ist das Problem von Social Media – ein Tweet lebt 18 Minuten. Ein Statusupdate bei Facebook lebt je nach Moderation und Gusto der Unternehmen. Die Themenführerschaft erreicht man keinesfalls mit seinem kleinen Kosmos im Social Media Newsroom, sondern nur durch hartnäckige Anrufe von Journalisten, die von der PR klare Antworten zu dem Themengebiet erhalten möchte. Womit wir beim nächsten Thema wären – dem Shitstorm.
  5. Habt keine Angst: Shitstorms gibt es nicht
    Bererits vor wenigen Tagen zeigte ich auf, dass diese meist in der Presse rauf und runter gehandelten Shitstorms eigentlich keine gravierenden Auswirkungen nach sich ziehen. Die Halbwertszeit eines Shitstorms ist sehr begrenzt, eine digitale Krise geht schnell wieder vorbei. So war es schon zu Offline-Zeiten und wird auch bei der Online-PR ähnlich sein. Shitstorms im Netz, egal ob in Social Media oder generell online, sind nichts anderes als Shitstorms im Wasserglas.
  6. Rein optional: PR speziell für das Mobile Internet
    Ein gelungenes Responsive Design und ein paar gezielten QR-Codes sind je nach Überzeugung von Vorteil, aber definitiv keine Pflicht für die PR. Insbesondere für Smartphones, Tablets und Phablets eignet sich das Responsive Design, um geräteunabhängig den digitalen Auftritt eines Unternehmens möglichst einheitlich zu wahren. Die Umsetzung von QR-Codes wirkt weniger als Teil der PR und wird meist vom Marketing vorangetrieben, aber viel zu oft schlecht umgesetzt. Zu klein für einen Scan aus der Entfernung. Zu irrelevant die hinterlegten Informationen. Zu selten eine für mobile Endgeräte optimierte Landingpage. Noch Fragen?
  7. Potenzial und Gefahr zugleich: Bewegtbild im Internet
    Die sinkenden Aufwände und Produktionskosten sprechen für den Einsatz von Bewegtbild im Sinne der PR. Gleichermaßen lässt sich das digitale Material online und offline verwenden. Neben dem informativen und aufklärenden Aspekt von Corporate Videos birgt Bewegtbild eine Gefahr für jede Kommunikation. Wie jeder weiß, bleibt selbst ein Imagefilm eine gewaltige Herausforderung für Unternehmen. Die PR sollte neben der Aufgabe, einen Imagefilm zu entwickeln, sich immer die Frage stellen: Wie kann uns das Ding um die Ohren fliegen?
  8. Eigentor: Leistungsschutzrecht beeinflusst Pressearbeit von Verlagen
    Viele PRler verbreiten ihre Pressemitteilungen über verschiedene Online-Presseportale. Nur zu gut wissen wir, dass viele Redaktionen die Informationen aus Pressemitteilungen nahezu identisch und nur leicht gekürzt als Artikel verwenden. Was passiert jedoch, wenn ein Verlag die Online-Presseportale auf Auszüge und Passagen ihrer Redaktionsartikel zu überprüfen? Wie stellen Verlage ihre hauseigenen Pressemitteilungen zwecks Artikel-Promotion in die Portale und schneiden sich dabei nicht ins eigene Fleisch? Diese Auswirkungen auf die Online-PR diskutierte ich bereits vor wenigen Monaten in einem Artikel über die Auswirkungen eines möglichen Leistungsschutzrechtes auf die Pressearbeit von Unternehmen und Organisationen.
  9. Lösungen gefordert: Messbarkeit von Digital Relations
    Schockierend wirkt die unübersichtliche Vielfalt, wie mann seine digitale Kommunikationsstrategie mit unzähligen individuellen Kriterien bemessen kann. Sowohl für den Einsatz von Social Media als auch für PR-Maßnahmen lassen sich unglaubliche Konstrukte erbauen, in Matrizen setzen, miteinander anhand Indexwerte vergleichen – doch am Ende stellt sich immer nur die Frage, wie hoch der Return on Invest doch wirklich ist. Jegliche Kriterien angefangen von PageImpressions, Visits oder Unique User über einzelne Mentions, Likes oder Shares bis zu Reichweite und Meinungsführerschaft – für die Analyse und Forschung der Kommunikationsleistung braucht branchenübergreifende Marktstandards, die ein einfach verständliches Ergebnis ableiten: Eingespartes und/oder gewonnenes Geld. Nur darauf kommt es am Ende an.
  10. Neues Kompetenzbewusstsein: PR bleibt Führungsaufgabe
    Tschüss. Ich sage es euch nur ungerne, aber der Trend am Markt geht eindeutig dahin, dass man einzelne externe Social Media Berater in absehbarer Zeit nicht mehr brauchen wird. Wer einst in diese Nische stieß, weil Agenturen diesen Beratungsansatz nicht vollends ausfüllen konnten, muss enttäuscht werden. Social Media wird zur Normalität im Agenturgeschäft. Für die Online-PR wirkt dies wiederum als ein kleiner Vorteil, denn dieses Aufgabengebiet von Social Media wird immer stärker durch die zentrale Koordinierung von Public Relations und Unternehmenskommunikation wahrgenommen. Schließlich ist Social Media genauso wie Online nur eine weitere Infrastruktur, auf der das Produkt der Kommunikationsarbeit ausgespielt wird. Dass die Koordinierungsaufgabe im Unternehmen einer Managementfunktion untergeordnet sein sollte, zumal sich andere Fachrichtungen und Fachbereiche in Social Media wiedersehen wollen, spricht gewiss für den Fortbestand von Social Media – nur von den Unternehmen kommend und nicht mehr von den einzelnen Beratern herangetragen. Was Kommunikationsprofis aus der PR angeht, muss davon ausgegangen werden, dass diese geschulten Kommunikationsmanager das Feld der Online-PR weiter ausdehnen werden und Digital Relations für sich als Forschungs- und Lernobjekt begreifen, sinnvoll mit klassischen PR-Mechanismen kombinieren und ihre Position in den Unternehmen weiter behaupten werden. Diese Entwicklung wird bedingt durch eine gesunde Entwicklung gepaart mit Menschenverstand und Wissen um den Dialog zwischen Meinungsführer und dem Absender einer relevanten Botschaft.
6 Kommentare
  1. Jane sagte:

    Nur mal so, der Xing Button scheint nicht wirklich richtig verlinkt zu sein…statt auf ein Profil zu kommen, werde ich dauernd aufgefordert, mich zu registrieren!

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